Vor der oder dem Angebeteten auf die Knie fallen und die Frage aller Fragen stellen - das machen heutzutage nicht mehr viele junge Leute.
Bis vor 50 Jahren was es ein Muss für jedes heiratswilllige Paar: Der zukünftige Bräutigam kam nach Anmeldung zu den Eltern der Braut, schenkte der Brautmutter einen Strauß Blumen und der Angebeteten rote Rosen. Der Brautwerber wurde auf Herz und Nieren geprüft: Kann er eine Familie ernähren? Hat er die richtige Gesinnung - auch politisch - und so weiter. Dann wurde Verlobung gefeiert und ungefähr ein Jahr später läuteten die Hochzeitsglocken.
Heutzutage geht das in der Regel nicht mehr so förmlich zu. Das Paar überlegt sich, ob es bald zu zweit durchs Leben gehen will. Und wenn alles dafür spricht, wird die Hochzeit geplant - oft nur standesamtlich. Einen formellen Heiratsantrag wie früher gibt es selten.
Erinnerung ein Leben lang
Die Paare jedoch, bei denen es einen gab, erinnern sich ein Leben lang gerne an ihren Heiratsantrag: "Wenn ich den Tag so Revue passieren lasse, fällt mir auf, dass sich mein Freund Gerhard den ganzen Tag schon irgendwie merkwürdig verhalten hatte", erinnert sich Christine Munske aus Poppenwind.
Es war der 27. Juli 2013, Dorffest in Poppenwind. Gerhard und Christine waren beim Holzbackofen für die Ausgabe der Pizza und des Zwiebelkuchens eingeteilt. Wie immer waren sehr viele Freunde und Bekannte da. "Aber diesmal entdeckte ich auch eine Gruppe von etwa zehn Leuten, die allen Poppenwindern völlig unbekannt war", weiß Christine noch. Gegen 21.30 Uhr meinte Gerhard, dass er mal kurz nach Hause müsse. "Ich ratschte derweil mit anderen Helfern. Wir fanden unser Dorffest wieder sehr gelungen."
Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte sie, dass die unbekannten Besucher mehrere Bistrotische und einen CD-Player aufbauten sowie Sekt in Gläser einschenkten. "Wir standen alle etwas verdutzt da und es wurde wild spekuliert was da jetzt wohl passiert." Plötzlich stand jedoch Christine selbst im Mittelpunkt: "Bist du Christine Ziegler?", fragte eine der Frauen. "Ich konnte nur mit einem knappen, etwas unsicheren Ja antworten und schon nahm mich die Frau an die Hand und forderte mich auf, mitzukommen." Ehe sie sich versah, stand Christine in der Mitte des Dorfplatzes. "Ich weiß nicht mehr, was mir durch den Kopf ging. Aber ich weiß noch, dass alle Augen auf mich gerichtet waren." Der Song "My Heart will go on" von Celine Dion erklang. Gerhard kam auf einem Pferd angeritten. "Mein Unterbewusstsein verriet mir, was jetzt gleich passieren würde!"
Unzählige Schmetterlinge flatterten und tanzten in Christines Bauch. Gerhard ritt in die Mitte des Platzes, stieg vom Pferd und flüsterte seiner Liebsten viele zärtliche Dinge zu, "die ich mir aber vor Aufregung überhaupt nicht merken konnte". Anschließend kniete er vor ihr nieder und fragte, ob sie seine Frau werden wolle. "Nur mit einem knappen, etwas zittrigen, aber sehr, sehr glücklichen Ja habe ich dann geantwortet." Und sie habe gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd!
Als Gerhard ihr dann den Verlobungsring anstecken wollte, hielt Christine ihm vor lauter Aufregung den rechten Ringfinger hin und er musste lauthals lachen. Viele Frauen seien so berührt gewesen, dass sie weinten. "Niemand von unseren Familien und von unseren Freunden hatte davon gewusst. Mein Gerhard ist einfach der geborene Romantiker!"