Die beiden Mehrgenerationenhäuser der Region sind wahre Ideenlabore für freiwilliges Engagement.
Mittendrin im Leben, mittendrin in den Kommunen, mittendrin in den großen Themen unserer Zeit: Die beiden Awo-Mehrgenerationenhäuser in
Coburg und Bad Rodach stellen sich seit über zehn Jahren den Herausforderungen des demografischen Wandels.
Es sind oft die kleinen Dinge, die den Alltag einfacher machen. Und dennoch müssen auch die organisiert, gestemmt und verwaltet werden. Mit den Mehrgenerationenhäusern, die in beiden Fällen aus Seniorenbegegnungsstätten entstanden sind, konnten Strukturen übernommen und Erfahrungen eingebracht werden. Der wesentliche Unterschied liegt im Miteinander von alt und jung, im Dialog der Generationen. Denn nur gemeinsam über alle Grenzen hinweg kann die überalterte Gesellschaft der Zukunft ihren Aufgaben gerecht werden.
Ein wichtiger Pfeiler ist dabei das Ehrenamt.
Mehr als 300 Ehrenamtliche engagieren sich mittlerweile im Coburger Mehrgenerationenhaus - allein das Caféhausteam besteht aus 22. Der Helferkreis der Fachstelle für pflegende Angehörige, die im Haus am Oberen Bürglaß 3 mit untergebracht ist, besteht aus 155 Menschen.
Ob Gedächtnistraining oder Boule, Englisch für Anfänger oder Aquarellmalen, die Angebotspalette ist so vielfältig wie die Ideen, Talente und Begabungen der Menschen, die ihre Zeit zur Verfügung stellen. "Im Moment ist das Feiern von Kindergeburtstagen zu einem bestimmten Motto sehr beliebt", erzählt Liane Blietzsch, die Leiterin des Hauses in Coburg. Caféhausdamen schmücken dafür den Raum, in dem bis zu zehn Kinder feiern können. Danach wird gespielt oder eine Gruselführung in den Gewölbekeller gemacht. Kaffee und Getränke sind im Preis von 65 Euro inbegriffen, Kuchen können die Eltern mitbringen.
"Es ist unglaublich, wie viel Spaß den Seniorinnen die Beschäftigung mit den Kindern macht", sagt die Sozialpädagogin. Wenn jung und alt aufeinandertreffen und gemeinsam am PC sitzen, kochen oder spielen, manchmal auch politisieren, sei es besonders spannend, die Atmosphäre besonders angenehm.
Die 80-jährige Herta K. bringt ihre Erfahrungen mit dem Treff auf den Punkt: "Es werden so viele zufällige Kontakte zu Freundschaften, es lösen sich Probleme durch Gespräche, aus Einsamkeit wird Gemeinschaft, aus Hilflosigkeit Tatendrang."
Auch in Bad Rodach ist das Mehrgenerationenhaus in der Kirchgasse 4 ein Begegnungsort für alle Generationen und Nationen. "Wir haben fünf Tage die Woche für 41 Stunden geöffnet", sagt Nicole Voigt und führt durch das Haus, in dem die Räume schon seit einiger Zeit zu klein geworden sind. Über 2000 Veranstaltungen fanden im vergangenen Jahr dort statt.
Das gemütliche Café könnte etwas mehr Tische gebrauchen. Doch ein Umzug in den Turnraum zerstört die heimelige Atmosphäre. "Unsere Bürger fühlen sich hier schon sehr wohl", weiß die Sozialpädagogin. Immerhin engagieren sich auch hier über 100 Ehrenamtliche. Es gibt Strick-Girls, Lesepaten, SeniorTrainer, Tagesmütter und die Rollatorgruppe, um nur ein paar zu nennen. Im Hinblick auf die Arbeit der Ehrenamtlichen im Mehrgenerationenhaus nannte Rainer Mayerbacher, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises die Einrichtung "eine Goldgrube für die Kommune".
Alles das kostet Geld
Neben den Kursangeboten bietet der Treff in Bad Rodach aber auch verschiedene Dienstleistungen an: Begleitung bei Arztbesuchen oder beim Einkaufen, Unterstützung bei der Gartenarbeit oder Kinderbetreuungsangebote in Randzeiten.
"Beratungsgespräche und die Vernetzung mit Kooperationspartnern ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit", erläutert Nicole Voigt.
Sowohl Coburg als auch Bad Rodach leisten einen wertvollen Beitrag durch die Begleitung von verschiedenen Projekten mit Flüchtlingen, Migranten und Berufsrückkehrern. Die Entwicklung und Betreuung von alternativen Wohnformen ist eines der Steckenpferde in Coburg. Doch all das kostet natürlich Geld. Bisher wurden die Mehrgenerationenhäuser mit 30 000 Euro jährlich aus Bundmitteln und mindestens 10 000 Euro von der Kommune unterstützt. Gedeckt hat das die Kosten jedoch nicht. Allein 2015 musste der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband ein Defizit von 5370 Euro in Bad Rodach finanzieren.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend startet am 1. Januar 2017 ein neues Bundesprogramm zur Förderung von Mehrgenerationenhäusern in Deutschland.
"Für das neue Bundesprogramm, das zunächst bis 2020 laufen soll, ist ein möglichst umfangreicher Erhalt der bisherigen Standorte und Trägerstrukturen beabsichtigt," heißt es auf der Seite des Ministeriums.
Zwei Häuser - jede Menge Angebote
MGH Coburg seit 2008
Inhalte Begegnungsstätte, Generationenprojekte, Fachstelle für pflegende Angehörige - außerdem: Wohnprojekt Wilna in der Pettenkofer Straße und das Projekt "Zusammen leben"
Ehrenamt Über 300 Ehrenamtliche engagieren sich im Haus, allein 155 sind im Helferkreis der Fachstelle für pflegende Angehörige
In Zahlen 2015 kamen 32 433 Besucher ins Haus. Den Mittagstisch nutzten 5810, 5855 die Caféteria.
Es wurden 18 666 Veranstaltungen durchgeführt.
Kontakt Awo-Mehrgenerationenhaus, Oberer Bürglaß 3, Coburg, Telefon 09561/94415. www.awo-treff-coburg.de
MGH Bad Rodach seit 2006
Inhalte zentraler Begegnungsort für alle Generationen und Nationen, Anlaufstelle für alle Bad Rodacher, Znetrum für Ehrenamt, Partner für Beschäftigungsmaßnahmen für Berufsrückkehrer.
Ehrenamt Über 100 Ehrenamtliche leisteten 3582 Stunden. Würde dies eine hauptamtliche Angestellte übernehmen müssen, würde dies mit etwa 71 000 Euro zu Buche schlagen.
In Zahlen 8951 Personen besuchten das MGH in Bad Rodach im Jahr 2014. 2138 Veranstaltungen fanden statt.
Kontakt Awo-Mehrgenerationenhaus, Kirchgasse 4, Bad Rodach, Telefon 09564/ 804844. www.awo-coburg.de