Wahlergebnisse von über 20 Prozent in einzelnen Ortsteilen in der Fränkischen Schweiz werfen Fragen auf. Überzeugende Antworten bleiben aus.
An seinem Wohnort in Bärnfels kommt der Bundestags-Direktkandiat der Freien Wähler, Thomas Mainusch auf gerade einmal 7,08 Prozent der Stimmen. Der AfD Kandidat Peterka dagegen holt in dem Obertrubacher Ortsteil 13.3 Prozent. In Birkenreuth schafft der Jurist aus Bayreuth sogar 20.45 Prozent, in Niedermirsberg kann der AFD-Mann sogar 26,5 Prozent der Erststimmen auf sich vereinen.
"Wir haben doch keine Moschee in Niedermirsberg und eine Überfremdung konnte ich in der Fränkischen Schweiz auch nicht feststellen", zeigt sich Thomas Mainusch über das unerwartet gute Abschneiden der AFD irritiert. Peterka interpretiert die zweistelligen Ergebnisse, die er erzielen konnte so. "Da sind verwurzelte CSU-Sympathisanten verstärkt zu uns gekommen." Die Tatsache, dass die Ergebnisse in den kleinen Ortsteilen so exorbitant hoch ausfielen sei darauf zurückzuführen, dass auf Grund der Anzahl der Wähler die einzelne Stimme ein größeres Gewicht habe.
Um die AfD zu wählen, so Peterka brauche es keine ausgeprägten sozialen Brennpunkte. "Dort, wo es intakte Familienverbände gibt, wie auf dem Land, fällt die Diskrepanz zwischen dem, was die Politik zu bieten hat und dem, was die Menschen empfinden, besonders krass aus" findet Peterka. Da sei die Wahl der AFD folgerichtig.
Der Ebermannstadter Vizebürgermeister Sebastian Götz kann sich das Wahlergebnis seiner Heimatgemeinde nicht erklären. "Ich weiß nicht, mit welchen Inhalten die AFD punkten konnte. Und ich habe auch nie einem AFD-Kandidaten bei uns in Niedermirsberg gesehen. Ich stehe angesichts dieses Wahlergebnis vor einem Rätsel", räumt Götz ein.
Und wie lässt sich erklären, dass die Linke in Hiltpoltstein und Gräfenberg, in Pretzfeld, Egloffstein und im Markt Wiesenttal die Fünf-Prozent-Marke geknackt hat? "Ich denke, das hat die gleiche Ursache wie bei uns", findet Tobias Peterka.
Allerdings glaubt er, dass hier nicht die früheren Unionswähler, sondern enttäuschte Sozialdemokraten übergelaufen" seien. Sebastian Sommerer, so Thomas Mainusch wurde nicht als Kommunist, sondern als "der bessere Sozialdemokrat" wahrgenommen. Dabei sei ihm die Herkunft - Sommerer stammt aus einem landwirtschaftlichen Betrieb - und sein beruflicher Werdegang über den "zweiten Bildungsweg" entgegengekommen.
Die Freien Wähler hätten Angst vor der eigenen Courage bekommen, zeigt sich Mainusch selbstkritisch. Seine eigenen Mitstreiter hätten ihm wiederholt erklärt, dass die Freien Wähler auf Bundesebene doch gar keine Chance hätten. Die Tatsache, dass die Freien Wähler in den Gemeinden im Landkreis Forchheim zwar die Fünf-Prozent-Hürde knacken konnten, in den Kommunen des Landkreises Bayreuth aber nur unter "ferner liefen" rangierten, führt Mainusch darauf zurück, dass die Freien Wähler noch immer nicht als Partei wahrgenommen würden. "Offenbar sehen uns die Wähler als überzeugte, engagierte Einzelkämpfer, aber nicht als Einheit", bedauert der Bundestags-Direktkandidat aus Bärnfels, der sich dadurch aber nicht entmutigen lassen will.
"Wir können das Ergebnis nur zur Kenntnis nehmen", findet Sebastian Götz. Doch die Parteien müssten sich Gedanken machen, warum die Wähler so und nicht anders abgestimmt haben. Diese Gründe gelte es zu eruieren und daraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen, so Götz.
Kommentar von Josef Hofbauer:
Von Wahlmüdigkeit keine Spur. Das zumindest hat das Ergebnis der Bundestagswahl vom Sonntag gezeigt. Nur die wenigsten hatten aber damit gerechnet, dass die AfD mit einem zweistelligen Ergebnis in den Deutschen Bundestag einziehen würde.
Nun herrscht bei CSU und SPD gleichermaßen Bestürzung, wie das geschehen konnte. Die Falschen seien abgestraft worden, findet beispielsweise Silke Launert (CSU), die sich im Wahlkreis Bayreuth-Forchheim souverän durchgesetzt hat.
Dabei ist das Ergebnis gar nicht so schwer zu verstehen. Die Wähler der AfD waren unzufrieden mit der Politik von Angela Merkel (CSU), Sigmar Gabriel (SPD) und ihrem Gefolge. Die Menschen fühlen sich nicht verstanden, nicht ernst genommen.
Kein Wunder, wenn es noch immer Renten gibt, die unter dem Existenzminimum liegen, wenn nicht mehr der Arzt bestimmt, welche Medikamente ein Patient braucht, sondern die Krankenkasse, wenn Menschen keinen sicheren Arbeitsplatz haben und immer mehr um ihre Existenz bangen müssen.
Bloße Versprechen helfen da nicht weiter. Schon gar nicht von Seiten der AfD. Aber die Enttäuschung in den Augen der Wähler über das Versagen der "Großen Koalition" war so stark, dass die Menschen an den Wahlurnen ihre Kreuzchen bei der AfD gemacht haben. Auch wenn sich im ganzen Wahlkampf nie jemand von dieser Partei im Ort blicken ließ, wenn die Wähler nicht einmal wussten, welches Gesicht hinter dem Namen steht.
Blanker Frust darf auch als Begründung dafür gelten, dass im Wahlkreis Bayreuth - und nicht nur hier -, die Linken in Summe mehr als fünf Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnten. Dabei ist die Region zwischen Ebermannstadt, Hollfeld, Gefrees, Pegnitz und Betzenstein nicht als Kommunisten-Hochburg verschrien. Was die SPD für die Bürger in der vergangenen Legislaturperiode erreichte, kam bei den Wählern nicht an.
Die Botschaften der Parteien, egal, ob CDU/CSU, SPD oder Freie Wähler, wurden von den Wählern schlichtweg nicht wahrgenommen. Auch das hat seine Gründe.
So bekommen die Parteien in Fernsehsendungen immer weniger Zeit eingeräumt, um ihre Position zu einem Sachverhalt darzulegen. Das Konzept für eine nachhaltige Energiepolitik in 20 Sekunden erläutern ist ebenso zum Scheitern verurteilt wie die Vorstellungen für die weitere Digitalisierung unserer Gesellschaft zu erklären. Die Folge: Statt Argumenten liefern die Politiker Worthülsen, Phrasen, Luftblasen. Und die hören sich bei allen Parteien ähnlich an. Deshalb hat die AfD von vorneherein darauf verzichtet, Inhalte vermitteln zu wollen. Ihr Stilmittel für den Wahlkampf waren Emotionen.
Höchste Zeit also, zu Inhalten zurückzukehren. Und die Anliegen und Ängste der Wähler ernst zu nehmen.