Ein Grünen-Kandidat wie aus dem Bilderbuch

2 Min
Karl Waldmann mit Lieblingsbuch (Nachtzug nach Lissabon) an seinem Lieblingsort: in der eigenen Bibliothek daheim in Heroldsbach im Öko-Haus direkt am Waldrand. Fotos: Nikolas Pelke
Karl Waldmann mit Lieblingsbuch (Nachtzug nach Lissabon) an seinem Lieblingsort: in der eigenen Bibliothek daheim in Heroldsbach im Öko-Haus direkt am Waldrand. Fotos: Nikolas Pelke
In der Küche beim Vorbereiten eines griechischen Gemüse-Auflaufs. Die Blumen im Vordergrund findet er ein bisschen spießig.
In der Küche beim Vorbereiten eines griechischen Gemüse-Auflaufs. Die Blumen im Vordergrund findet er ein bisschen spießig.
 
Karl Waldmann beim Häuten einer Zwiebel.
Karl Waldmann beim Häuten einer Zwiebel.
 
Die Zeitung gehört für Karl Waldmann zur täglichen Lektüre. Zum Genuss wird das Lesen im Garten vor dem Öko-Haus.
Die Zeitung gehört für Karl Waldmann zur täglichen Lektüre. Zum Genuss wird das Lesen im Garten vor dem Öko-Haus.
 
Viele grüne Plakate in der Garage. Das einzige Auto der Waldmanns ist allerdings weiß.
Viele grüne Plakate in der Garage. Das einzige Auto der Waldmanns ist allerdings weiß.
 

Ein grüner Kandidat wie aus dem Bilderbuch: Karl Waldmann wohnt nicht nur im Grünen. Er lebt auch öko und will es diesmal endlich in den Landtag schaffen, um das Schul-System in Bayern gründlich zu revolutionieren.

Natürlich wohnt Karl Waldmann im Grünen. Und natürlich wohnt der grüne Landtagskandidat in einem Öko-Haus. Pflanzen umranken das holzvertäfelte Anwesen am Waldrand. Aus der Haustür lugt der 56-jährige Lehrer, winkt in Birkenstock, Blue Jeans und Polo-Shirt von Boss und lächelt freundlich durch ein Paar randlose Gläser. Die ergrauten Haare sind kurz getrimmt.

In der Küche macht ein Kaffee-Vollautomat schöne Geräusche. "Die Espresso-Maschine läuft noch mit Strom. Aber mit selbst erzeugtem Strom vom Dach", sagt Waldmann und zeigt mit dem Finger nach oben. "Wir produzieren mehr Strom als wir verbrauchen." Gewinn werfe das kleine Solar-Kraftwerk auf dem Dach selbst nach zehn Jahren aber noch nicht ab.

Waldmann unter Strom

"Wir waren der erste private Haushalt in Heroldsbach mit einer Photovoltaik-Anlage", erzählt Waldmann.
Heute gebe es hunderte allein in Heroldsbach. Wie viel Strom die schöne Kaffee-Maschine verbraucht? Auf diese Frage weiß Waldmann keine Antwort. "Ich weiß, wie viel Strom die Familie insgesamt verbraucht. Etwa 2300 Kilowattstunden im Jahr. Unser Stromverbrauch liegt unter unserer Stromproduktion", sagt Waldmann am Küchentisch sitzend.

Im Hintergrund ein weißer Kühlschrank mit grüner Botschaft: "Atomkraft? Nein Danke!" Die meisten Möbel sind aus Holz. Die Einrichtung strahlt Wärme und Langlebigkeit aus. Karl Waldmann steht nicht auf Fast-Food-Mobiliar. Sein Motto geht sowieso eher so: Weniger ist mehr. Fleisch kommt bei ihm nur einmal in der Woche auf den Tisch. Dann aber hochwertiges vom Öko-Markt. Ein schönes Stück vom Bio-Bauern aus Laibarös habe er am liebsten auf der Gabel. Qualität statt Quantität eben. "Wir haben nur einen Kleinwagen für die ganze Familie. Dadurch sparen wir uns viel Geld", sagt Waldmann und will den Satz danach sofort wieder streichen. Wirke der nicht zu Oberlehrerhaft? Er wolle eben nachhaltig leben. Lieber mit dem Rad an den Main, statt mit dem Cabrio in die Toskana.

Ein Luxus-Grüner im Bio-Brioni-Anzug will Waldmann nicht sein. Waldmann ist bereit, etwas abzugeben. Genauso wie die größte Wähler-Schicht der Öko-Partei: die Besser-Verdiener. Das sei eben das Paradoxe am grünen Wähler. Sie verdienen gut und seien trotzdem bereit, etwas davon abzugeben.

"Beamte wählen häufig die Grünen", liest Waldmann aus der Zeitung vor und spricht von grüner "Umverteilung", die ihn mit seinem Lehrer-Einkommen aber noch nicht treffe. "Nur alles über 6000 Euro im Monat wird mit 49 Prozent höher besteuert", sagt Waldmann zu den grünen Steuerplänen. 90 Prozent würden sogar profitieren, weil die Grünen den Grundfreibetrag erhöhen wollten.

Aber nicht Geld, sondern Bildung ist Waldmanns Super-Thema. "Ich möchte die Bürokratie im Bildungssystem abbauen. Und das Geld, das im Bildungswesen steckt, für die Förderung der Kinder hernehmen", sagt der Pauker im Garten auf der Holzterrasse.

Energie-Garten zum Auftanken

Hier tankt der 56-jährige Deutsch- und Erdkunde-Lehrer vom Ehrenbürg-Gymnasium seine Batterien auf. Hierher nimmt er sich ein gutes Buch zum Lesen mit. Hier überlegt er sich, wie er die Schulen in Bayern verändern will. "Wir brauchen mehr Lehrer." Die Schüler seien nicht einfacher geworden. Aber jedem Kind stünden trotzdem die gleichen Start-Chancen zu. Von Bildung versteht er viel. Schließlich ist er Lehrer. "Ich kenne die Schwächen des bayerischen Bildungssystems in- und auswendig!", schreibt er auf seiner Homepage. Er wolle jetzt aufhören zu reden und endlich handeln. Als der grüne Bildungsexperte im Landtag.

Im Garten träumt Waldmann derweil von seinem Lieblingsland: Baden-Württemberg. "Wenn man die Grünen erstmal im Land hat, wird man sie nicht mehr los."

Zum Abschied gewährt der Kandidat einen Einblick in seinen ganzen Stolz: die Bibliothek. "Nachtzug nach Lissabon" sei sein aktuelles Lieblingsbuch: Biery erzählt darin die Geschichte eines Altphilologen, der von dem "traumgleichen, pathetischen Wunsch" ergriffen wird, die Zeit um 30 Jahre zurückzudrehen. Zurückdrehen will Karl Waldmann seine Zeit nicht. Aber er will es jetzt im zweiten Anlauf in den Landtag schaffen. Die Chancen seien gut. Immerhin ist er fast Spitzenkandidat in Oberfranken. Listenplatz 2.

Dann wollen die Waldmanns kochen. Moussaka ohne Hackfleisch soll es geben. Waldmann ist ein Grüner mit Humor, der nicht als Oberlehrer in Erinnerungen bleiben will. Als "Bildungs-Revoluzzer" schon eher.