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Fuchs, du hast den Pokal gestohlen


Autor: Johannes Höllein

Höchstadt a. d. Aisch, Donnerstag, 02. April 2015

Der bayerische Meister steht fest, und es ist nicht der Höchstadter EC. Eine dreimalige Führung reicht den Alligators im fünften und entscheidenden Spiel nicht, um sich die Krone aufzusetzen. Dem Lindauer Tobias Fuchs gelingt drei Minuten vor Schluss der "Lucky Punch".
Enttäuschte Gesichter: Richard Stütz, Ales Kreuzer und Markus Babinsky (von links). Fotos: Picturedreams


Du hast dich monatelang geschunden, allen Widerständen getrotzt, dich mit viel Einsatz in die Final-Serie gekämpft, dort nach einem Auftaktsieg und zwei herben Pleiten noch das entscheidende fünfte Spiel erzwungen. Du greifst nach der Krone und musst dann mit ansehen, wie sie sich der Gegner aufsetzt. Solch bittere Momente gehören im Sport dazu, auch wenn sich 1800 unter 2000 Fans im Stadion am Kieferndorfer Weg am Gründonnerstag innig gewünscht hatten, dass sich der Höchstadter EC einen solchen ersparen könnte. Doch am Ende blieb den Alligators nichts anders übrig, als sich als faire Verlierer zu zeigen und einem ehemaligen Weggefährten zur bayerischen Meisterschaft zu gratulieren: Der Ex-Alligator Sebastian Buchwieser (2008 bis 2011) führt in seinem ersten Trainerjahr den EV Lindau und schaffte auf Anhieb den Coup: "Als Spieler bin ich meinem Glück immer hinterhergelaufen, dass es dann gleich im ersten Jahr als Trainer mit dem Titel klappt, ist der Wahnsinn", sagte der 35-Jährige, der die Moral als große Stärke seines Teams sieht: "Wir haben nie aufgegeben, uns nach jedem Rückstand wieder herangekämpft und die Partie am Ende umgebogen."

Sein Gegenüber, ein sichtlich geknickter Daniel Jun, hatte Kleinigkeiten erkannt, die den Unterschied ausmachten. "Wir haben Fehler gemacht, die in einem Finale nicht passieren sollten. Aber ich kann den Jungs keinen Vorwurf machen. Die Einstellung war super, für viele war es das erste Endspiel ihrer Laufbahn. Die Enttäuschung ist heute riesig, aber wir kämpfen weiter. Ich bin überzeugt, dass der Höchstadter EC in den nächsten zwei Jahren den Sprung in die Oberliga schafft."

Höchstadter EC - EV Lindau 3:4

Beide Teams scheuten zunächst das Risiko, begannen abwartend und auf Sicherheit bedacht. Erst ein Schuss von Sekula, der eine sichere Beute von HEC-Goalie Philipp Schnierstein war (2.), brach das Eis. Vor allem die Gastgeber wurden in der Folge mutiger, hatten durch Patrik Dzemla, Ales Kreuzer und Tomas Urban gute Chancen, präsentierten sich zwei-, dreimal aber zu sorglos. So tauchte plötzlich Paul mutterseelenallein vor Schnierstein auf (6.), hatte aber genauso das Nachsehen wie Cech bei einem Unterzahl-Konter des EVL (8.) und Mlynek, der auf Kosten einer Strafzeit gerade noch gestoppt werden konnte (13.) Das Chancenplus lag aber eindeutig bei den Alligators, die vor allem durch Daniel Jun und Urban starke Abschlüsse zu verzeichnen hatten. Die insgesamt verdiente Führung ließ aber auf sich warten. Stattdessen stockte den 1800 Höchstadter Fans unter den 2000 Zuschauern der Atem. Schnierstein verließ seinen Posten, um den Puck abzufangen. Der allerdings prallte anders als erwartet von der Bande ab und lag plötzlich vor dem leeren Tor. Zum Glück hatte Simon Knaup aufgepasst und klärte in höchster Not (18.).

Verrückte Minuten

Das zweite Drittel begann mit einem Paukenschlag: Daniel Sikorski zog von der blauen Linie ab, und irgendwie rutschte der Puck durch Mayers Handschuh - 1:0 (22.). Das war der Auftakt zu verrückten zehn Minuten, in denen alles möglich schien. Nur Sekunden nach der Führung jubelte der Höchstadter Anhang erneut, doch die Schiedsrichter konnten nicht abschließend klären, ob es der Puck oder Mayers Fanghandschuh gewesen war, der das Netz zum Wackeln brachte - im Tor kam die Scheibe jedenfalls nicht zum Liegen. Lindau antwortete mit wütenden Angriffen, und nach drei, vier erfolglosen Versuchen klapperte es: Feilmeier markierte nach Pass von Haug den Ausgleich (26.). Doch der hatte gerade einmal zehn Sekunden Bestand, denn Thilo Grau bediente mustergültig den mitgelaufenen Urban, der eiskalt zum 2:1 traf. Nun brannte es hüben wie drüben, Chancen im Minutentakt, von denen Sekera eine im Gewühl zum 2:2 nutzte (28.).

