2022 diagnostizierten Ärzte bei der damals 15-jährigen Uresa die schwere Autoimmunerkrankung Lupus. Ihr Zustand verschlechterte sich trotz diverser Therapieversuche. Dann griff das Uniklinikum Erlangen auf eine noch nie dagewesene Behandlung mit einem Krebsmittel zurück.
Es begann im Herbst 2022: Die damals 15-jährige Uresa entwickelte plötzlich migräneartige Kopfschmerzen, Erschöpfung, Gelenk- und Muskelschmerzen und einen Ausschlag im Gesicht. Wie das Uniklinikum Erlangen berichtet, litt sie zudem unter Fieber, hatte zu wenig roten Blutfarbstoff, herabgesetzte Werte bei bestimmten Proteinen, die an der Immunabwehr beteiligt sind, und erhöhte Autoantikörper, die sich gegen ihr gesundes Gewebe richteten. Der Alltag des Teenagers änderte sich so schlagartig.
Schließlich erhielt Uresa die Diagnose SLE: Systemischer Lupus Erythematodes. Die schwere Autoimmunerkrankung entsteht laut Definition des Klinikums "durch eine fehlgeleitete Immunantwort, bei der das Immunsystem überreagiert und sich gegen den eigenen Körper richtet, was zu Organschäden und Entzündungsreaktionen führt". Bei Kindern verlaufe sie zwar seltener, aber oft aggressiver. "Bisher verfügbare Therapien sind häufiger mit Komplikationen und schweren Nebenwirkungen verbunden", heißt es seitens des Klinikums. Auch vor Uresa stand ein langer Leidensweg - bis alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft schienen.
"Zahlreiche Medikamente", Chemotherapie und Co.: Erlanger Ärzte kämpfen um Lupus-Patientin Uresa
Die heute 16-Jährige habe "zahlreiche Medikamente" nehmen müssen, "die allerdings ihre Leber angriffen", heißt es im Rückblick. Ihr Zustand habe sich zusehends verschlechtert. Im Herbst 2022 habe Kinderrheumatologe Tobias Krickau die Behandlung übernommen. "Wir begannen mit für Kinder zugelassenen Tabletten und monatlichen Infusionen, die ihr überaktives Abwehrsystem hemmen sollten", zitiert das Klinikum ihn.
"Aber die Funktion ihrer Nieren verschlechterte sich rasant. Das Organ konnte die Flüssigkeit nicht mehr aus dem Körper transportieren und Uresa bekam ausgeprägte Wassereinlagerungen. Beine, Hände, Füße, Gesicht – alles schwoll extrem an. Dazu entwickelte sie einen Bluthochdruck." Ab März 2023 habe sich die Teenagerin mehr in der Klinik als Zuhause aufgehalten. Auch eine Chemotherapie habe zu keiner Linderung geführt.
Innerhalb weniger Monate mussten die Ärzte und Ärztinnen dabei zusehen, wie "ihnen der Lupus davonlief", so die Worte Krickaus. "Die Patientin hatte eine enorme Menge an Entzündungsbotenstoffen im Körper. Mit Plasmapheresen versuchten wir, die schädlichen Autoantikörper aus ihrem Blut zu waschen – zwei Wochen lang, jeden Tag." Doch letztlich hätten Uresas Nieren ganz versagt und eine Dialyse sei unumgänglich gewesen. Über einen bestimmten Geruch kannst du selbst Nierenversagen erkennen.
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An ihren langen Klinikaufenthalt, isoliert von Freunden, erinnert sich die Patientin mit den Worten: "Ich mag keine Krankenhäuser, ich wollte da einfach nicht mehr sein." Der behandelte Arzt habe sich aber eingestehen müssen: "Ich habe nichts mehr, was ich ihr geben kann." So habe sich Krickau an die Pädiatrische Onkologie gewandt, um die Möglichkeit einer sogenannten CAR-T-Zell-Therapie auszuloten, wie sie im medizinischen Fachjournal The Lancet beschrieben wird.
"Bisher wird diese Form der Immuntherapie nur bei Kindern mit Krebserkrankungen angewandt und es gibt keine Erfahrungen bei Autoimmunerkrankungen in diesem jungen Alter", wird Markus Metzler, Leiter der Kinderonkologie des Uniklinikums Erlangen, zitiert. Schließlich initiierten die Mediziner die besondere Therapie "im Rahmen eines erweiterten Zugangsprogramms für schwer kranke Patienten". Uresa sei damit das weltweit erste betroffene Kind gewesen.