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Herzogenaurach: Schaeffler bessert bei Angebot für Vitesco nach - und verkündet geplanten Firmensitz


Autor: Agentur dpa

Herzogenaurach, Freitag, 01. Dezember 2023

Schaeffler hat mit dem Regensburger Autozulieferer Vitesco einen Vertrag zum Zusammenschluss unterzeichnet. Der fränkische Unternehmensriese hat auch beim Angebot nochmal deutlich nachgebessert.
Schaeffler sieht große Chancen durch die Übernahme von Vitesco - und verrät auch den geplanten Sitz der neuen Firma.


Auto-Zulieferer Schaeffler aus Herzogenaurach (Landkreis Erlangen-Höchstadt) hatte sich in der Finanzkrise mit der Übernahme von Conti beinahe verhoben. Jetzt will er mit Vitesco aus Regensburg einen weiteren Teil aus dem einstigen Conti-Imperium übernehmen. Es soll ein starker Anbieter für E-Antriebe entstehen.

"Es wird ein Unternehmen entstehen, das 25 Milliarden Euro Umsatz macht, 120.000 Mitarbeiter und 100 Werke hat", sagte Schaeffler-Vorstandschef und Vitesco-Aufsichtsrat Klaus Rosenfeld am Montag (9. Oktober 2023) der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zum geplanten Zusammenschluss von Schaeffler und Vitesco. "Bei Schaeffler gab es immer wieder Zäsuren, die Übernahme von FAG, Conti, der Börsengang - in diese Reihe ist diese Transaktion einzureihen." Mittlerweile haben beide Unternehmen einen wichtigen Vertrag geschlossen - und Schaeffler hat sein Angebot nochmals erhöht. 

Update vom 1.12.2023: Verbessertes Angebot für Vitesco vorgelegt - hier entsteht der neue Standort

Schaeffler hat laut einer aktuellen Pressemitteilung einen Vertrag über den geplanten Unternehmenszusammenschluss mit der Vitesco Technologies Group AG aus Regensburg abgeschlossen. Der Unternehmenszusammenschluss werde "eine führende Motion Technology Company schaffen", heißt es. Dies versetze die Unternehmen in die Lage, das "Geschäfts- und Technologieportfolio entlang vier fokussierter Sparten zu komplettieren und erweitern". Inbesondere wolle man das "beschleunigte Wachstumspotenzial der Elektromobilität nutzen", so Schaeffler.

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Das Unternehmen werde dann "einen Pro-Forma-Jahresumsatz von rund 25 Milliarden Euro" aufweisen und mehr als 120.000 Mitarbeitende beschäftigen. Unter Berücksichtigung der Zuständigkeit des Aufsichtsrats, die Mitglieder des Vorstands zu ernennen, hätten Schaeffler und Vitesco sich auf die Bildung eines neunköpfigen Vorstands verständigt. Dieser soll vom Vorstandsvorsitzenden von Schaeffler, Klaus Rosenfeld, geleitet werden. Des Weiteren sei vereinbart worden, dass das Unternehmen den Namen Schaeffler AG tragen wird. Der Sitz des Unternehmens werde Herzogenaurach sein. "Dabei ist sich Schaeffler der Bedeutung der Standorte von Vitesco für das kombinierte Unternehmen, insbesondere des Standorts Regensburg für das E-Mobility-Geschäft, bewusst", heißt es gleichzeitig. 

Die Zukunftsvereinbarung, die Schaeffler 2018 mit der IG Metall abgeschlossen habe, solle auch im kombinierten Unternehmen gelten. Unabhängig von diesen Verhandlungen mit Vitesco habe der Vorstand von Schaeffler entschieden, "den Angebotspreis für das laufende Erwerbsangebot von 91 Euro auf einen besten und finalen Preis von 94 Euro pro Vitesco-Aktie zu erhöhen". Die Entscheidung unterstreiche "die Zuversicht Schaefflers im Hinblick auf die erwarteten Synergien und das Wertschöpfungspotential des Unternehmenszusammenschlusses mit Vitesco", so der Autozulieferer. Für den Abschluss der Transaktion werde das vierte Quartal 2024 angepeilt.

