Nach 20 Jahren geht Günther Kropf als Bundestrainer für Fliesenleger in den Ruhestand.
Die Welt von Günther Kropf ist meistens eckig - bei ihm dreht sich alles um Fliesen. Im Hof der Familie Kropf hängen metergroße Motive aus bunten Fliesen, Hausflur und Küche sind mit dunkelbraunen Terracotta-Platten gepflastert. Im Arbeitszimmer reiht sich eine Auszeichnung an die nächste, in den Regalen stehen Pokale und Orden.
Auf einer großen Urkunde steht: "Meisterprüfung 1976". 1997 war er dann das erste mal als Bundestrainer bei einer Weltmeisterschaft, den sogenannten World Skills, dabei. Alle zwei Jahre messen Auszubildende und Fachkräfte im Alter bis 22 Jahre dort ihr Können.
Je vier Mal Gold bei der WM und bei der EM hat Kropf mit seinen Schützlingen geholt. Bis zu 200 000 Zuschauer seien bei einer Weltmeisterschaft, bei der sich auch andere Berufe präsentieren, dabei.
Verschiedene Standards
Jeder Teilnehmer bekommt vom Gastgeberland die gleichen Materialien, das Werkzeug bringt jeder selbst mit. Nicht alle hätten das passende Werkzeug dabei. "Die Standards unter den Länder, auch innerhalb Europas, sind sehr unterschiedlich", berichtet Kropf. Zwei Wände, je 2,5 Meter breit und 1,8 Meter hoch, und der Boden müssen gefliest werden.
Das Motiv ist jeweils an das Gastgeberland angelehnt, in Kanada musste der Helm eines Eishockeyspielers nachgeahmt werden. Seinen eigenen Betrieb hat der 69-Jährige von 1976 bis 2005 geführt, "eher nebenbei", wie er sagt. Den Job als Bundestrainer hat er zu Beginn des Jahres an seinen Nachfolger aus Gaislingen bei Stuttgart abgegeben.
Aber auch nach der Zeit als Bundestrainer setzt sich Kropf nicht zur Ruhe. Sein Terminkalender ist ausgefüllt. So unterrichtet er regelmäßig an Meisterschulen oder an der Berufsschule in Nürnberg. "Ich war überall schon einmal gewesen. Ich kenne die meisten Berufsschulen von Süden bis Norden", sagt Kropf. "Langweilig wird es nicht", sagt Kropf und lächelt.
Durch die Welt gereist
Freilich, ein bisschen mehr Ruhe als in seiner Zeit als Bundestrainer kehrt bei dem Fliesenleger schon ein. Jedes Jahr stand entweder eine Weltmeisterschaft der Berufe oder eine Europameisterschaft an. Pro Beruf und pro Land gibt es einen Teilnehmer, der zusammen mit seinem Bundestrainer anreist. Der Bundestrainer ist gleichzeitig der Experte und bildet mit den anderen Experten die Jury. Nur das eigene Land darf man nicht bewerten.
22 Stunden, aufgeteilt auf vier Tage, dauert eine WM. Eine EM dauert 18 Stunden und ist auf drei Tage aufgeteilt. Kropf ist mit den Fliesenlegern schon durch die ganze Welt gereist. Kanada, Japan und Korea sind nur einige Länder, die er besucht hat.
In Brasilien hat er sogar einmal als Berufsschullehrer unterrichtet. "Urlaub kann ich in den Ländern keinen machen. Wenn ich acht Tage vor Ort bin, komme ich vielleicht mal einen Tag aus den Hallen raus", so Kropf.
In seiner Werkstatt in
Niederndorf hat der Fliesenleger seine Arbeitsmaterialien gelagert. Meisel, Spachteln und Zangen in allen Größen liegen genau sortiert in einem Regal. Feiner Staub tanzt durch die Luft. Es riecht nach Baustelle und nassem Putz. Auf einem Werktisch in der mitte des Raumes liegen drei riesige Zirkel auf weißen Fliesen.
Im Visier des Zolls
So ein Wettbewerb sei eine ganz andere Richtung als es eine Baustelle sei, erzählt Kropf. Typisches Werkzeug für eine Meisterschaft, wie den Zirkel, brauche man auf einer Baustelle nicht immer. Ausgerechnet der hat dem Bundestrainer und seinem Schützling 2007 in Japan Sorgen bereitet. Am Flughafen gab es Probleme mit dem Zoll, der Zirkel ist einfach nicht durchgekommen. Ein Ersatz musste her. "Das war natürlich was, einen neuen Zirkel zu besorgen, in einem Land mit so einer kryptischen Schrift", sagt Kropf.
Seine Aufgabe als Trainer sei nicht nur die Motive mit den Teilnehmern zu üben, sondern auch, sie auf das Publikum vorzubereiten. "Das ist eine einmalige Chance im Leben", sagt Kropf.
In einer großen Lagerhalle steht das Übungsmotiv einer vergangenen WM, darauf ein roter Formel-1-Wagen. Manche Fliesen in dem Motiv sind nicht größer als ein Fingernagel. Bereut hat Fliesenleger Kropf die viele Arbeit nicht: "Es hat unheimlich Spaß gemacht. Und wenn es keinen Spaß machen würde, dann wären wir nicht so erfolgreich."