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Angebliches Steinkrug-Verbot: Die EU ist nicht immer schuld


Autor: Klaus Angerstein

Berlin, Dienstag, 04. April 2017

Wenn eine Verordnung unsinnig erscheint, gibt man gern Europa die Schuld. Das stimmt nicht immer - wie jetzt im Fall des angeblichen Steinkrug-Verbots.
Wieviel ist drin in der Maß? Bei einem Steinkrug kaum zu erkennen. Das neue Eichgesetz von 2015 lässt Ausnahmeregelungen zu, die teilweise skurril wirken, aber dafür den weiteren Einsatz von Steinkrügen ermöglichen.  Foto: Peter Kneffel/dpa


"Ein ausgemachter Quatsch ist das". Reinhard Hönighaus, Sprecher der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland, reagiert damit auf jüngste Vorwürfe, denen zufolge die EU verantwortlich dafür sei, dass die traditionellen steinernen Bierkrüge am Boden mit einem Hinweis zu versehen seien, dass das Gemäß für schäumende Getränke nicht geeignet sei. Das stimmt. Für den schriftlichen Hinweis trägt die EU nicht die Verantwortung, weil hier die nationale Gesetzgebung greift. Wenn, dann müssten sich die Wirtschaftsministerien Bayerns und des Bundes den Schuh anziehen.

Wobei der Auslöser der ganzen Aufregung wiederum die EU ist. Die hatte nämlich schon vor Jahren eine an sich vernünftige Richtlinie in Sachen Verbraucherschutz erlassen. Derzufolge dürfen schäumende Getränke ab 2015 nur in Gefäßen mit außen sichtbarem Messstrich serviert werden. Damit soll den Wirten das Schummeln beim Einschenken erschwert werden. Da bei einem Steinkrug der Messstrich innen angebracht ist, macht das Probleme. Dabei, so der Sprecher der EU-Kommission, sei die Richtlinie nicht darauf ausgelegt, auf Steinkrüge für Bier Anwendung zu finden, da sich diese aufgrund des nicht durchsichtigen Materials nicht als Messgeräte eignen. Heißt: Ohne Eichstrich kein Messgerät - dann wäre auch ein steinerner Bierkrug aus EU-Sicht kein Aufreger. Auf den Eichstrich legt man allerdings auf nationaler Ebene Wert.

Weshalb es jetzt zu einer Lösung kam, auf die sich der bayerische Brauerbund zusammen mit den zuständigen Ministerien verständigt hat. Und diese Ausnahmeregelung für den steinernen Bierkrug sieht neben dem genannten Hinweis auf dem Boden des Krugs auch vor, dass künftig die Wirte in Tresennähe ein Bierglas vorzuhalten haben , das Gästen die Möglichkeit bietet, den Kruginhalt durch Umschütten nachzumessen und gegebenenfalls nachschenken zu lassen. Auf diese Möglichkeit soll der Gast zudem durch einen schriftlichen Aushang hingewiesen werden.

Die auf diese Weise zustandegekommene Rettung des steinernen Bierkrugs reklamiert im übrigen der Bayerische Brauerbund für sich. Dessen Geschäftsführer Lothar Ebbertz, spricht von einer an sich gut gemeinten Richtlinie der EU. Und verweist zudem auf den Bestandssschutz für die alten Bierkrüge. Die könnten weiter unbefristet benutzt werden. Es bleibt also letztlich alles wie gehabt.