Bei Zeckern erzählen Grabsteine Geschichten

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Christiane Kolbet (l.) steht vor dem Grabstein von Ludwig Wassermann, dem letzten, der auf dem Judenfriedhof gesetzt wurde. Foto: Pauline Lindner
Christiane Kolbet (l.) steht vor dem Grabstein von Ludwig Wassermann, dem letzten, der auf dem Judenfriedhof gesetzt wurde. Foto: Pauline Lindner
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Christiane Kolbet führt im Auftrag des Tourismusvereins Karpfenland Aischgrund über den jüdischen Friedhof in Zeckern. Er wurde nachweislich zwischen 1600 und 1936 genutzt. Im benachbarten Adelsdorf gab es eine große jüdische Gemeinde.

Ludwig Wassermann, verstorben am 31. Oktober 1936. So lautet die Grabinschrift auf dem letzten Stein, der auf dem Zeckerner jüdischen Friedhof aufgestellt wurde. In Adelsdorf war es jahrhundertelang üblich, dass auch die christlichen Nachbarn ihre jüdischen Mitbürger auf dem letzten Weg begleiteten. Doch 1936 wagten sie es, drei Jahre nach der Machtergreifung Hitlers, nicht mehr. Allerdings versteckten am 11. November 1938 mutige Nachbarn den jüngsten Sohn des Verstorbenen auf ihrem Heuboden.
Seit über 20 Jahren befasst sich Christiane Kolbet mit Adelsdorfs Juden. Sie stellten Anfang des 19. Jahrhunderts ein Drittel der rund 900 Einwohner. Durch die Dorfordnung von 1515 ist nachgewiesen, dass jüdische Familien ansässig waren. Bis 1942. Für die letzten Familien, die nach Izbica bei Lublin in Polen deportiert wurden und deren Spuren sich in den Vernichtungslagern verlieren, steht am Eingang des "Guten Orts", wie jüdische Friedhöfe genannt werden, ein Grabstein für alle.
Er wurde 1999 errichtet, nicht zuletzt auf Wunsch der letzten noch in Adelsdorf geborenen Juden. "Berthold und Siegfried Rindsberger, heute Baruch und Shlomo Ron, fanden die Grabsteine ihrer Großeltern und noch Generationen zurück, aber nicht die ihrer Eltern", berichtete Kolbet bei ihrer ersten Führung in Zusammenarbeit mit "Karpfenland Aischgrund".

Manche Steine wurden versetzt

Der Friedhof am Zeckerner Judenweiher ist einer der größten in ganz Bayern und der älteste in der Region. Bestattungen fanden nachweislich zwischen 1600 und 1936 statt. Belegpläne sind nicht erhalten, und auch nicht alle Grabsteine stehen an ihrem ursprünglichen Platz. Dennoch spiegelt das "Haus der Ewigkeit" die lange Geschichte der Juden in Adelsdorf wider.
Gisela Naomi Blume, die die Grabmale und Inschriften des Fürther jüdischen Friedhofs erfasst hat, hat in diesem Jahr auch eine ganze Reihe von Zeckerner Grabstätten inventarisiert. Sie entdeckte auch den ältesten (lesbaren) Stein für Hendele, die Tochter des Gerschon, die am 8. Mai 1600 begraben hier wurde. Ihr Grabstein steht heute nahe am Tahara-Haus, dem Gebäude, in dem der Tote vor der Bestattung gewaschen wurde.
Nicht gefunden haben Blume und Kolbet das Grabmal für Abraham Löb Stein, der 30 Jahre in Adelsdorf als Rabbiner wirkte und hier 1846 starb. Sein Sohn Löb/Leopold Stein hat in Gedichtform den Segen des Vaters für seine Familie am Sterbebett aufgezeichnet. Stein junior bekleidete später eine bedeutende Rabbinerstelle in Frankfurt.
Er und wahrscheinlich auch die drei anderen jungen jüdischen Männer, die im frühen 19. Jahrhundert studieren konnten und Rabbiner wurden, wurden vom katholischen Pfarrer in Latein unterrichtet und so auf den Besuch des Gymnasiums vorbereitet. "Es gab damals um 1820 gute Beziehungen zwischen den Geistlichen beider Religionen; insgesamt lebten die Adelsdorfer einträchtig und in gutem Einvernehmen zusammen", weiß Kolbet aus ihrem Studium der gemeindlichen Archivalien.
Besondere Beachtung verdient auch der Grabstein von Beile Marschütz, verstorben 1847. Wegen des reichen Schmucks: Die Weinrebe als Zeichen der Fruchtbarkeit weist darauf hin, dass die Tochter eines Schnaittacher Rabbiners ihrem Ehemann Moses zehn Kinder geboren hatte. Zwei Säulen, symbolische Tempelsäulen, weisen sie als "Stütze des Judentums" aus. Die Krone, abgeleitet von der Keter Thorah, der Thorakrone, die die Schriftrollen schmückt, steht für die Frömmigkeit und Gottesgelehrtheit auch bei dieser Frau. Das betont als letztes Zeichen auch das eingemeißelte Auge. Es steht für den Spruch: "Die Frommen sind in den Augen Gottes." Aus der Familie Marschütz gingen viele jüdische Lehrer hervor, und der Urenkel der Beile gründete die Hercules-Fahradfabrik in Nürnberg.