Druckartikel: Franz Streit übergibt den Anstechschlegel: Eine neue Ära im Forchheimer Kellerwald

Franz Streit übergibt den Anstechschlegel: Eine neue Ära im Forchheimer Kellerwald


Autor: Leonhard Hühnlein

Forchheim, Freitag, 24. Juli 2020

Kein Annafest 2020 - wir stellen die Gesichter des Forchheimer Traditions-Events vor und erzählen, was sie bewegt. Viele Jahre übte Franz Streit das Amt des Kellerwald-Bürgermeister aus. Wie er diese Zeit erlebt hat und was er seinem Nachfolger wünscht.
Amtswechsel: Der alte Kellerwald-Bürgermeister Franz Streit  (rechts), sein Nachfolger  Udo Schönfelder (links) und  Bierkönigin Melanie Lucius. Foto: Ronald Rinkle


Mit den diesjährigen Kommunalwahlen am 15. März endete die formelle Ära von Franz Streit in der Forchheimer Stadtpolitik. Aus Altersgründen kandidierte er nicht mehr und hatte dies bereits Mitte des Vorjahres angekündigt, als der Begriff "Corona" allenfalls den Bierkennern aus dem Spanien- oder Mexiko-Urlaub geläufig war.

Mit Amtsübernahme der Neugewählten am 1. Mai ging das Urgestein endgültig in den Ruhestand und überließ das Feld der jüngeren Generation, nachdem er 1978 als Stadtrat die politische Bühne erklommen und ab 2002 das Bürgermeisteramt bekleidet hatte. Just zwei Tage vor jenen Wahlen am Freitag den 13. hatte Ministerpräsident Markus Söder erstmalig Einschränkungen durch die ausbrechende Pandemie angekündigt, die in der Folgewoche in Kraft treten sollten. Die weitere Entwicklung ist bekannt, der Lockdown beeinträchtige über drei Monate das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben und machte Volksfesten wie dem Annafest trotz inzwischen gelockerten Regeln den Garaus. So entging dem "Annafest-Bürgermeister im Kellerwald" ein würdevoller Abgang, wozu das Jubiläumsjahr mit großem Festzug zum 180. Bestehen den besten Rahmen geboten hätten.

An seine Ernennung zu diesem inoffiziellen Titel kann sich Franz Streit noch im Detail erinnern: "Nach der Landesausstellung 2004, für die mir Franz Stumpf die Verantwortung übertrug, stand bereits 2005 das Jubiläum "1200 Jahre Forchheim" im Kalender." Weil überall im Stadtgebiet Veranstaltungen geplant waren, sollte die Verantwortung auch wieder auf verschiedene Schultern verteilt werden: "OB Stumpf sagte wie aus der Pistole geschossen zu mir: Annafest, Kellerwald und Bier? Franz, des passt zu dir und do kümmerst du dich drum. Du bist der geborene Annafest-Bürgermeister."

Dieser Schachzug sollte sich nachträglich noch als bedeutender Glücksgriff herausstellen, denn nicht nur bereits 2005 trieb Streit die erstmalige Inthronisierung einer Forchheimer Bierkönigin voran, für die er beim Förderportal der Handwerkskammer Oberfranken, dem "Bierland Oberfranken", sogleich die Eintragung als "Oberfränkische Bierkönigin" reklamierte.

Mit der im April 2020 gewählten Melanie Lucius amtiert seither schon die neunte Würdenträgerin nach Idee des emeritierten Kellerwald-Bürgermeisters.

Noch mehr freuten sich Brauereien, Wirte, Schausteller und vor allem auch die Annafest-Gäste über einen weiteren Geistesblitz des "Mannes zum Anfassen", wie ihn selbst politische Gegner immer wieder für seine offene und kompromissbereite Ader schätzten. Er brachte den elften Annafesttag ins Spiel, der 2014 erstmals offiziell begangen wurde: "Freilich hat darüber letztlich der Stadtrat entschieden. Aber wieso sollte das Fest nicht schon am Freitag nach dem Schlachtschüssel-Tag starten, sondern weiterhin erst am Samstag, obwohl alles schon parat steht? Und frei oder Urlaub genommen haben die Forchheimer eh schon meist ab Donnerstag."

Man könnte noch Seiten mit Anekdoten füllen, wobei Streit eher als Fürsprecher und Vertreter aller Interessen im Kellerwald mit der ihm eigenen neutralen Herangehensweise in Erinnerung bleiben wird, auch wenn der Spaß nie zu kurz kam. Der wichtigste Teil in der Ausübung des Amtes wird von Außenstehenden kaum wahrgenommen, dem Streben Streits nach Harmonie im Kellerwald: "Man kann es nie allen Recht machen, das ist klar. Und manchmal muss die Stadt auch zeigen, wer der Hausherr ist. Aber man kann zumindest den Menschen zuhören und ihnen das Gefühl vermitteln, dass man ihre Sorgen und Ängste versteht und sie Ernst nimmt. Mit ehrlicher Diplomatie schafft man Vertrauen und hilft den Beteiligten auch letztlich die Entscheidungen, die nicht zu ihren Gunsten ausfallen, zu akzeptieren."

Seinem designierten Nachfolger Udo Schönfelder wünscht der scheidende Annafest-Bürgermeister viel Erfolg sowie ein glückliches Händchen im Amt und hat ihm vor dem regulären Auftakt des ausgefallenen Annafestes den symbolischen Anstechschlegel übergeben: "Udo ist ein fleißiger Typ, da habe ich keine Bedenken. Er packt das und wird sich sicherlich bald eingelebt haben."

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