Jetzt sind die Verteidiger Schuld

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In Erlangen wird verhandelt. Dabei geht es aber auch um ein Grundstück in Berching. Für eine fehlende Baugenehmigung kann es sogar passieren, dass der Berchinger Bürgermeister vorgeladen werden muss. Foto: tvb
In Erlangen wird verhandelt. Dabei geht es aber auch um ein Grundstück in Berching. Für eine fehlende Baugenehmigung kann es sogar passieren, dass der Berchinger Bürgermeister vorgeladen werden muss. Foto: tvb

Die Angeklagte am Erlanger Amtsgericht griff ihre Pflichtverteidiger verbal an und forderte diese auf, endlich zu arbeiten.

Am Ende der Verhandlung ging es hoch her. Weniger in der Sache an sich, denn in den Vorwürfen, die eine der drei Angeklagten gegenüber ihren eigenen Pflichtverteidigern machte. "Die haben nicht einen Antrag gestellt", monierte die wortführende Angeklagte, Mutter der beiden Mitangeklagten. "Ich bin weder Ihr Sprachrohr noch Ihr Mikrofon", konterte einer der Pflichtverteidiger.

Was war passiert? Im Grunde zeichnete sich ab, dass der vierte Verhandlungstag eher ruhig werden würde. Die Aurachtaler Familie steht wegen mehrerer Delikte vor dem Schöffengericht am Erlanger Amtsgericht. Abkassierte Aufzüge, die nie installiert wurden, Rechnungen, die gestellt wurden, obwohl es keine Gegenleistung dazu gab. Das alles in mehreren Fällen. Am jetzigen Verhandlungstag ging es um ein weiteres Vergehen, der Inanspruchnahme eines Kredites, der nie gegeben worden wäre, hätten die Angeklagten der Bank die Wahrheit erzählt.

Bevor der Zeuge, der Mitarbeiter der Bank, der 2014 die Kreditanfrage bearbeitet hatte, Auskunft über den Vorgang geben konnte, überraschte der Rechtsvertreter der Tochter mit einem erneuten Befangenheitsantrag gegenüber dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Gallasch. Bereits in der ersten Sitzung hatte es mehrere Anträge dieser Form gegeben, die durch die Bank abgelehnt worden waren.

Nun warf der Anwalt im Namen seiner Mandantin dem Richter vor, dass dieser mit rechtswidrigen Methoden einen Fall konstruiert habe, um die Schuld der Angeklagten zu beweisen. "Unter Gallaschs Regie", so der Anwalt, habe ein anderer Zeuge "einen weiteren Zeugen angestiftet, Anzeige gegen die Familie zu erstatten". Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung wurde das Begehr allerdings abgelehnt, da bereits bekannte Tatsachen, die schon lange vorlägen, zu der Anzeige geführt hätten. Es kam zur Vernehmung des Sparkassenmitarbeiters.

Zweckgebundener Kredit

Dieser erklärte, dass die Mutter und deren Tochter im Jahr 2014 bei ihm im Büro waren, um einen Kredit in Höhe von 273 000 Euro zu erhalten. Der sollte für einen geplanten Hausbau in Berching sein. Er selber habe bei der gewünschten Summe empfohlen, einen Teil des Geldes von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu leihen. Hintergrund: Das geplante Haus sollte ein sogenanntes KW55-Haus sein und wäre damit förderungsfähig durch die KfW gewesen. Vorteil für den Kreditnehmer: Der Zinssatz ist durch die Förderung deutlich günstiger. Allerdings ist dieser Betrag dann zweckgebunden.

"Zum Glück hatten wir die KfW als Partner, sonst wäre das alles gar nicht aufgeflogen", erklärte der Banker. Denn die KfW wollte Nachweise über die Verwendung des Geldes. Doch trotz mehrfacher Aufforderung hätte es diese Belege nie gegeben. Bei den Recherchen der Bank und später der Polizei stellte sich dann heraus, dass die Kreditsumme an die Firma des Sohnes (der dritte Mitangeklagte) überwiesen worden sei. Ein Hausbau in Berching habe nie stattgefunden.

Die GmbH des Sohnes habe nach Auskunft des zuständigen Registeramtes die Geschäftstätigkeit aber bereits im Jahr 2007 aufgegeben, also sieben Jahre vor der Kreditaufnahme. Die Sparkasse macht heute - nachdem die Kredite gekündigt worden sind - 161 000 Euro gegenüber der Familie geltend.

Die Angeklagten sehen den Vorgang allerdings etwas anders. Die Mutter erklärt: "Durch das Verhalten der Bank und die zurückgezogenen Kredite wurde der Bau des neuen Hauses verhindert." Sie warf dem Banker vor, dass dieser dem Kredit letztlich nur unter Druck zugestimmt habe, weil er sonst hätte zugeben müssen, dass er im Vorfeld Fehler gemacht hätte.

Plädoyers im Dezember?

Die weiteren Vorwürfe gingen dann aber in Richtung der Pflichtverteidiger. Gepaart mit der Aufforderung, dass Beweisanträge zu stellen seien. In einer Art vorgezogenem Plädoyer versuchte sie nochmals alle Zusammenhänge und das Unrecht, das ihrer Familie wiederfahren sei, zusammenzufassen. Sie monierte, dass bisher alle Zeugen gelogen hätten oder sich durch den Richter, die Polizei oder die Staatsanwaltschaft haben so beeinflussen lassen, dass diese keine Beweise für die Unschuld der Unternehmerfamilie bringen konnten. Richter Gallasch stellte die eher rhetorische Frage: "All die Gerichte, die Sie vorher in Zivilverfahren bemüht haben, haben Sie schuldig gesprochen, weil Sie Recht hatten?"

Am 4. Dezember soll die Beweisaufnahme geschlossen werden und es zu den Plädoyers kommen. Ob es dann noch dieselben Pflichtverteidiger sind, wird sich zeigen. Denn der Vertreter der Mutter sagte es recht deutlich in das Angesicht der referierenden und schimpfenden Angeklagten: "Sie gehen mir jetzt langsam auf den Keks!"