Wo sollen die anerkannten Asylbewerber leben? Es könnte eine Unterkunft analog zum Haus für Wohnungsnotfälle entstehen, schlägt GWS-Chef Dworschak vor. Er löst eine Ratsdebatte aus, die in einem Hilferuf endet.
Die drei "Ideenskizzen" von Alexander Dworschak waren wie ein Stich ins Wespennest. Der Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft (GWS) nutzte seinen Auftritt im Stadtrat, um sich Gedanken darüber zu machen, wo demnächst die anerkannten Asylbewerber wohnen sollen.
Schon bevor die Flüchtlinge in den Landkreis kamen, hatte die Stadt Forchheim ein Wohnungsproblem. In den letzten drei Jahren sind im Haus für Wohnungswirtschaft die Anfragen von 350 auf 530 gestiegen. Hinter dieser Bewerberzahl stehen annähernd 900 Menschen, die Wohnraum benötigen.
Drei Möglichkeiten skizzierte Dworschak. Entweder die Stadt integriert die Flüchtlinge in den bestehenden Markt, was angesichts fehlender Geschosswohnungen kaum möglich scheine. Oder es gelingt ihr, "Private zu aktivieren, ihre ungenutzten Häuser zur Verfügung zu stellen". Oder die Stadt baue ein "Gästehaus".
Unterstützt durch staatliche Gelder, hält es Alexander Dworschak für denkbar, dass analog zum Haus für Wohnungsnotfälle in Forchheim-Nord ein Gebäude entstehen könnte, in dem anerkannte Flüchtlinge (deren Aufenthalt oft ja zeitlich begrenzt sei) vorübergehend unterkommen. "So ein Gästehaus wäre für die Flüchtlinge wie ein Sprungbrett in unsere Gesellschaft", regte der GWS-Geschäftsführer an.
Chance für Landkreis-Kommunen Udo Schönfelder (CSU) riet, nicht nur in Forchheim nachzudenken, sondern auch gemeinsam mit den Bürgermeistern der Landkreis-Kommunen: "In manchen Gemeinden gibt es Leerstände. Manche Ortschaften könnten durch die Aufnahme von Flüchtlingen Rückenwind bekommen."
Landrat Hermann Ulm (CSU) habe bereits zum Gespräch geladen, um die Sache gemeinsam anzugehen, sagte Oberbürgermeister Franz Stumpf (CSU/WUO). Doch wenn das Thema allein von den Kommunen gelöst werden müsse, "dann sehe ich schwarz", so Stumpf.
Die Debatte im Stadtrat verlor sich dann in Schuldzuweisungen. Mathilde Hartmann (CSU) warf der SPD und den Grünen vor, dass sich deren "jahrelange Weigerung, Bauland auszuweisen" jetzt unangenehm bemerkbar mache. Anita Kern (SPD) konterte: Die CSU habe doch die Mehrheit, warum habe sie denn nicht gehandelt?
Unbehagen lösten Dworschaks Ideenskizzen auch bei Karl-Heinz Fleckenstein (CSU) aus: Offensichtlich werde es keine Lösung geben, "wenn der Staat nicht wieder in den sozialen Wohnungsbau einsteigt." Wohnungsbauförderung müsse her, das forderte auch Manfred Hümmer (FW); doch er warnte wie Lisa Hoffmann (SPD) davor, ein Gästehaus für Flüchtlinge zu bauen. "Da hätten wir wieder eine Konzentration, das ist brisant", meinte Hümmer.
Stefan Schick (CSU), der selbst Unterkünfte für Asylbewerber vermietet, reagierte wütend: Die Privaten würden für ihr Engagement beschimpft, doch gleichzeitig schaffe es die öffentliche Hand nicht, das Problem zu lösen. Dworschaks Schätzung, dass von den 1200 Asylbewerbern, die Ende 2015 im Landkreis leben werden, etwa 50 auf dem städtischen Wohnungsmarkt integriert werden müssten, hielt Schick "für viel zu optimistisch". Es würden weit mehr sein: "Wir werden hier einen riesigen Druck erleben."
Ohnmacht in Zahlen Dass angesichts der Herausforderung eine kommunale Ohnmacht herrscht, das belegte Reinhold Otzelberger (SPD) mit Zahlen: Mit ihren 500 Vermietungen habe die GWS im zurückliegenden Jahr 80 000 Euro Gewinn gemacht. "Das sind 160 Euro pro Wohnung, das heißt: Die Eigenmittel der GWS sind verschwindend gering." Daher, so Otzelberger, sei das Thema Wohnungsbau in Forchheim gar nicht lösbar: "Der Freistaat Bayern kann die Kommunen damit nicht alleine stehen lassen."
Reinhold Otzelberger, Uwe Kirschstein (beide SPD) und Sebastian Körber (FDP) zählten auf, was in der Hand der Stadt liege: Das Wohnbauprojekt am Jahn-Sportplatz voranbringen; günstiges Bauland zur Verfügung stellen; die städtische Stellplatzsatzung prüfen und das Baulandmodell vermarkten.
Gerhard Meixner (Grüne) attackierte den Oberbürgermeister, weil er das Thema Wohnraum für Flüchtlinge am Mittwoch überhaupt dem Stadtrat präsentiert hatte: "Dafür ist das Thema viel zu ernst, um es am Ende von 14 Tagesordnungspunkten nebenbei zu besprechen." OB Stumpf empfand das "Ergebnis der Sitzung" dennoch als bedeutend: "Das war heute ein Hilferuf an die große Politik."