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Bedrohter Weg zum Forchheimer Bauland


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Mittwoch, 16. Januar 2019

Das von Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) angekündigte neue Forchheimer Baulandmodell setzt auf "leichten Zwang". Die Stadträte ringen um eine Lösung, manche wittern "sozialistische" Zustände.
Weil es keinen Bauzwang gab, ist das Forchheimer Baugebiet Am Eselsberg lückenhaft geblieben. Das neue Baulandmodell zielt auf eine wirkungsvollere Bebauung, auch um der Zersiedelung vorzubeugen.  Foto: Josef Hofbauer


Die Stadt tut sich schwer, Bauland für ihre Bürger zu finden. Und die Stadträte tun sich schwer, ein Modell auf die Beine zu stellen, das regelt, wie mit dem Bauland umgegangen werden soll, wenn es denn nun endlich zur Verfügung stünde.

Wie prekär die Lage ist, verdeutlichte Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) im Planungsausschuss anhand zweier Zahlen: Um die sechs Grundstücke, die zuletzt nach dem Baulandmodell vergeben wurden, konkurrierten 76 Bewerber-Familien.

Das alte Baulandmodell sieht vor, dass die Grundstücksbesitzer der Stadt 45 Prozent der Fläche überlassen, damit Wohnraum für junge Familien entstehen kann. Künftig sollen es über 50 Prozent sein. Außerdem sei der bisherige Preis von 75 Euro pro Quadratmeter für die Erschließung nicht mehr haltbar, betont René Franz, der Chef des Bauamtes. 120 Euro müssten es schon sein. Daher möchte die Stadt mit dem neuen Modell "ein Instrumentarium schaffen, um mehr Bauland zu mobilisieren", sagte Franz. Die Lasten müssten neu verteilt werden.

Wie das im Detail aussieht, darüber entbrannte ein Streit. Wenn Eigentümer künftig nicht bereit ist, die Bebauung ihrer Grundstücke anzugehen, soll die Stadt die Möglichkeit haben "leichten Zwang" (Franz) auszuüben.

Umstrittener Mehrwert

Ein Beispiel: Jemand bringt 10 000 Quadratmeter Ackerland in ein Baugebiet ein. Dafür erhält er 5000 Quadratmeter Bauland, zehn Grundstücke mit Baurecht; neun sollen bebaut werden, ein Grundstück darf der Eigentümer als Vorrat behalten. Wenn er die anderen neun Grundstücke innerhalb von fünf Jahren aber nicht bebaut, muss er den Boden der Stadt verkaufen, damit sie das Baugebiet weiterentwickeln kann.

Eigentümern "zu drohen oder sie gar zu zwingen" - diese "Vorgehensweise sozialistischer Prägung" lehne er ab, sagt Sebastian Körber (FDP). Wer sein Grundstück zur Verfügung stelle, müsse den Mehrwert erkennen. Das sei aber nicht der Fall, wenn ein Eigentümer über 50 Prozent abtreten müsse. Mit Begriffen wie "Enteignung" und "Sozialismus" argumentierten dann auch Holger Lehnard (CSU) und Manfred Hümmer (FW). Mehr als 50 Prozent für den Grundstücksbesitzer forderte Lehnard. Zudem sollten 30 Prozent davon vom Bauzwang ausgenommen werden.

Dass sich Angehörige einer Familie umeinander kümmern, dieses Modell sei zunehmend aktuell, betonte Hümmer; daher müsse es Grundstücksbesitzern auch möglich sein, Baugrund für ihre Kinder zu reservieren. Annette Prechtel und Sabine Dittrich (beide FGL) widersprachen Körber und all jenen, die den Grundstücksbesitzern besagte 30 Prozent als "Vorrat" lassen wollten. "Spekulieren, aber nichts realisieren, das geht nicht", sagte Prechtel und machte sich für das von OB Kirschstein (und von der Verwaltung) propagierte "umsetzungsorientierte" Baulandmodell stark. Andernfalls, meinte Dittrich, würden weitere Baugebiete wie jenes Am Eselsberg entstehen: Die Stadt erschließt Areale, die nur lückenhaft bebaut würden. Folge sei Zersiedelung und fehlender Wohnraum.

Grund und Boden für spätere Generationen zu reservieren, die eines Tages vielleicht mal bauen, diese Idee sei in einer globalisierten Welt "aus der Zeit gefallen", meinte Prechtel. In diesem Sinne lobte auch Reiner Büttner (SPD) den "klugen Ansatz" des neuen Modells: "So kommt Schwung in die Ausweisung neuer Baugebiete."

Udo Schönfelder (CSU) zeigte sich zuversichtlich: Zu 80 Prozent gebe es bereits einen Konsens über das neue Modell, schätzte er nach der kontroversen Debatte, die laut OB Kirschstein bis März entschieden sein soll. Auch Schönfelder sah die Notwendigkeit einer "höheren Mitwirkungsbereitschaft": Einzelne Grundstücksbesitzer dürften nicht ganze Baugebiete aufhalten. Er plädierte aber dafür, mit Privatpersonen nachsichtig zu sein, was die Beteiligung an öffentlichen Einrichtungen betrifft. Bei Investoren sei das etwas anderes, sagte Schönfelder mit Hinweis auf die Jahn-Bebauung; dort finanziert der Investor eine Kita.

Mausers Alternative

Manfred Mauser (FBF) setzte sich für eine komplett andere Vorgehensweise ein: Die Stadt soll Ankauf und Entwicklung von Bauland komplett in die Hand nehmen, um Spekulationen auszuschließen. Das sei haushaltstechnisch nicht zu bewältigen, rechnete Thomas Jungbauer vor. Er ist bei der Stadt für das Grundstücks- und Gebäudemanagement zuständig. Alleine um die Grundstücke für ein "Standardwohngebiet" (zwei Hektar) anzukaufen, müsste die Stadt rund fünf Millionen Euro vorfinanzieren. Hinzu kämen Steuern. "Das wäre das teuerste Modell überhaupt", sagte Jungbauer.

18 Jahre gewartet

Daher rief Ludwig Preusch (FW) dazu auf, endlich jene Flächen zu bebauen, die bereits im Besitz der Stadt seien. Zum Beispiel in Kersbach. Wobei OB Kirschstein grundsätzlich daran erinnerte, wie viel Geduld bei dem Thema gefragt sei: "Denken Sie an das Gebiet Dorfäcker, es hat 18 Jahre gedauert, bis das Bauland entwickelt war."