Nicht nur im Höchstadter Stadtrat werden die Sitze heuer erstmals nach dem Hare- Niemeyer-Verfahren vergeben. Die Umstellung hätte vor sechs Jahren in manchem Gremium zu anderen Zusammensetzungen geführt.
Wären bei den Kommunalwahlen vor sechs Jahren die Sitze im Kreistag und in den Stadt- und Gemeinderäten nach dem Verfahren verteilt worden, wie es jetzt am 16. März angewendet werden muss, würde mancher Kommunalpolitiker mitmischen, der damals knapp gescheitert war. Andererseits wäre auch der eine oder andere Stadt- und Gemeinderat nicht dabei. Beispielsweise säße in Höchstadt ein FDP-Vertreter im Stadtrat; dafür hätte die CSU auf ein Mandat verzichten müssen.
Erstmals werden in Bayern heuer die Sitze in den Kommunalparlamenten nach dem so genannten Hare-Niemeyer-Verfahren verteilt. Bisher wurden die abgegebenen Stimmen nach dem d'Hondt-Verfahren in Mandate umgerechnet. Seit Jahren diskutieren Politikwissenschaftler darüber, welches Verfahren gerechter ist.
Im Bund und mittlerweile auch im Land wurde bereits von d'Hondt auf Hare-Niemeyer umgestellt.
Nachteile ausgleichen Kritiker des nach dem belgischen Rechtswissenschaftler Victor d'Hondt benannten Verfahrens sehen darin eine Benachteiligung der kleineren Parteien. Sie können weniger Mandate bekommen, als ihnen nach dem prozentualen Stimmenanteil eigentlich zustehen würden. Dafür könnten große Parteien zusätzliche Sitze einheimsen.
Diese Nachteile soll das Hare-Niemeyer-Verfahren ausgleichen. Benannt nach dem englischen Rechtsanwalt Thomas Hare und dem deutschen Mathematiker Horst F. Niemeyer kann mit diesem Umrechnungsverfahren keine Partei mehr Sitze erhalten, als es ihrer Quote entspricht.
In der Praxis würden sich in manchen Gremien Kräfteverhältnisse verschieben.
Für den Höchstadter Stadtrat hat Wahlleiter Gerhard Leicht seinen Computer zum Test mal mit dem Wahlergebnis von 2008 gefüttert und die Sitzverteilung nach Hare-Niemeyer ausrechnen lassen. Herausgekommen ist ein Sitz weniger für die CSU, den hätte die FDP bekommen. Aktuell haben CSU und Junge Liste je neun Sitze, obwohl die JL über 2000 Stimmen mehr auf ihre Kandidaten vereinigen konnte.
In Wachenroth hat Geschäftsleiter Markus Schramm Verschiebungen bei kleineren Gruppierungen herausbekommen. Die Unabhängigen Wähler Weingartsgreuth würden nach Hare-Niemeyer einen von ihren drei Sitzen verlieren. Dafür würde die Horbacher Wählergemeinschaft zu ihrem einen einen zweiten bekommen. Horbach und Weingartsgreuth hätten dann je zwei Räte im Wachenrother Gemeinderat, obwohl ihre Stimmenzahl mit 3085:5025 doch deutlich auseinander liegt.
Im Kreistag Erlangen-Höchstadt würden die Freien Wähler einen Sitz verlieren (von 12 auf 11), dafür bekäme die FDP einen mehr (von 3 auf 4).
Die beiden Sitzverteilungsverfahren d'Hondt Das Verfahren nach d'Hondt ermittelt über die Stimmenzahlen die proportionale Sitzverteilung nach Höchstzahlen. Die auf jede Partei entfallenden Stimmenzahlen werden nacheinander durch 1, 2, 3 usw. geteilt. Auf diese Weise werden so viele Höchstzahlen ermittelt, wie Sitze zu vergeben sind. Anschließend werden die auf die einzelnen Parteien entfallenden Höchstzahlen und damit die Sitzverteilung festgestellt.
(Quelle: Bundeswahlleiter)Hare-NiemeyerZunächst wird jeweils die Gesamtzahl der auf eine Partei entfallenen Stimmen mit der Zahl der zu
vergebenden Sitze multipliziert. Dieses Ergebnis wird dann durch die Summe aller abgegebenen Stimmen dividiert. Das so erhaltene Ergebnis wird schließlich auf ganze Zahlen auf- oder abgerundet, die dann den einzelnen Parteien als Sitze zugesprochen werden.
ad