Corona-Impfung für Kinder sinnvoll? Erlanger Immunologe fällt ein klares Urteil
Autor: Ralf Welz
Erlangen, Mittwoch, 09. Juni 2021
Der Erlanger Immunologe Christian Bogdan sieht aktuell keinen Grund, Kinder und Jugendliche generell gegen Covid-19 zu impfen. Im Gespräch mit inFranken.de verrät er, warum.
Sollen Eltern ihre Kinder gegen Corona impfen lassen - ja oder nein? Vor dieser Frage stehen vermutlich nicht wenige Erziehungsberechtigte, seit der Covid-19-Impfstoff von Biontech europaweit auch für Zwölf- bis 15-Jährige zugelassen worden ist. Eine generelle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zur COVID-19-Impfung von Kindern und Jugendlichen gibt es bislang nicht.
Der Grund: Bislang existieren hierfür zu wenige Daten. "Ohne eine ausreichende Datengrundlage ist es schwierig, eine Empfehlung auszusprechen", sagt Prof. Dr. med. Christian Bogdan, Direktor des Instituts für Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der FAU Erlangen-Nürnberg und des Universitätsklinikums Erlangen, inFranken.de. Der Immunologe ist seit 2011 Mitglied der am Robert-Koch-Institut angesiedelten Stiko.
Erlanger Immunologe erklärt: Darauf kommt es bei einer Corona-Impfung von Kindern an
Die Stiko entwickelt Impfempfehlungen für Deutschland und berücksichtigt dabei laut eigenen Angaben den Nutzen für das geimpfte Individuum, aber auch positive Effekte für die gesamte Bevölkerung. Die Kommission wird aller Voraussicht nach erst einmal keine allgemeine Empfehlung für eine Covid-19-Impfung von Kindern und Jugendlichen aussprechen - eine endgültige Entscheidung wird noch in dieser Woche erwartet. Gegenüber inFranken.de erklärt der Erlanger Immunologe Christian Bogdan, welche Aspekte bei einer Impfempfehlung generell zu beachten sind.
Professor Bogdan zufolge sind in Bezug auf eine Corona-Impfung von Kindern und Jugendlichen gleich mehrere Gesichtspunkte von Bedeutung. "Es geht zunächst immer um die Frage: Wie gefährlich ist eine Infektion für die jeweilige Gruppe in der Gesellschaft?", erläutert er. Ein weiterer Punkt liege im sogenannten Nutzen-Risiko-Verhältnis. Die entscheidenden Fragen hier: "Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu erkranken, schwer zu erkranken - zum Beispiel Aufnahme in einer Intensivstation - oder gar zu versterben? Wie hoch ist die Wirksamkeit einer Impfung bei Kindern und Jugendlichen? Und welche Erkenntnisse gibt es zur Sicherheit der Impfung in dieser Altersgruppe?"
Inwieweit durch die jeweilige Impfung Dritte geschützt werden, spielt laut Bogdan eine untergeordnete Rolle. Das Hauptziel ist demnach der eigene Schutz. "Grundsätzlich sollte es so sein, dass eine Impfung immer zum Nutzen und Wohle des Geimpften ist", sagt er.
Mediziner: Derzeit kein Grund, Kinder generell gegen Covid-19 zu impfen
Bogdan sieht derzeit keinen Grund, Kinder und Jugendliche generell gegen Covid-19 zu impfen, da deren Risiko an Covid-19 schwer zu erkranken extrem gering ist. Er rät indessen: "In der jetzigen Situation wird es sicher so sein, dass sich Eltern mit ihrem Arzt respektive Kinderarzt in einem vertraulichen Gespräch zusammensetzen." In diesem Rahmen könne am besten erörtert werden, ob das Risiko einer möglichen Corona-Infektion bei dem betreffenden Kind zum Beispiel in Folge von bestehenden Grunderkrankungen höher ausfalle.
Bestseller: FFP2-Masken bei Amazon anschauenFür eine allgemeine Empfehlung einer Covid-19-Impfung von Kindern und Jugendlichen liegen indessen - wie eingangs erwähnt – noch zu wenige Daten in Hinblick auf die Impfstoffsicherheit vor. Zwar werden in den USA und in Kanada schon seit mehreren Wochen Kinder ab zwölf Jahren mit dem Biontech-Impfstoff geimpft. Die Zulassung des Impfstoffs in den USA und durch die Europäische Arzneimittelbehörde basiert jedoch auf der Impfung von lediglich 1131 Kindern und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 15 Jahren, die nach der Impfung für maximal zwei bis drei Monate nachverfolgt wurden.