Was will denn diese Katja Usch?

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Die Rathäuser im Landkreis waren gefordert. Eine Internetanfrage galt es zu beantworten. Foto: Michael Busch
Die Rathäuser im Landkreis waren gefordert. Eine Internetanfrage galt es zu beantworten. Foto: Michael Busch

Gemeinden bieten an, statt zeitaufwendiger Rathausgänge, einfach per Internet seine Fragen zu stellen. Das funktioniert unterschiedlich gut.


Am Anfang war der Brief


Sehr geehrte Damen und Herren in der Verwaltung,
mein Name ist Katja Usch. Ich wohne derzeit in Erlangen und möchte gerne nach XY umziehen. Können Sie mir bitte mitteilen, ob dazu in XY überhaupt eine Chance besteht? Ich bin frisch verheiratet und habe ein sechs Monate altes Baby.
Daher interessiert mich auch, welche Betreuungseinrichtungen es bei Ihnen gibt und welche finanzielle Belastungen auf mich zukommen. Mich interessiert sowohl die Kleinkindbetreuung als auch der Kindergarten.
Eine letzte Frage bezieht sich auf meinen Mann, Djamal Faruk Usch. Gibt es die Möglichkeiten von Deutsch-Kursen in Hemhofen oder muss er diese weiter in Erlangen absolvieren?
Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Antworten, würde mich über Informationsmaterial freuen und verbleibe mit gespannten Grüßen. Sie erreichen mich über meine postalische Adresse (Musterstraße 10; Erlangen) oder die Ihnen angezeigte Mail. Telefonisch ist schwierig, da ich im Krankenhaus-Schichtdienst arbeite und mein Mann eher schlecht zu verstehen ist.

Katja Usch



Der Versuch


Die gute Nachricht gleich vorweg: Online können alle. Irgendwie, und um auch gleich die schlechte Nachricht mitzugeben: Irgendwann! Doch erst einmal von vorne. Viele Gemeinden rühmen sich mit dem eigenen Online-Angebot. Sie schwärmen davon, dass alles schneller gehe und der Bürger eine optimale, zielgerichtete Information erhalte, ohne unbedingt einen langen Gang auf die Ämter unternehmen zu müssen.
Das wollten wir nun wissen. Um möglichst neutral an die gewünschte Information zu gelangen, musste Katja Usch ran. Diese erfundene Dame schrieb acht Gemeinden an, um einen gewünschten Umzug planen zu können. Den Originalbrief finden Sie rechts oben auf der Seite.
Katja Usch erwartete im Grunde vier Antworten. Sie wollte wissen, ob es überhaupt Wohnangebote gibt, ob Betreuungseinrichtungen aktuell und in Zukunft für ihr Kind vorhanden sind, welche finanziellen Belastungen damit verbunden sind und zu guter Letzt, ob ihr ausländischer Ehemann die Möglichkeit hat, Deutschkurse in der Gemeinde zu besuchen.
Um eine Bewertung abgeben zu können, gibt es unterschiedliche Kriterien.

1. Auffinden der Mail-Adresse

Die Ansprechpartner zu finden, war in allen Fällen recht einfach. Über eine Suchmaschine und die Eingabe des Ortsnamens, landete man bereits beim ersten Angebot immer in der richtigen Gemeinde. Über die Leiste "Kontakte" oder das Impressum waren dann auch schnell die Mail-Adressen in den Rathäusern gefunden. Um gleiche Bedingungen zu schaffen, wurde jeweils die allgemeine Adresse (info/gemeinde/rathaus/markt@Ortsname.de) angeschrieben. Aus der Reihe fiel positiv Höchstadt a. d. Aisch. Dort gab es bereits ein Online-Formular, das verwendet werden konnte. Das war auf den anderen Seiten nicht der Fall, oder es musste aufwendig danach gesucht werden.

