Olga Bittermann überlebte nicht nur einen Ehemann, sondern auch zwei Weltkriege. Sie wohnt im Katharinenspital und blickt auf ein bewegtes Leben zurück.
Olga Bittermann sitzt gut gelaunt in ihrem Sessel. Sie trägt eine schicke Bluse mit einer angenähten Blume. Auch die Dauerwelle sitzt. In dem Gespräch erzählt sie viel vom Nähen. Es war jahrelang ihre Leidenschaft. Mode hat sie geprägt. Deshalb legt sie auch heute noch Wert auf gutes Aussehen.
Als Olga Bittermann 1909 in Ungarn geboren wurde, war noch keiner der Weltkriege ausgebrochen. Sie erinnere sich noch genau daran, wie ihr Vater in den ersten Weltkrieg gezogen ist - und nicht zurück kam. Olga blieb mit ihrer Mutter, zwei Brüdern und einer Schwester zurück. "Es waren schwere Zeiten", sagt die 106-Jährige.
Als junge Frau nach Deutschland
Mit 18 Jahren flüchtet Olga schließlich mit einigen Adeligen, die sie über ihren Bruder gekannt hat, nach Deutschland. Ihr erstes Ziel in der Ferne: Coburg. Auf Schloss Tambach arbeitet sie für die Adelsfamilie, entwirft Kleidung und sieht die Söhne der Adelsfamilie, Alram Graf zu Ortenburg und Aurel Graf zu Ortenburg, groß werden. "Ich habe meistens nur die Schnittmuster gemacht", erzählt Bittermann über die Arbeit auf dem Schloss, "zusammennähen lassen habe ich es von anderen Frauen."
Bei den Grafen gearbeitet
Auf Schloss Tambach lernt sie schließlich ihren Zukünftigen kennen. Auch er arbeitet für die Grafenfamilie. "Mein Gott, da war ich jung", sagt Bittermann, "ich weiß gar nicht, wieso wir da geheiratet haben."
Gemeinsam bekamen die beiden einen Sohn. "Im zweiten Weltkrieg, das war schrecklich", erzählt die 106-Jährige, "es sind so viele gestorben. Wir sind ständig beschossen worden. Es waren auch ganz viele Kinder, die gestorben sind. Mein Sohn ist aber durchgekommen."
Der Sohn, der mittlerweile schon tot ist, zeugte selbst zwei Kinder. Neben diesen beiden Enkeln hat Olga Bittermann auch drei Urenkel und zwei Ururenkel. Nach dem Tod ihres Mannes ging Olga Bittermann nach Minden in Westfalen. Dort lebte sie ihrem neuen Lebensgefährten und arbeitete bei dem Kaffee-Unternehmen Melitta. Von dort aus seien sie regelmäßig mit dem Wohnwagen an die Nordsee gefahren. "Sie hat das Meer und die Sonne geliebt", erinnert sich die Frau des Enkels an die alten Geschichten.
Als auch der Lebensgefährte in Minden starb, holte sie ihr Enkel Georg 1985 nach Forchheim. Zuerst wohnte sie im Jahn-Park. Die damals 75-Jährige lebte noch allein, versorgte sich selbst und nähte in ihrer Freizeit weiter fleißig.Mittlerweile funktioniert das mit den Fingern nicht mehr so gut, räumt sie ein.
Seit sie 100 Jahre alt ist, lebt sie im Katharinenspital in der Bamberger Straße und ist dort die älteste Bewohnerin. Vermutlich ist sie sogar die älteste Frau des Landkreises. Das Landratsamt bestätigt, dass auf der Gratulanten-Liste kein älterer Mensch vermerkt ist.
"Bis vor eineinhalb Jahren ist sie regelmäßig mit dem Rollator in die Stadt gelaufen und hat eingekauft oder ist zum Friseur", verrät eine der Pflegerinnen, "sie hat immer Wert auf ihr Äußeres gelegt, ist sehr gepflegt und will immer modisch gekleidet sein."