Vor einer steigenden Zahl von Flüchtlingen appelliert Landrat Irlinger an Gemeinden und Kirchen, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Auch Privatunterkünfte helfen weiter.
Die Zahl der im Landkreis Erlangen-Höchstadt untergebrachten Asylbewerber nähert sich inzwischen der 200er Marke. Tendenz weiter steigend. Der Kreis hat die Aufgabe, die Flüchtlinge unterzubringen. Landrat Eberhard Irlinger (SPD) schlägt einmal mehr Alarm. Er richtet "zum wiederholten Mal" einen dringenden Appell an Kirchen und Gemeinden, nach Immobilien zu schauen und das Landratsamt bei der Suche nach Unterkunftsmöglichkeiten zu unterstützen.
Für Irlinger und seine Mitarbeiter wird es immer schwieriger, "in einer Region, die keinen Wohnraum leer stehen hat", Obdach für Asylbewerber zu finden. Neben der vom Bezirk betriebenen großen Gemeinschaftsunterkunft in Höchstadt hat der Landkreis bereits in vier Gasthöfen Zimmer angemietet, in denen Flüchtlinge auf ihre Anerkennung oder Abschiebung warten.
Die ersten Privatquartiere sind ebenfalls schon angemietet.
"Wir brauchen immer mehr Quartiere, die Menschen haben es verdient", sagt der Landrat.Er fordert alle Bürger auf, bei der Suche nach Herbergen für Asylbewerber zu helfen. Leer stehende Gewerberäume seien ebenso brauchbar wie Grundstücke, auf denen Wohncontainer möglich wären. Irlinger hofft, dass er nicht einmal übergangsweise Asylbewerber in Turnhallen unterbringen muss.
Der Appell an Gemeinden und Kirchen sei bisher allerdings weitgehend verhallt. Irlinger: "Der Rücklauf ist sehr tröpfelnd."
"Der Staat verhält sich zu defensiv, er müsste sich mehr um neue Gemeinschaftsunterkünfte kümmern", klagt der Landrat.
Und es müssten von staatlicher Seite auch die Kosten für die Betreuung der dezentral untergebrachten Asylbewerber übernommen werden. Darauf bleibe bisher der Landkreis sitzen. Irlinger hat eine klare Forderung: Der Kreis stellt das Betreuungspersonal, der Staat übernimmt dafür die Kosten.
Für die Betreuung der dezentral untergebrachten Flüchtlinge hat das Landratsamt eine Halbtagsstelle eingerichtet, die der Landkreis alleine finanziert. Doch diese Halbtagskraft stößt bei immer mehr dezentral untergebrachten Flüchtlingen an ihre Grenzen. Eine optimale Betreuung werde da immer schwieriger, stellt Landrat Irlinger fest.
Trotzdem muss der Kreis bei jedem halbwegs akzeptablen Angebot zugreifen. Laut Irlinger stehen weitere Mietverträge über Privatwohnungen in Eckental und Höchstadt vor dem Abschluss.
In die ehemalige Hausmeisterwohnung der alten Grundschule in Hammerbach werden ebenso bald Flüchtlinge einziehen wie in Räume im Pfarramt St. Josef in Niederndorf. In Herzogenaurach ist die Aufstellung von Wohncontainern geplant.
Für die Aufnahme von Asylbewerbern kommen für das Landratsamt "sämtliche für Wohnzwecke zugelassenen privaten Räume" in Betracht. Jedem Bewerber sollten sieben Quadratmeter Wohn- oder Schlafraum zur Verfügung stehen - für jede Wohneinheit auch eigene sanitäre Einrichtungen. Die Miete sei grundsätzlich Verhandlungssache, teil der Landrat mit. Als Grundlage könne von sechs Euro pro Quadratmeter ausgegangen werden, je nach Wohnungszustand und dem Ort der Wohnung.
Der Landrat appelliert an die Bürger, keine Vorbehalte oder Berührungsängste gegenüber den Flüchtlingen zu haben.
Dass solche unbegründet seien, bestätigt Gremsdorfs Bürgermeister Waldemar Kleetz. Er beherbergt in seiner Gemeinde Flüchtlinge aus Russland und Serbien und kann nur von Sprachproblemen berichten, weil seine Gäste nur ihre Heimatsprachen beherrschen.
Mit 44 in zwei Gasthöfen untergebrachten Flüchtlingen habe Heßdorf eine relativ hohe Quote, stellt Bürgermeister Horst Rehder (BB) fest. Er meidet das Wort Asylbewerber und spricht eher von Gästen. Mit ihnen gebe es im Ort keine Probleme. Dies rechnet der Bürgermeister in erster Linie dem ehrenamtlichen Helfernetz an, das sich schon mit der Ankunft der ersten Flüchtlinge in Heßdorf gebildet hat.
Die Helfer seien auch das Sprachrohr der Gäste, stellt Rehder fest. Das große Engagement der ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuer führe in Heßdorf auch dazu, dass die Bürger ihre neuen
Mitbewohner immer mehr akzeptieren. "Sie haben ein Recht darauf, hier zu sein", sagt der Bürgermeister. Kritik übt er nur an der Betreuung von staatlicher Seite. Die könnte besser sein.
Anfang November im Kreis lebende AsylbewerberHöchstadt 96 in der Gemeinschaftsunterkunft am Lappacher Weg - verschiedene Nationalitäten, überwiegend aus Irak, Iran, Somalia und Äthiopien, eine geringe Anzahl aus Indien, Afghanistan, Aserbaidschan, Pakistan, Kasachstan und der Türkei.
Heßdorf 25 im Gasthof "Zur Linde" - davon kommen 12 aus dem Irak, 10 aus dem Iran, 2 aus Syrien, 1 aus Jordanien.
Heßdorf 19 im Gasthof "Zur Post" - davon kommen 2 aus Äthiopien, 3 aus Rußland, 1 aus Armenien, 1 aus Kasachstan, 5 aus Serbien, 2 aus Afghanistan, 2 aus Jordanien, 2 aus
dem Kosovo, 1 aus Iran.
Möhrendorf 18 im "Landhotel Schützenhof" - davon kommen 4 aus dem Iran, 2 aus Äthiopien, 4 aus der Russischen Föderation, 8 aus Pakistan.
Gremsdorf 13 im "Gasthof Göb" - davon kommen 9 aus Russland, 4 aus Serbien.
Weingartsgreuth 6-köpfige Familie aus Syrien im evangelischen Gemeindehaus.