Immer mehr Randalierer beißen und schlagen

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Polizeibeamte werden immer häufiger Opfer roher Gewalt. Foto: Andreas Dorsch
Polizeibeamte werden immer häufiger Opfer roher Gewalt.  Foto: Andreas Dorsch
Diese Bisswunde musste ein Höchstadter Polizeibeamter behandeln lassen. Foto: Polizei
Diese Bisswunde musste ein Höchstadter Polizeibeamter behandeln lassen.  Foto: Polizei
 

Die Zahl der Polizeibeamten, die bei Einsätzen angegriffen und verletzt werden, steigt auch im Raum Höchstadt rapide an.

Wenn Streitereien eskalieren, Menschen mit den Fäusten aufeinander losgehen oder Ehefrauen verprügelt werden, wird oft die Polizei gerufen. Die Beamten sollen dann Situationen in den Griff bekommen, die anderen längst entglitten sind. Immer häufiger werden dabei die "Freunde und Helfer" selbst Opfer, müssen sich treten, schlagen und sogar beißen lassen. Auch einige Beamten der Polizeiinspektion in Höchstadt können davon ein Lied singen.

Am 27. Dezember berichtete unsere Zeitung von einem jungen Randalierer in Höchstadt, der gebändigt werden musste und dabei zwei Beamte in den Oberarm biss. Der junge Mann stand unter Drogen - er hatte Crystal-Speed konsumiert.

Am 9. November tauchte ein 19-Jähriger im Polizeibericht auf, der zwei Polizisten bespuckt und einen gar in den Oberschenkel gebissen hatte. Er hatte heftigen Widerstand geleistet, als ihn die Beamten nach Erlangen in eine Klinik bringen wollten.
Zuvor hatte er gegenüber seiner Freundin angekündigt, sich durch Tabletten und einen Sprung in die Tiefe umbringen zu wollen.

Attacken vervierfacht

Solche und ähnliche Fälle werden immer häufiger aktenkundig. Im Jahr 2013 berichtete unsere Zeitung über 24 Fälle im Bereich der Höchstadter Polizei, in denen Beamte bei ihren Einsätzen körperlich angegriffen und verletzt wurden. Eine Zahl, die Höchstadts Polizeichef Jürgen Schmeißer nur bestätigen kann. "Seit 2010 haben sich die Tätlichkeiten gegen Polizeibeamte bei uns vervierfacht", stellt Schmeißer fest.

Die Ursachen für die Gewalt-Eskalationen liegen in der Regel nicht bei der Polizei, sagt der Dienststellenleiter. "Denn die Polizei kommt erst, wenn andere Leute mit der Situation nicht mehr zurechtkommen." Wenn Frauen, Kinder oder Polizisten geschlagen werden, müssen die Beamten entscheiden, wie sie darauf reagieren, ob sie den Schläger mitnehmen. Dabei wird nicht selten massiver Widerstand geleistet. Für den Randalierer bedeutet dies Haftzelle, bis dessen Zustand wieder "normal" ist.

Ursache oft Alkohol und Drogen

Für Polizeichef Schmeißer sind die Angriffe auf seine Beamten weniger ein Problem der Akzeptanz der Ordnungshüter als vielmehr eine durch Alkohol oder Drogen hervorgerufene Wesensveränderung der Übeltäter. Bei "weit über 80 Prozent" seien Alkohol und Drogen im Spiel, was die Hemmschwelle herabsetze.

Häufig unterschätzt werde hier die Wirkung der Modedroge Crystal-Speed, eines Methylamphetamins. Das habe Folgen für alle, die sich im Aktionsradius des Konsumenten befinden. Da werden Angehörige schnell mal verbal und mit dem Messer bedroht.

Schreitet die Polizei dann mit körperlicher Gewalt ein, sind die Randalierer kaum zu bändigen, weil die Droge deren Schmerzempfinden ausschaltet. Schmeißer spricht von "tierischem Verhalten". Nicht selten sind vier Polizisten nötig, um einen Randalierer an Armen und Beinen zu fixieren, dann beißt er trotzdem noch zu.

Sofort wird geklagt

Müssen Beamte jemandem Einhalt gebieten, ist zunächst immer Körperkontakt nötig, sagt Schmeißer. Für den Einsatz von Hilfsmitteln und Waffen - wie Pfefferspray, Einsatzstock oder Pistole - gelten ganz strenge Voraussetzungen.

In vielen Fällen sind diese Voraussetzungen offensichtlich zu streng. Wie unsere Zeitung hinter vorgehaltener Hand erfuhr, müssen Beamte heute sofort mit Klagen rechnen, wenn sie Gewalttäter etwas härter anfassen, um sie zur Räson zu bringen. Hier fühlen sich die Einsatzkräfte auch von der Justiz im Regen stehen gelassen.

Bei der Polizei aktenkundig werden immer mehr "bis Oberkante Unterlippe" betrunkene Jugendliche. Sie werden innerhalb und außerhalb der Disco am Kieferndorfer Weg ebenso wie auch auf kleineren und größeren Festen und Kirchweihen im Umland aufgegriffen. Die jungen Leute haben dann 1,6 Promille und mehr Alkohol im Blut, "dann geht es los mit Schlägereien und Streit". Darüber hinaus gibt es laut Schmeißer auch noch eine hohe Dunkelziffer.

Von einer sprunghaft angestiegenen Gewalt gegen Polizeibeamte kann auch Peter Schall berichten, der stellvertretende Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft in Bayern. Er beklagt fehlenden Respekt vor seinen Kollegen. "Die Leute sollten sich überlegen, ob sie einen Polizeibeamten angreifen", sagt Schall. Besser werde dadurch jedenfalls nichts.

Jugendlicher schlägt sofort zu

Schall schildert einen aktuellen Fall, bei dem eine Polizeistreife in Mittelfranken auf Jugendliche traf, die auf einem öffentlichen Platz Glasflaschen zertrümmerten. Auf die Aufforderung der Beamten, die Scherben wegzuräumen, schlug ein Jugendlicher unvermittelt auf einen Polizisten ein und brach ihm die Nase.

Für Bankräuber, die sich gewaltsam einer Festnahme entziehen wollen, könnte Schall gerade noch Verständnis aufbringen, für alle anderen Angriffe auf Kollegen aber nicht mehr. Attacken gegen Polizeibeamte kommen inzwischen "querbeet aus allen Gesellschaftsschichten", stellt der Gewerkschaftsvertreter fest. Dieser Trend zur Gewalt gegen Beamte sei von der Polizei alleine aber nicht mehr zu lösen. Schall: "Es ist inzwischen ein gesellschaftliches Problem."