Erstmeldung vom 9.10.2023: Herzogenaurach/Regensburg: Schaeffler will mit Vitesco fusionieren - Transformation zur E-Mobilität

Erst Anfang September war bekannt geworden, dass Schaeffler seine Elektro-Sparte massiv ausbauen und bis 2026 mehr als 500 Millionen Euro in die Fertigung von Elektromotoren investieren will. Der Autozulieferer kündigte zudem eine "Weltpremiere" an.

Schaeffler bietet den Vitesco-Aktionären 91 Euro je Anteilsschein in bar, um die Firmen letztlich zu fusionieren, wie die Herzogenauracher am Montag mitteilten. Das Angebot richtet sich nur an den Streubesitz. Knapp 50 Prozent der Vitesco-Anteile hält bereits die Familie Schaeffler. Werk in Nürnberg betroffen - rund zwei Drittel der Stellen sollen hier abgebaut werden.

Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg über entsprechende Pläne der Schaefflers berichtet - spekuliert worden war darüber schon länger. Rosenfeld machte bei Bloomberg deutlich, dass das Unterfangen rund 1,8 Milliarden Euro an Finanzierung benötige.

Der Kurs der Vitesco-Aktie, Ende vergangener Woche noch bei gut 75 Euro, zog um etwa ein Fünftel an. Für die Schaeffler-Papiere ging es deutlich abwärts. Der Kurs der seit Kurzem im MDax notierten Vitesco-Aktie hatte in diesem Jahr bis zuletzt bereits um knapp 40 Prozent zugelegt. Das Regensburger Unternehmen wurde damit mit etwas mehr als drei Milliarden Euro bewertet. Das Angebot von Schaeffler bewertet Vitesco nun mit rund 3,6 Milliarden Euro. Das im SDax gelistete Unternehmen Schaeffler hat sich nach eigenen Angaben ein umfangreiches Finanzierungspaket arrangiert, das eine Brückenfinanzierung für das Erwerbsangebot einschließt.

Zusammenpassendes Technologieportfolio und 600 Millionen Euro Einsparungen

Insbesondere im Bereich der E-Mobilität verfügten Schaeffler und Vitesco über ein zusammenpassendes Technologieportfolio, hieß es. Auf diesem Gebiet will Schaeffler-Chef Rosenfeld die Wachstumschancen nutzen. Vitesco, einst als Antriebssparte in den Conti-Konzern integriert und nach der Abspaltung bis 2019 als Continental Powertrain firmierend, macht derzeit noch den Löwenanteil des Geschäfts mit Verbrennerkomponenten - hat jedoch zuletzt vor allem Aufträge für die Elektroantriebssparte eingesammelt. Vor einem Jahr hatte Autozulieferer Vitesco eingeräumt, mit Bauteilmangel zu kämpfen. Auch das Nürnberger Werk war von massivem Stellenabbau und Umstrukturierungen betroffen.

Der Zusammenschluss der Firmen soll jährlich vor Zinsen und Steuern Kosteneinsparungen von 600 Millionen Euro bringen. Diese sollen bis 2029 realisiert werden. Vitesco war erst 2021 von der ehemaligen Konzernmutter Continental abgespalten worden. An Conti besitzt die Schaeffler-Familie seit einem missglückten Übernahmeversuch in der Finanzkrise 2008 rund 46 Prozent.

Schaeffler will zudem im Zusammenhang mit der angestrebten Fusion seine Vorzugsaktien im Verhältnis eins zu eins in Stammpapiere mit Stimmrecht umwandeln. Die Aktionäre müssen darüber noch entscheiden. Bisher hält die Familie die Stammpapiere des Wälzlagerherstellers komplett, von den stimmrechtslosen Vorzügen befinden sich drei Viertel im Streubesitz. "Die Familie Schaeffler geht einen großen Schritt. Dafür wird sie mit rund 70 Prozent am neuen Unternehmen beteiligt sein", sagte Rosenfeld.

Kartellrechtliche Freigaben seien in der EU nicht mehr nötig und auch in vielen anderen Ländern nicht. So könne der Deal schnell durchgezogen werden - Rosenfeld rechnet mit dem Erwerbsangebot von Mitte November bis Mitte Dezember, im vierten Quartal 2024 soll dann die Verschmelzung erfolgen.

Dank guter Zahlen im Geschäft mit Ersatzteilen hat Schaeffler zum Jahresstart 2023 gute Zahlen geschrieben. Der Ausblick auf die zweite Jahreshälfte bereitete den Mittelfranken jedoch Sorgen.

red/dpa

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