Klaus Becker aus Herzogenaurach macht sich für ein Schienensystem stark, das Personen- und Güterverkehr über Kontinente hinweg problemlos ermöglichen würde. Derzeit sind unterschiedliche Spurweiten der Gleise das Hindernis.
Seit mehr als zehn Jahren hat Klaus Becker aus Herzogenaurach einen Traum, den er auch im wohlverdienten Ruhestand noch mit viel Ehrgeiz verfolgt. Sein Ziel ist es, zusammen mit seinen Freunden aus dem In- und Ausland sowie der Unterstützung durch Martin Kastler, Mitglied des Europäischen Parlaments, die Zugverbindungen im europäischen und asiatischen Raum zu vereinfachen.
Sein Traum heißt "Tri-Express", weil damit der Warenhandel, aber auch der Personentransport, auf Schienen über drei Kontinenten ohne große Hindernisse kostengünstig möglich wäre. Ziel müsse es sein, vor allem die Beförderung von Gütern auf den Gleisen finanziell wieder attraktiver zu machen.
Dies würde letztendlich dazu beitragen, den Schwerkraftverkehr auf den Straßen in Europa zu reduzieren und so den Verkehrsfluss zu optimieren.
Der Grund, weshalb dies nicht möglich ist, liegt an den verschiedenen Spurweiten der Bahngleise in den einzelnen Ländern. Fängt man in Spanien an und endet in Russland, sind hier drei verschiedene Spurweiten zu überwinden. Spanien hat eine Spurweite von 1668 Millimetern, Frankreich, Deutschland, England sowie viele andere Länder fahren auf 1435 Millimetern, während in Russland und den ehemals russischen Ländern die Spurweite 1520 Millimeter beträgt. Um diese Unterschiede zu überwinden, sind zeit- und personalaufwändige Arbeiten an den Waggons der Züge erforderlich.
Dies zieht erhebliche Wartezeiten nach sich und wirkt sich vor allem beim Gütertransport negativ auf die Kosten aus.
Aktuell werden an den Ländergrenzen, beziehungsweise dort wo sich die Spurweite ändert, mit viel Zeitaufwand die Drehgestelle, das heißt die Räder der Eisenbahnwaggons, gewechselt. Für diese Methode, sie wird vor allem bei Personenzügen angewandt, sind sieben Personen pro Waggon etwa 20 Minuten beschäftigt. Bei Güterzügen wird in vielen Fällen umgeladen, was nicht nur einen erhöhten Zeitaufwand, sondern teilweise auch zu Beschädigungen der Ladung führt.
Um in diesem Bereich Zeit und letztlich auch Geld zu sparen, wurde die automatische Spurweitenverstellung entwickelt. Dadurch können Zeit und Kosten, bei Güterzügen vor allem für das Umladen, eingespart werden. In den Jahren 2001 bis 2003 wurde in Polen eine automatische Spurweitenverstellung praktisch getestet.
In diesem Zeitraum fuhr an ungeraden Tagen ein Personenzug von Warschau nach Vilnius in Litauen und an geraden Tagen in umgekehrter Richtung.
Zum Einsatz kam hier das System "SUW 2000", hergestellt von einer polnischen Firma, berichtet Klaus Becker. Dieses System sorgte dafür, dass die Umstellung vom europäischen auf das 85 Millimeter breitere russische Schienennetz ohne großen Zeitverlust erfolgte. Hierzu fuhren die Züge mit etwa 30 Stundenkilometern über eine Vorrichtung im Schienenbereich, welche die Spurweite der Waggons automatisch auf die neue Spurweite einstellte. Lediglich die Lokomotive musste weiterhin gewechselt werden. Leider wurde zwischenzeitlich, nach dem Konkurs der Herstellerfirma des Systems "SUW 2000", der Zugbetrieb zwischen den beiden Städten wieder eingestellt, weiß Becker, der beruflich mit dieser Herausforderung zu tun hatte.
Materialprobleme Er hat die Hoffnung aber noch lange nicht aufgegeben, mit seinem Engagement in diesem Bereich auf Dauer etwas zu bewirken. Auch Deutschland verfügt über ein ähnliches System. Auskunft darüber gab ein Mitarbeiter der Firma "Bochumer Verein Verkehrstechnik GmbH". Wie uns Eberhard Mehle, unter anderem für Öffentlichkeitsarbeit im Bochumer Verkehrsverein zuständig, sagte, gibt es in Deutschland einen Spurwechselradsatz, der vom Bochumer Verkehrsverein im Werk Radsatzfabrik Ilsenburg GmbH gebaut wurde. Der Inhaber der Firma ist auch Inhaber des Patentes für diesen Spurwechselradsatz.
Jedoch gebe es Probleme, diesen Spurwechselradsatz für den praktischen Einsatz zu realisieren. Zum einen fehle es an finanziellen Mitteln, um die Entwicklung voranzubringen, und zum anderen gebe es Materialprobleme.
Testfahrten in Skandinavien zeigten, dass der Verschleiß in den beweglichen Teilen nicht akzeptabel ist. Das System sei vom Grundgedanken her sehr gut, und die Materialprobleme seien in den Griff zu bekommen, meinte Mehle. Die größten Probleme blieben die Finanzierung sowie die Herstellungskosten. Diese liegen etwa beim 2,5-fachen Preis der Herstellungskosten eines normalen Radsatzes. Sollte sich ein finanzstarker Investor finden und der Spurwechselradsatz käme zum Einsatz, wäre ein Bahnverkehr von Frankreich bis China möglich, und dies ohne große Wartezeiten für den Umbau der Drehgestelle, beziehungsweise beim Umladen der Waren im Güterverkehr.
Ganz aus dem Rahmen fällt dabei Spanien, als einziges Land fahren dessen Züge auf einer Spurweite von 1668 Millimeter. Technisch ist der Einsatz des Spurwechselradsatz jedoch auf allen Spurweiten möglich, weiß Klaus Becker.
Dieses Thema passt seiner Meinung nach sehr gut in das aktuelle Konzept der Regierungen und des Europäischen Parlaments. "Mehr Güter auf die Schiene und weg von der Straße!"
Für die Finanzierung sind die jeweiligen Regierungen oft nur zum Teil zuständig und können nur die Rahmenbedingungen schaffen. Für Becker bleibt zu hoffen, dass die vorhandenen technischen Möglichkeiten, durch finanzielle Unterstützungen, zum Beispiel durch das Europäische Parlament, auch genutzt werden können. Der Gütertransport und somit das Chaos und die Staus auf der Straße werden immer mehr. Daran wird sich auch beim Einsatz von sogenannten Lang-Lkw beziehungsweise Megatrucks, oder den mehrspurigen Ausbau der Autobahnen nicht viel ändern, ist sich Becker sicher. Es sei nicht neu, das auf der Schiene, mit wesentlich weniger Aufwand mehr Güter transportiert werden können als auf der Straße.
Zu guter Letzt wünscht sich der Herzogenauracher - sollte die Stadt-Umland-Bahn einmal nach Herzogenaurach fahren -, dass sie auf einer Spurweite von 1435 Millimetern fährt. Dadurch könnten die Schwertransporte für die regionale Industrie dann per Bahn über die Schiene abgewickelt werden. Bestes Beispiel hierfür sei Dresden, wo das Ganze bereits in die Realität umgesetzt wurde.