2. Zeit bis zur Antwort

Hier trennte sich dann doch die Spreu vom Weizen. Denn Usch musste unterschiedlich lange auf die Antworten warten. Am schnellsten war Herzogenaurach. Dort antwortete Gerhard Höfler, Geschäftsleiter im Hauptamt, bereits nach elf Minuten.
"Wir bemühen uns immer zeitnah zu antworten", erklärt er auf Nachfrage. "In der Regel wird der zentrale Posteingang mehrfach am Tag überprüft und dementsprechend die Antwort gegeben." Nur bei komplexeren Anfragen könne es mal etwas länger dauern.
Der digitale Eingang gehöre mittlerweile zum Alltagsgeschäft, "sicher auch Generationenabhängig", meint Höfler. Alltagsgeschäft? Nicht unbedingt in Höchstadt und in Hemhofen. Eine "Wasserstandsmeldung" nach dem Motto "Wir haben Ihre Anfrage erhalten und wir melden uns", wäre schon hilfreich gewesen. So gab es die Antwort erst über eine Woche später.

3. Qualität der Antworten

Zunächst zum grundsätzlichen Umzugsbegehr. Allein die Ansprache unterscheidet sich deutlich. Andrea Mutzhausen (Hemhofen) schreibt: "Wir würden uns selbstverständlich sehr freuen, Ihre Familie als neue Mitbürger begrüßen zu dürfen." Auch aus Adelsdorf gibt es ein positives Zeichen: "Danke für Ihr Interesse an unserer Gemeinde." Die anderen Gemeinden beschränken sich auf die übliche Anrede "Sehr geehrte Frau Usch", lediglich Weisendorf bedient sich eines unverbindlicherem "Hallo Frau Usch".

Gremsdorf

Am negativsten fällt Gremsdorf auf. Zwar am selben Tag geantwortet, aber eher unfreundlich formuliert. "Leider sind keine Mietswohnungen in Gremsdorf bekannt. Baugrundstücke sind auch keine mehr vorhanden." Bei dem Hinweis auf die Kinderkrippe gibt es nur den Hinweis auf die Beliebtheit dieser Krippe garniert mit dem Hinweis, dass auch dort alle Plätze belegt sind. Für Deutschkurse wird auf Erlangen verwiesen. Keine Kontakte, keine Ansprechpartner.

Höchstadt a. d. Aisch

Ein wenig besser ist dort Höchstadt. Da Höchstadt selber keine Mietwohnungen anbietet, wird auf den freien Markt und die Angebote in den Zeitungen verwiesen. Offensichtlich ordnet man Katja Usch aber lediglich in die Kategorie "Mietwohnungssuchende" ein, über Bauland oder mögliche Kaufangebote gibt es keine Informationen. Der Hinweis auf den Kindergarten erfolgt unter der Einschränkung, dass man nichts genaues sagen kann, da die Wohnanschrift ja noch nicht bekannt sei. Aber es werden alle Kontakte im Internet aufgezählt. Zu Deutschkursen gibt es keinen Hinweis.

Heßdorf

"Es besteht die Möglichkeit, über das gemeindliche Mitteilungsblatt eine Wohnungsanzeige aufzugeben." Ein praktischer, kostenträchtiger Hinweis, denn über leere Wohnungen wisse man in der Heßdorfer Verwaltung nicht Bescheid. Für den Nachwuchs werden aber die Telefonnummern der Einrichtungen mitgeteilt. Den Deutschkurs könne Katja Usch aber ebenfalls über das Mitteilungsblatt und ein Inserat suchen.

Hemhofen und Röttenbach

Aus beiden Rathäusern kommt die Nachricht, dass man selber keine Informationen über mögliche freie Räume habe. Macht aber durchaus Mut, wenn sie darauf verweist, dass immer wieder Wohnungen und Häuser auf dem freien Markt angeboten werden; sowohl zur Miete als auch zum Kauf. Für die Kinderbetreuung wird der kurze Weg vorgeschlagen: Entweder auf der Homepage der Gemeinde schauen oder die Leitung der Tagesstätte unter der mitgelieferten Telefonnummer direkt anrufen. Die Frage der Sprachkurse ist ebenfalls beantwortet: "Diese werden über die Volkshochschulen Erlangen und Adelsdorf/Hemhofen und Röttenbach angeboten. Und auch hier gibt es die Telefonnummer einer Ansprechpartnerin in Adelsdorf. Randbemerkung: Gremsdorf und Höchstadt hätten hier die Chance gehabt zu punkten, wenn sie darauf hingewiesen hätten.

