Fall "Jessica" muss neu verhandelt werden

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Die im Fall «Jessica» wegen Mordes angeklagte Denise R. wird am 01.07.2010 in Erlangen nach einer Tatortbegehung von einem Polizeibeamten wieder abgeführt. Archivfoto: Daniel Karmann dpa

Nach einem Streit um einen EC-Karten-Betrug hatte eine 29-Jährige ihre Nachbarin in Erlangen brutal umgebracht. Das Landgericht verurteilte sie wegen Totschlags. Der BGH sagt nun: Vielleicht war es doch Mord. Das Landgericht muss den Fall "Jessica" nochmals prüfen.

Der Fall "Jessica" um die brutale Tötung einer 26-jährigen Mutter aus Erlangen muss neu verhandelt werden.

Es bestünden jedoch keine Zweifel daran, dass die 29-jährige Nachbarin die Tat begangen habe, entschied der Bundesgerichtshof am Dienstag in Karlsruhe.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth muss aber erneut prüfen, ob es sich bei der Tat nicht doch um einen Mord handelt. Die Angeklagte war im vergangen Jahr wegen Totschlags zu mehr als 14 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Sie hatte nach einem Streit um einen EC-Karten-Betrug ihre Nachbarin Jessica mit mehr als 40 Hieben und Messerstichen getötet (Az. 1 StR 50/11).

Die Angeklagte, selbst Mutter dreier Kinder, hatte sich mit der EC-Karte ihrer in der Nachbarschaft wohnenden Freundin Jessica 7000 Euro auszahlen lassen. Als es deshalb zum Streit kam, schlug sie zunächst mit einem stumpfen und einem scharfkantigen Gegenstand auf ihr Opfer ein, nahm dann ein Küchenmesser mit einer mindestens 16 Zentimeter langen Klinge und stach mehrmals zu.

Zweifelhaft ist nur, ob sie dabei handelte, um die vorangegangene Bankabhebung zu verdecken. Eine solche "Verdeckungsabsicht" würde die Tat zum Mord machen.
Das Landgericht hatte dies verneint - mit der Begründung, die Tat sei nicht geeignet gewesen, die Aufdeckung der Geldabhebungen zu verhindern. Das muss nach dem Urteil des BGH nun erneut überprüft werden. Das Landgericht habe sich "nur unzureichend" mit der Frage der Verdeckungsabsicht befasst, sagte der Vorsitzende Richter Armin Nack bei der Urteilsverkündung.
Als er den Sachverhalt zum ersten Mal gelesen habe, habe er gedacht: "Wenn das kein Verdeckungsmord ist, weiß ich nicht, was ein Verdeckungsmord sein soll", sagte Nack. Er betonte jedoch, dass dies nur auf den ersten Blick gelte. Die sogenannte "subjektive Seite" der Tat - also die Motivation der Täterin - müsse nochmals geprüft werden.

Der Verteidiger sprach von einer "offensichtlichen Blutrauschtat".

"Wenn ich mir überhaupt keine Gedanken mache, dann besteht auch keine Verdeckungsabsicht", sagte er.
Der Anwalt des Witwers der Getöteten sagte nach der Verhandlung, an der Täterschaft der 29-Jährigen gebe es "nun nichts mehr zu rütteln". Sie hatte die Tat immer bestritten. dpa