Mit Pünktlichkeit, Aufsichtspflicht, genereller Anwesenheit geht man recht locker um. Für einen nach unserer Vorstellung fundierten, zielorientierten Unterricht bleibt wenig Zeit, andere Aufgaben wie Korrekturen, Bürokratisches oder auch wichtige Handygespräche in der Unterrichtszeit haben Vorrang.
An den schwachen Leistungen tragen aus Lehrersicht die Schüler selbst schuld. Die Schüler müssen gehorchen, fügsam sein, immer wieder diverse Dienstleistungen erbringen, von Hol- und Bringaufträgen bis zur Mithilfe bei Korrekturen.
Wie konnten Sie Ihren Auftrag umsetzen, welche Aktivitäten konnten Sie entwickeln?
Meine eigentlichen Aufgaben ließen sich nur ansatzweise erfüllen. Der Mathematikkollege scheute Gespräche über Mathematik wie der Teufel das Weihwasser, vermutlich befürchtete er, eigene Defizite würden zutagekommen, mit der Mathe-Kollegin erstellte ich gleich zu Beginn eine Themenwunschliste, ein ermutigender Auftakt. Die Umsetzung gestaltete sich dann äußerst zäh, erst in den letzten Tagen fand sie Zeit für ein paar Zweier-Miniworkshops. Für die Wunschthemen hatte ich Arbeitspapiere entworfen, die ich am Ende der Schule überließ.
Abseits des Kernauftrags ließ ich mich für alles Mögliche instrumentalisieren. Ich hielt Unterricht und zwar den Schülern zuliebe, die sonst keinen erhalten hätten, half beim Korrigieren, übernahm Aufsichten und mehr.Angesichts der maroden Verhältnisse übergab ich dem Schulleiter zwei kurze, vorsichtig formulierte Vorschlagslisten für allgemeine Strukturverbesserungen. Suboptimal war leider mein Einsatzzeitraum, da er mit einer dreiwöchigen Examensperiode kollidierte.
Können Sie das erläutern ?
Das Schuljahr ist in Tertiale gegliedert, am Ende eines Tertials werden verteilt über drei Wochen Prüfungen geschrieben. Obwohl meist nur ein Examen pro Tag anfällt, es zusätzlich prüfungsfreie Tage gibt, wird in den ganzen drei Wochen - für uns unvorstellbar - kein Unterricht gehalten. Die Schüler haben sogenannte Studierzeit, eine maßlose Überforderung, da sie oft ohne Instruktionen, ohne zusätzliches Arbeitsmaterial auf sich allein gestellt lernen sollen - eine gigantische Verschwendung von Zeit. Die Lehrer haben Zeit für Prüfungsvorbereitung, Korrektur und sonstige Arbeiten am Vormittag in der Schule.
Wie steht es mit dem Bildungssystem in Namibia ?
Was ich hier in der Provinz gesehen und erlebt habe, ist erschütternd, macht hoffnungslos. In den städtischen Zentren ist das Niveau vermutlich höher. Leidtragend ist eine heranwachsende Generation. Welche Perspektiven werden die Einzelnen ohne ausreichende Bildung haben ?
Das staatliche Schulwesen wäre von Grund auf zu reformieren, dazu müsste Geld in die Hand genommen werden, Geld, das ein ohnehin notleidender Staat fatalerweise nicht in den Bildungssektor investiert.
Planen Sie weitere Schuleinsätze?Ich würde gern ein letztes Erlebnis erzählen. Am letzten Arbeitstag vor den Ferien, die Lehrer haben zwei Tage länger Anwesenheitspflicht als die Schüler, war ich Notnagel bei der Fertigstellung der Tertialzeugnisse, da Lehrer fehlten. Ich übernahm eine Klasse, kringelte Fehlleistungen rot ein, stempelte und unterschrieb mit meinem Namen! Trotz allem möchte ich die zwei Monate an der Schule nicht missen. Menschlich fühlte ich mich sehr willkommen. Die Defizite im Schulwesen muss man mit eigenen Augen gesehen haben. Sollte ein Folgeeinsatz beantragt werden, muss die Einsatzzeit deckungsgleich mit Unterrichtszeit sein, nur dann könnte ich mehr Impulse für effektiveren Unterricht setzen.
Was planen Sie als Nächstes?
Mein Engagement für die seit langem unterstützten Sozialprojekte in den Armenvierteln des Landes geht selbstverständlich weiter. In den letzten Tagen fand ich Zeit für einen Kurzbesuch bei den Kindergärten. Ich würde mich freuen, wenn der SES mir weitere Einsätze in diesen Einrichtungen ermöglichen würde.
Brauchen Sie weiterhin Hilfe aus Deutschland (Höchstadt und Umgebung)? Jeder Euro hilft, die Sozialprojekte sind ohne Spenden leider nicht überlebensfähig (Spendenkonto: Roland Grebner Namibiaprojekt, IBAN DE88 7635 0000 1060 8112 69).
Was reizt Sie gerade an Namibia?
Ich habe sechs Jahre dort gelebt, ich kenne das Land, es ist zu meiner zweiten Heimat geworden, was liegt somit näher als sich dort zu engagieren? Die Fragen stellte Johanna Blum