Konrad Schlebusch hat sie nach drei Stunden und 57 Minuten erreicht: die Ziellinie vom Boston-Marathon. Wenig später hört der 47-jährige Unternehmer aus Ebermannstadt zwei dumpfe Donnerschläge.
Die letzten Kilometer sind die schlimmsten, erzählt Konrad Schlebusch. Nach drei Stunden, 57 Minuten und 53 Sekunden hat es der 47-jährige Unternehmer aus Ebermannstadt dann endlich geschafft: den Boston-Marathon.
Jemand drückt dem Mann mit der Startnummer 26529 ein Getränk in die Hand. "Dann habe ich einen dumpfen Knall gehört. Zuerst dachte ich noch - ein Salut-Schuss." Viel Zeit zum Nachdenken hat der leidenschaftliche Läufer nicht. "Dann kam schon die zweite Explosion. Die Amerikaner sind sofort weggerannt." Ein Mann neben Schlebusch sagt: "Nicht schon wieder!"
Schlebusch friert in seinem kurzen Läufer-Dress. Keiner reicht ihm die obligatorische Decke. Eine Medaille hängt ihm niemand über den Kopf. Panik breitet sich aus, dort wo tausende Menschen zuvor den Sportlern zugejubelt haben.
Eine Panik-Welle Der Läufer aus der Fränkischen Schweiz wird von der Panik-Welle mitgerissen. "Wo ist meine Frau? Hoffentlich nicht beim Ziel." Dunkle Gedanken schießen dem hundemüden Marathon-Finisher durch den Kopf. Wie durch ein Wunder erreicht er in dem Durcheinander seine Frau auf dem Mobiltelefon. "Alles in Ordnung." Aufatmen. Zum Glück sei seiner Frau das Gedränge beim Zieleinlauf zu groß gewesen, erzählt Schlebusch weiter. Dann schickt er seinen Kindern daheim in Ebermannstadt eine SMS. "Alles gut!" Derweil haben die Organisatoren das Rennen bereits gestoppt. "Die haben die Leute sofort aus dem Zielbereich gescheucht." Zum Glück seien so die Rettungskräfte schnell durch die Massen an den Ort des grausamen Bombenanschlags gekommen, um die Verletzten zu versorgen.
Geschehen glasklar vor Augen Einen Tag ist der erfolgreiche Geschäftsmann jetzt wieder zuhause. Zurück aus Boston. Zurück aus Amerika. Aber die Erlebnisse hat er immer noch glasklar vor Augen. Er erlebt, wie die Amerikaner auf Terror-Abwehr umschalten. In den Geschäften und Supermärkten gehen die Lichter aus. Sicherheitskräfte, bis an die Zähne bewaffnet, kontrollieren die Stadt. Der Schauplatz der Tragödie ist großräumig abgesperrt. "Die Stimmung hinter dem Absperrgitter war gespenstisch." Wie in einem Western sei ihm die Szenerie vorgekommen. "Überall lagen noch die Pappbecher auf der Straße, Mülleimer waren umgekippt." Dazwischen sichert die Polizei die Spuren, sucht nach Hinweisen.
"Die Stimmung war schon sehr bedrückend." Nach diesem Chaos habe er keine Lust mehr auf Sightseeing gehabt. "Die Luft war raus." Dabei hatte sich Schlebusch den ganzen Winter akribisch auf den Marathon vorbereitet. Boston im Auge, als Motivationshilfe beim Training. "Ich bin schon in New York, London und Paris gelaufen. Das war mein siebter Marathon", erzählt er. Mitleid hat er nicht nur mit den Opfern des Anschlages. Auch die Läufer, die nach ihm über die Ziellinie laufen wollten, tun ihm leid. Für einen Läufer sei das schließlich das Härteste: nach den Qualen kurz vor dem Ziel aus dem Rennen genommen zu werden.
Am nächsten Tag belagert eine Medienmeute das Hotel. Total erschöpft gibt auch Schlebusch einem Kamera-Team ein Interview. Das sei später sogar auf N-TV gelaufen, habe ihm ein Freund erzählt. Sorgen machen ihm auch die Amerikaner, die nach einer Dekade des Terrors auf Frieden und Ruhe im eigenen Land gehofft haben. Schon bei der Einreise in die USA kurz vor dem Lauf sei ihm diese amerikanische Angst übel aufgestoßen. "Wir sind arg gegängelt worden mit übertriebendsten Kontrollen", erzählt er.
Genug vom Marathon hat Schlebusch nicht. "Wieso auch?", fragt er. "Das Leben geht weiter", sagt er und steigt in den Flieger. In Paris warten die Geschäfte. Beim Abschied wird er nochmal nachdenklich. "Man braucht schon einen Schutzengel im Leben."
Herr Konrad Schlebusch ist kein Ebermannstadter, es kann aber sein das er in Ebermannstadt wohnt??