Herzogenaurach

Eher knapp fällt die Antwort aus Herzogenaurach aus. Sie beinhaltet allerdings alle wesentlichen Informationen. "Bauplätze und Wohnungen sind sehr gefragt. Seitens der Stadt können wir hier leider nichts anbieten. Sie müssten versuchen etwas auf dem freien Markt zu bekommen." Betreuungseinrichtungen und VHS-Kurse werden mit den nötigen www-Adressen versehen, um direkt Kontakt aufnehmen zu können.

Weisendorf

Die Marktgemeinde fällt durch zwei Besonderheiten auf. Zum einen gibt es zwei Antworten. Sowohl Regina Umbach vom Einwohnermeldeamt als auch Richard Singer aus der Verwaltung geben Antworten. Singer verweist auf die VHS-Kurse in Herzogenaurach und widmet sehr genaue Ausführungen über die möglichen Kita- und Kiga-Besuche. Telefonnummer sind ebenso vorhanden wie der Hinweis, dass "immer der März für das drauffolgende Jahr" der Anmeldemonat sei.
Umbach doppelt diese Aussage und bemerkt zusätzlich, dass es zwar immer wieder freie Wohnungen gebe, "im Rathaus es leider aber keine Vermittlungsstelle dafür gibt". Sie weist aber auf die zweite Besonderheit Weisendorfs hin: "Gerne senden wir Ihnen eine Ortsbroschüre zu!" Diese erreichte die Adresse Uschs nach zwei Tagen. Bis auf die Tatsache, dass der jetzige Landrat Alexander Tritthart in dieser Broschüre noch als Bürgermeister aus der ersten Seite herausschaut, bietet das Heft hervorragende Infos, weit über die Anfrage eines möglichen Neubürgers hinaus.

Adelsdorf

Mit der Broschüre "Informationen für Bürger und Neubürger" punktet aber auch die Gemeinde Adelsdorf. Diese Gemeinde will Lust auf ihren Ort machen und ergänzt bereits die sehr ausführlichen Stellungnahmen zu den fragen Uschs um weitere wichtige Informationen.
Als einzige verweist Monika Herzig stellvertretend für die Gemeinde darauf, dass mögliche Wohnungsangebote sowohl im Amtsblatt als auch auf der Homepage im elektronischen Amtsblatt zu finden sind. Die Mailadressen sind vollständig und vermeiden somit eine lange Suche nach den richtigen Klicks. Bei den Kindergärten gibt es den Hinweis auf die Sachgebietsleiterin und deren Erreichbarkeit nach deren Urlaub. Mail-Adresse und Telefonnummer werden angeboten.
Erschöpfend die Antwort zum Deutschkurs. "Diese bieten in Adelsdorf - meines Wissens - nur Privatpersonen an. Hierzu hätte ich einige Adressen von Personen, die sich bereit erklärt haben, unsere Asylsuchenden in der deutschen Sprache zu unterrichten!"

Fazit

Geantwortet haben alle, wenn auch mit unterschiedlichen Laufzeiten. Wobei die letzte Antwort nach über einer Woche sicher noch zu tolerieren ist.
Es wurden weitgehend die Fragen von Katja Usch beantwortet, wenn auch mit unterschiedlichem Aufwand. Manche Gemeinden zeigen offensichtlich ein höheres Interesse an Neubürgern als andere Gemeinden. Keinerlei Ausführungen gab es zu möglichen Kosten, vielleicht ist da eine Gemeinde tatsächlich überfordert.
Sprich: Die digitale Welt ist noch ausbaubar und sicher kein Projekt, das so nebenbei - wie auf vielen Gemeinden - gestemmt werden kann.


Der Kommentar


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