So wird das Konzert zum neuen Jahr mit dem Philharmonischen Orchester zur spannenden musikalischen Entdeckungsreise nach Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark.
Augen zu, die Reise kann beginnen. Weiche Flötenklänge in ruhig fließenden Achteln, dann übernimmt die Oboe die Melodie mit ihren zarten Vorschlagnoten und einer Sechszehntelverzierung, dazu spielen die Streicher im Pianissimo schwebende Akkorde. Unverkennbar: Edvard Griegs "Morgenstimmung", der Eröffnungssatz seiner ersten "Peer Gynt"-Suite. Ein Klanggemälde mit hohem Wiedererkennungseffekt - bestens geeignet also für ein Programm, das mit dem Etikett "Nordisch" lockt.
Mit seinem Konzert zum neuen Jahr verspricht das Landestheater wieder einmal eine Klangreise. Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark sind das Ziel, das Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig mit dem Philharmonischen Orchester ansteuert.
Sogar Richard Wagners "Fliegender Holländer" lässt sich ohne Mühe in dieses klingende Szenarium einfügen. Schließlich handelt die sturmumtoste Oper des jungen Komponisten von einem norwegischen Seemann und dessen Tochter Senta, die sich in den ruhelosen Titelhelden verliebt.
Zum Auftakt des Abends im Kongresshaus also Griegs überaus populäre "Peer Gynt"-Suite, die schon manchen Missbrauch in diversen Werbefilmchen hat erdulden müssen. Kluttig und das Philharmonische Orchester aber spielen diese Musik gänzlich unverbraucht frisch - zart abgetönt in den Klangfarben, fein differenziert in der Dynamik.
Heikle Akustik im Kongresshaus Wasserschaden im Landestheater, Notfallspielpläne, abgesagte Opernvorstellungen, wochenlange Ungewissheit, wie es weitergeht - alles scheint völlig vergessen schon bei den ersten Klängen dieser Grieg-Suite. So konzentriert, so engagiert verwandelt das Philharmonische Orchester die gestalterischen Impulse seines Chefdirigenten in Klang.
Mit der Ballade der Senta aus Wagners "Holländer" werden dann aber die akustischen Grenzen des Kongresshauses unüberhörbar deutlich, das bei den Überlegungen zu eventuellen Ausweichspielstätten während der anstehenden Generalsanierung des Landestheaters immer wieder mal genannt wird. Dem massiven Aufgebot an Blechbläsern samt Schlagwerk ist der Festsaal jedenfalls kaum gewachsen, auch wenn Roland Kluttig das Orchester keineswegs hemmungslos laut musizieren lässt.
Zart schwebende Klänge Die amerikanische Sopranistin Celeste Siciliano, derzeit als Amelia in Verdis "Maskenball" zu Gast am Landestheater, bewältigt diese Ballade mit ausladender Stimmentfaltung und intensivem Ausdruck. Das warme Timbre ihres jugendlich-dramatischen Soprans entfaltet sich dann in der Arie der Amelia aus dem "Maskenball" dennoch deutlich vorteilhafter. Wie jedoch passt Verdi zum Etikett "nordisch"? Ganz einfach durch das "Maskenball"-Libretto. Schließlich spielt diese Oper am Hofe des schwedischen Königs.
Zwischen Wagner und Verdi aber bleibt Raum für den "Valse Triste" von Jean Sibelius - vom Philharmonischen Orchester mit zart schwebenden Klängen musiziert.
Wenn die Lerche auf der Geige singt Zarte Klänge dann auch in der Violin-Romanze "The Lark Ascending" (Die aufsteigende Lerche) des britischen Komponisten Ralph Vaughan Williams, den Roland Kluttig mit einer entwaffnend einleuchtenden Erklärung in dieses nordische Programm geschmuggelt hat: Die neblige britische Musik passe doch wunderbar in den Norden. Megumi Ikeda, koordinierte 1. Konzertmeisterin des Philharmonischen Orchesters, zaubert den schwirrend hohen Gesang der Lerche mit süß singendem Geigenton in den Raum.
Reizvolle Farbmischungen Impressionistische Farbtupfer, folkloristische Fiddel-Klänge und spätromantische Einflüsse vermischen sich in der "Dala Rhapsodie" des 1872 geborenen, 1960 gestorbenen schwedischen Komponisten Hugo Alfvén. Dass sich nordische Musik keineswegs auf dunkle, verhangene Farben reduzieren lässt, beweist die "Aladdin"-Suite des dänischen Komponisten Carl Nielsen. Vier ausgewählte Sätze faszinieren vielmehr durch ihren exotisch angehauchten Farbenreichtum - vom "Orientalischen Festmarsch" bis zum "Afrikanischen Tanz".
"Orientalischer Festmarsch" Mit virtuosem Schwung, sicherem Stilgefühl und präzisem Zusammenspiel beeindruckt das Philharmonische Orchester unter Kluttigs souverän gestaltender Leitung.
Kein Wunder, dass das Publikum Orchester und Dirigent erst nach einer Zugabe vom Podium lässt - der Wiederholung des "Orientalischen Festmarsches". Damit aber wird dieses Konzert zum rundum gelungenen Auftakt des neuen Theaterjahres - ein Auftakt, der hohe Erwartungen weckt.