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Erlangen: Gasthaus "Zur grünen Au" kämpft mit Mehrwegpflicht - "schlaflose Nächte bereitet"


Autor: Isabel Schaffner

Erlangen, Mittwoch, 18. Januar 2023

Seit dem 1. Januar 2023 sind Gastro-Betriebe verpflichtet, ihrer Kundschaft bei Abholung und Lieferung Mehrweggeschirr anzubieten. Die Umsetzung bereitet der Wirtin der "grünen Au" in Erlangen jedoch Kopfschmerzen.
Das Erlanger Restaurant "Zur grünen Au" fragt sich, wie es der Mehrweggeschirr-Pflicht nachkommen soll, ohne dass die Qualität der Speisen leidet.


  • Erlanger Restaurant-Chefin sieht Probleme bei Umsetzung der Mehrweggeschirr-Pflicht
  • "Geht nicht von heute auf morgen": Lager noch mit Einweggeschirr voll
  • Kosten, Verpackung und Kundenzufriedenheit werfen Fragen auf
  • Deutliche Kritik an Politik - "jetzt hat unsere Regierung"

Im Kampf gegen den Verpackungsmüll ist am 1. Januar 2023 ein neues Gesetz in Kraft getreten: Restaurants, Cafés und Co. sind verpflichtet, für ihre Speisen zum Mitnehmen neben der Einwegverpackung auch eine Mehrwegverpackung anzubieten. Den Umweltgedanken findet die Geschäftsführerin desErlanger Restaurants "Zur grünen Au", Barbara Palmer, gut, doch die Frage nach der Umsetzung habe ihr und dem Team "schon schlaflose Nächte bereitet". Viel zu viele Unsicherheiten habe die Politik offengelassen, kritisiert sie.

Erlanger Gastronomin sieht Mehrweggeschirr bei fränkischer Küche problematisch - "müssen überlegen, wie wir es machen"

Das fränkische familiengeführte Restaurant versorgt seine Gäste mit Schäufele, Schnitzel, Braten und Co. und verpacke die Speisen bei Auslieferung bisher in versiegelten Styroporbehältern, wie Palmer inFranken.de erklärt. Ihre Aussagen zu dem neuen Gesetz machen deutlich, wie stark es sich auf den Gastronomie-Alltag auswirkt. "Das geht nicht von heute auf morgen. Es muss ein gewisses System da sein." Sie spricht dabei die Lager der Lieferanten an, die noch voll mit Einweggeschirr seien. So müsse erst einmal Platz für das neue Geschirr gemacht werden. 

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Zudem sei das Angebot von Mehrweggeschirr noch sehr gering. "Alle, die uns beliefern, sagen 'wir haben noch nichts Genaues'. Der Markt gibt es noch nicht her", das höre sie auch von ihren Gastronomie-Kollegen und -Kolleginnen. Ihre fränkischen Gerichte stellten außerdem eine besondere Herausforderung da: "Jetzt hat unsere Regierung das umgesetzt, aber wir müssen überlegen, wie wir es machen. Ich kann keinen Schweinebraten mit Sauerbraten zusammenpacken, genauso bei Sauerkraut und Blaukraut, Klößen, Pommes oder Bratkartoffeln", zählt sie auf. Dazu kämen die Soßen. "Wenn der Kunde die Qualität haben will, muss ich alles separat verpacken."

"Für uns ist es beschwerlich. Weil wir einfach nicht wissen, wie wir so vorgehen, dass der Kunde zufrieden ist, sein Essen warm bekommt und es seine Qualität hält." Immerhin hänge der Erfolg an der Zufriedenheit der Kundschaft, zu der auch viele Stammgäste gehörten. Auch die Beschaffenheit der Dosen stellt Palmer noch vor Rätsel: "Sind sie robust? Nehmen sie Gerüche an? Plastikgeschirr kann sich mit der Zeit vom Blaukraut verfärben. Man macht sich so viele Gedanken", so die Gastronomin.

"Woher weiß ich, dass es meines ist?" Chefin der "grünen Au" rätselt über Pfand-System 

Ein großes Thema sei auch die Hygiene. "Das ist uns sehr wichtig. Das Geschirr kommt zu verschiedenen Haushalten und nicht jeder Haushalt ist, wie man es sich wünschen würde. Man weiß nicht, wie die Leute mit dem Geschirr umgehen." Nach dem Spülen in der Maschine mit 100 Grad müsse man jedenfalls sicher sein, dass "es für den nächsten Gast sauber ist", erklärt sie. 

Dann seien da noch die Frage nach den Kosten für das Restaurant und die Sache mit dem Pfand - "zusätzliche Unkosten für den Kunden", wie Palmer es beschreibt. "Wenn in Erlangen zehn Gastronomen das gleiche Geschirr haben, woher weiß ich, dass es meines ist, wenn ich es vom Kunden zurückbekomme? Bekomme ich es zurück, oder kriegt es ein anderer? Irgendwann habe ich gar keines mehr."

Palmer betont: "Man muss sich mit dem Thema auseinandersetzen, weil es die Zukunft ist. Wir werden es in kürzester Zeit auch anbieten und die Kunden können dann wählen." Die Erlanger Restaurant-Chefin erwarte sich daher mehr Klarheit bei einer Informationsveranstaltung im Februar, die von einem Großhandels-Supermarkt angeboten werde. Dann wolle das Team vom "Zur grünen Au" das neue Geschirr erst einmal gründlich testen.

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