Am 15. April 1945 rückten amerikanische Soldaten neben Ebermannstadt auch in Dobenreuth ein. Der Zeitzeuge Anton Dummert erinnert sich an Tage zwischen Hoffen und Bangen.
Die Zeitzeugen, die den Zweiten Weltkrieg am eigenen Leib erlebt haben, werden von Jahr zu Jahr weniger. In Dobenreuth erinnert sich Anton Dummert in seinem stattlichen Anwesen noch lebhaft an jene Zeit. Mit seinen 92 Jahren verfügt er über ein erstaunliches Erinnerungsvermögen. Innerlich bewegt erinnert er sich an jene Zeit, besonders aber an den Einmarsch der Amerikaner in Dobenreuth am 15. April 1945.
Bereits drei Tage zuvor konnte Drummert das Donnergrollen des Gefechtslärms aus Richtung Bamberg hören. Dazu die dumpfen Explosionen beim Sprengen der Regnitzbrücken, mit denen die Deutschen die Amerikaner am Vorrücken vergeblich zu hindern suchten.
Kirchlicher Segen Der alte Ortskern von Dobenreuth, so erinnert sich Dummert, bestand zu jener Zeit aus 33 Häusern. Der 15. April 1945 war ein Sonntag. Der Kampfeslärm rückte immer näher.
Auf dem Kirchvorplatz versammelten sich die Gläubigen um 9 Uhr zum Gottesdienst mit Pfarrer Obenauf. Er spendete dem Dorf und seinen Einwohnern den kirchlichen Segen. Punkt 15 Uhr standen die Amerikaner, von Gosberg kommend, vor dem Dorf. Hans Brütting vom ersten Haus ging ihnen mit der weißen Fahne entgegen, die Amerikaner rückten ein. Angst und Nervosität herrschten auf allen Seiten, so erinnert sich Dummert. Die Einwohner suchten Schutz in den Kellern oder verkrochen sich in den Scheunen. Die vielen Panzerspähwagen und sonstigen Armeefahrzeuge verursachten regelrechte Staus beim Einrücken.
"Warum weinen?" Einige Soldaten klopften mit den Gewehrkolben an die Klappläden bei Dummerts Haus. Die Mutter öffnete verängstigt. "Warum weinen? Amerikanischer Soldat, braver Soldat", hört sie einen vor ihr stehenden amerikanischen Offizier sagen.
Unweit davon versteckten sich im Anwesen Rascher auch Flüchtlinge aus dem Saarland im Keller. Ein Panzerschütze sah in den Erinnerungen Dummerts am Haus eine Gestalt laufen und vermutete offenbar Schlimmeres. Er schoss von der Straße durch das Wohnzimmer. Das Geschoss trat auf der anderen Seite des Hauses wieder aus. Der Einschlag war glücklicherweise hoch genug, sodass die Leute im Keller heil blieben.Der Einschuss blieb noch viele Jahre sichtbar. Zwei Tage später hielten zwei Panzerspähwagen am Kirchenplatz. Die Mannschaften durchkämmten das Dorf, durchsuchten die unteren und oberen Stockwerke nach deutschen Soldaten und konfiszierten Jagdgewehre und weitere Waffen jeglicher Art.
Diese warfen sie auf einen Haufen und fuhren mit schwerem Gerät darüber, um sie unbrauchbar zu machen. Alle wehrfähigen Männer des Dorfes hatten sich im Anwesen Heilmann zu versammeln.
Ein Mann konnte sich vor den Amerikanern nicht ausweisen und wurde mitgenommen. Später kam er, so Dummert, als besseres Skelett vom berüchtigten amerikanischen Gefangenenlager bei Bad Kreuznach zurück. "Tapfere Männer", Dummert sagt dies mit unverkennbarem Unterton, wollten noch vor Kunreuth einen Volkssturm aufbauen.
Zwei tote Soldaten Sie fällten große Eichen am Weg und legten die mächtigen Stämme über die Straße. Sie sollten als Panzersperren dienen. Zusätzliche Panzerabwehrkanonen am Steingraben vor Kunreuth sollten die Amerikaner aufhalten.
Anton Dummert holte anschließend zusammen mit Bürgermeister Hans Mirsberger und Hans Heid mit einem Handwagen zwei tote deutsche Soldaten von der ehemaligen PAK-Stellung ab. Über Feldwege ging es zum Dobenreuther Friedhof, wo sie vorläufig begraben wurden.
Für einen Moment stockt Anton Dummert in der Erzählung und wird sehr nachdenklich. "Es war schon traurig. Wann immer das Glöcklein läutete, wussten wir, es ist wieder jemand gefallen."
Er selbst musste am 8. Dezember 1941 mit 18 Jahren zum Arbeitsdienst. Es war mehr ein Drill zum Fitmachen für den Krieg. Am 14. August erhielt er in Russland einen Oberarmdurchschuss, ein Kamerad aus Hetzles zog ihn aus der Schusslinie und rettete ihm das Leben.
Geopferte Jugend Dummert durchwanderte mit seiner Verletzung acht Lazarette in verschiedensten Regionen und wurde auf Grund der Verletzung 1944 ein Jahr vor Kriegsende entlassen. "Es sind jetzt 70 Jahre her und die halbe Erdkugel brennt schon wieder", schüttelt er den Kopf. Er versteht nicht, dass die Menschheit nie gescheiter wird.
Dann blitzen seine Augen doch mit einem gewissen Schalk auf und er meint zum Schluss des Gespräches: "Ich musste meine Jugend opfern. Der Herrgott denkt wohl, geben wir ihm noch ein paar Jahre dazu." Zum ersten Mal huscht jetzt ein Lächeln über sein Gesicht.