Die Motive sind außergewöhnlich

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Pfarrer Josef Pingold betrachtet die Wandmalereien in der Marienkapelle. Foto: Petra Malbrich
Pfarrer Josef Pingold betrachtet die Wandmalereien in der Marienkapelle. Foto: Petra Malbrich
Der Autor mit dem Flyer, der die seltenen Wandmalereien erklärt.
Der Autor mit dem Flyer, der die seltenen Wandmalereien erklärt.
 
Foto: Petra Malbrich
Foto: Petra Malbrich
 
Foto: Petra Malbrich
Foto: Petra Malbrich
 

Pfarrer Josef Pingold erstellte für den Verein Lillinger Kapelle einen Flyer über das renovierte Marienkirchlein mit ihren Wandmalereien.

"Jetzt muss es geschehen, sonst passiert es nicht mehr." Genau der Zeitpunkt war für den gebürtigen Lillinger Pfarrer Josef Pingold nach vielen Jahren erreicht, um einen Flyer über die Lillinger Kapelle zu erstellen. Dieser erklärt auf recht anschauliche und verständliche Art und Weise vor allem die Wandmalereien des bekannten Forchheimer Künstlers Wendelin Kusche. "Damit man nicht einfach die Bilder anschauen und deuteln muss", erklärt Pingold.

Auf der Breite von 40 Zentimetern in vier Teilen gegliedert werden in dem Flyer die Malereien und die Geschichte der Marienkapelle vorgestellt. Das Deckblatt zeigt einen Blick auf die außen renovierte weiße Kapelle, die umrahmt von alten Linden auf der Lillinger Höhe steht.

Der erste Innenteil wird von dem Bild eingenommen, das auch die Kapelle beherrscht: Ein prächtiges Ornament aus Engelsflügeln über dem Altar. Die Fittiche sind um ein Marienbild gelegt. Aber nicht um das Original, das eine bäuerliche Maria in zeitgenössischer Mode zeigt. "Es gab Proteste. Vor einem solchen Marienbild konnten viele Leute nicht beten", erinnert sich Pfarrer Pingold. Dennoch fand das Original einen Platz in der Kapelle und im Flyer. Auf den restlichen drei Faltteilen der einen Seite des Flyers ordnete der Grafiker und Designer Wolfgang Halder die vielen anderen Wandmalereien an, die Mariens Leben der Reihe nach erzählen, angefangen mit dem Engel, der Anna und Joachim die Geburt einer Tochter verkündet. "Die Geschichte ist der Reihenfolge nach erzählt, da auch ein innerlicher Zusammenhang besteht", sagt Pingold. Aber sie ist nach dem Jakobus-Evangelium erzählt, einer nachbiblischen Erzählung. Anna, Marias Mutter, die Schmach erleiden musste, als sie noch kein Kind geboren hatte, dann die Verheißung des Engels. Dass Annas Tochter die Mutter Gottes wird, wurde nicht direkt angesprochen.


Die Tempeljungfrau Maria

Warum Kusche gerade die Geschichte des Jakobus-Evangeliums wählte, kann Pfarrer Pingold auch nicht sagen. Er war noch ein junger Kaplan, als er den Künstler Kusche kennenlernte. Freie Hand ließ man dem Künstler bei den Wandmalereien. So fand auch die Geschichte von Maria als Tempeljungfrau Einzug in die Kapelle. "Diese Geschichte hat es nie gegeben. Sie steht in keinem Evangelium", sagt Pingold. Doch das Jakobus-Evangelium, eine Erzählung über Jesu Leben, steht in den Apokryphen, wurde von den Leuten früher oft gelesen. Die Namen Anna, daher auch das Annafest, oder Joachim sind daraus bekannt.

Diese "verwegene" Geschichte über die Tempeljungfrau gebe es nur in heidnischen Erzählungen, informiert Pingold. In seinem Flyer erklärt er diese Mariengeschichte auf der Rückseite. Die Geschichte habe man sich zusammengereimt, denn Maria musste Jungfrau sein, deshalb hatte man Witwer jenseits des zeugungsfähigen Alters gerufen und ihnen einen Aronstab in die Hand gedrückt. Eine Taube flog auf Josefs Kopf, er war der Auserwählte. Kusche malte dann den blühenden Stab von Josef in Marias Hand. Es könnte auch für die aufblühende Jugend stehen, interpretiert Pingold.

Auch die anderen Bilder in der Kapelle, die auf der Vorderseite des Flyers sind, werden auf der Rückseite erklärt. Das Deckengemälde beispielsweise mit dem Thema Brüderlichkeit unter den Weltreligionen. "Dass Mohamed, der eigentlich bildlich nicht dargestellt werden darf, in einer Marienkapelle ist, ist einzigartig", sagt Pingold. In dem Flyer erklärt er dann die Schriftzüge in dem Deckengemälde und Platz auf der Rückseite hat auch noch die Chronik der Kapelle. Eine Geschichte, die 1817 begann und nun genau 200 Jahre später mit dem durch den Verein Lillinger Kapelle eigens erstellten Flyer über die neu renovierte Marienkapelle lückenlos fortbestehen bleibt.

Am 1. Mai findet um 10 Uhr eine Eucharistiefeier mit Pfarrer Josef Pingold in der Kapelle statt. Jeden Sonntag im Mai ist um 19 Uhr eine Marienandacht. Geöffnet ist die Kapelle samstags und sonntags von 10 Uhr bis 16 Uhr. Die Flyer liegen aus.