Die Achterbahnfahrt war damit aber noch nicht beendet: Jun und Markus Babinsky verpassten den dritten Höchstadter Treffer knapp, auf der anderen Seite fand Cech - der wenig später eine Schlägerei mit Jun anzettelte und vier Minuten in die Eisbox musste - in Schnierstein seinen Meister. Als man dachte, beide Teams müssten erst einmal durchschnaufen, gab es den nächsten Höhepunkt: Nach einem Bully landete die Scheibe bei Kreuzer, der sie knochentrocken zum 3:2 in die Maschen donnerte (33.). Die Alligators waren nun bemüht, die Kontrolle zu behalten, hatten bei einem Powerplay sogar durch Stephan Hiendlmeyer und Knaup die Chance, den Vorsprung auszubauen. Stattdessen leisteten sich die Hausherren einen leichtfertigen Puckverlust, den Feilmeier dankend annahm, um das 3:3 zu erzielen (40.).

Zu früh gefreut

Ein möglicherweise entscheidender Moment, denn so konnten die Gäste etwas gelassener ins Schlussdrittel gehen, als wenn sie weiter einem Rückstand hinterher hätten rennen müssen. Tatsächlich war die Chancendichte nicht mehr so hoch wie zuvor, beide Teams lauerten auf eine Fehler des Kontrahenten, wobei Lindau etwas druckvoller agierte. Trotzdem blieb en ein Schuss von Feilmeier und eine Situation, in der Jun in höchster Not rettete, die einzigen nennenswerten Aktionen. Auf der anderen Seite setzten die Aischgründer Nadelstiche und waren nach Chancen von Babinsky, Urban, Kreuzer und Dzemla drauf und dran, das Ruder wieder zu übernehmen. Und gerade in dieser Phase kam der Nackenschlag: Fuchs hielt von der blauen Linie drauf, und der Puck segelte an Freund und Feind vorbei zum 3:4 ins HEC-Gehäuse (57.). Dem Höchstadter Anhang schwante Böses, er peitschte sein Team aber weiter nach vorne. Doch zunächst fanden die Hausherren keine Gelegenheit, einen Angriff zu fahren, zu schwer waren die technisch starken Islanders vom Puck zu trennen.

Doch eine Minute vor Schluss kam sie doch noch, die erhoffte Möglichkeit, um das Penaltyschießen zu erzwingen: Lindau zog eine Strafe, und der HEC nahm Schnierstein zu Gunsten eines sechsten Feldspielers vom Eis, um in doppelter Überzahl noch einmal Druck aufzubauen. Mit Übersicht bauten die Hausherren den Angriff auf, und setzten Kreuzer in Szene, der aus kurzer Distanz abschloss und den Torschrei schon auf den Lippen hatte. Doch Goalie Mayer brachte sein Knie noch zwischen Puck und Linie und begrub damit alle Höchstadter Träume.


Die Statistik zum Spiel

Höchstadter EC - EV Lindau 3:4 (0:0, 3:3, 0:1)

Höchstadter EC: Tor: Schnierstein, Glaser; Verteidigung: Stütz/Sikorski, Knaup/Babinsky, Ryzuk, Goblirsch, Lechler; Angriff: Jun/Grau/Urban, Vojcak/Dzemla/Kreuzer, Lenk/Hiendlmeyer/Kaczmarek, Eyrich, Kolesnikov

EV Lindau: Tor: Mayer, Kirst; Verteidigung: Haug, Leprecht, Prell, Seifert, Sekula, Fuchs, Schäfler; Angriff: Paul, Miller, Cech, Katjuschenko, Feilmeier, Grützmann, Pfeiffer, Sekera, Mikesz, Krohnfoth, Mlynek

SR: Jürgen Sperl, Ruben Kapzan, Alexander Karl

Zuschauer: 2000

Tore: 1:0 Sikorski (22.), 1:1 Feilmeier (26.), 2:1 Urban (26.), 2:2 Sekera (28.), 3:2 Kreuzer (33.), 3:3 Feilmeier (40.), 3:4 Fuchs (57.)

Strafzeiten: 4 / 8

Reaktionen zur Finalniederlage des Höchstadter EC gibt es HIER.