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Wieso kriegen wir Feiertage nicht ersetzt?


Autor: Cindy Dötschel

Coburg, Montag, 27. Dezember 2021

In anderen Ländern werden Feiertage nachgeholt, wenn sie auf ein Wochenende fallen. Wir haben Experten in Coburg gefragt, warum das bei uns auch 2022 nicht so ist.
Im kommenden Jahr fällt der 1. Mai auf einen Sonntag. Arbeitnehmer bekommen am Folgetag trotzdem nicht frei.


Der 1. Mai, der 3. Oktober sowie der 25. und 26. Dezember haben in diesem Jahr eines gemeinsam: sie fallen auf ein Wochenende. Für den Großteil der Arbeitnehmer bedeutet das den Wegfall von gleich vier eigentlich freien Arbeitstagen. Doch das ist nicht überall so: in mehr als 85 Ländern weltweit gibt es eine Kompensationsregelung für Feiertage, die auf einen Sonntag fallen. Die freien Tage werden dann, unter anderem in Großbritannien, Belgien, Polen und Frankreich nachgeholt.

Fünf am Wochenende

Dass fünf der insgesamt 13 Feiertage in Bayern auf ein Wochenende fallen, ist nur selten der Fall. "Es gibt arbeitnehmer- und arbeitgeberfreundliche Jahre. Das gleicht sich wieder aus", sagt Matthias Klar, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg. Er gibt zu bedenken, dass ohnehin nicht alle Arbeitnehmer an den Feiertagen zuhause bleiben können. "Wer in der Gastronomie, in der Pflege oder bei der Polizei arbeitet, ist auch an Wochenenden und Feiertagen im Einsatz - die Betroffenen könnten zu Recht sagen, dass sie das Leid der anderen anödet", sagt Klar. Außerdem gebe es noch immer viele Menschen in der Region, die froh wären, wenn sie eine Arbeit hätten.

Die Arbeitswelt im Wandel

Im Laufe der Zeit haben sich die Arbeitswelt und die Bedeutung der Feiertage verändert. "Es war in vielen Bereichen üblich, an sechs Tagen die Woche zu arbeiten. Mit dem zunehmenden Automatisierungsgrad wurde die Produktivität dann immer weiter erhöht", erzählt Klar. Heute ist seiner Einschätzung nach der Beruf für immer mehr Menschen eine Berufung. Wenn Leute miteinander ins Gespräch kommen, wird oft zuerst nach dem Beruf gefragt, weil dieser für immer mehr Menschen eine Berufung sei. "In dem Zusammenhang ist es ein falsches Signal zu überlegen, wie man relativ viel von der Arbeit wegbleiben kann. Viel wichtiger ist es doch, sich zurückzubesinnen, was der Gedanke ist, der dahintersteckt", sagt Klar.

Aus dem Mittelalter

Wenn wir heute über Feiertage reden, müssen wir bedenken, dass diese aus dem Mittelalter kommen, sagt Matthias Klar: "Inklusive der Sonntage war ein Drittel der Tage des Jahres ein Feiertag. " Wie Bezirksheimatpfleger Günter Dippold erklärt, hatten die Feiertage damals und bis ins späte 18. Jahrhundert einen anderen Stellenwert. "Viele Heiligenfeste wurden als arbeitsfreie Tage begangen. Man muss sich klar machen, dass es damals keinen geregelten Urlaub gab. Die reguläre Erholungszeit war von Samstagnachmittag bis Montagmorgen", sagt er. Im Vergleich zu heute sei das, was abhängig Beschäftigte anbelangt, nicht viel gewesen. "Tarife und feste Regelungen sind eine Erscheinung des späten 19. und des 20. Jahrhunderts."

Viele weggefallen

Früher waren die Feiertage Tage, an denen die Arbeit ruhen musste. "Vor allem in der Aufklärungszeit, im frühen 18. und 19. Jahrhundert, wurde das Ganze reduziert", erzählt Dippold von der weiteren Entwicklung. Wenn die Leute dann nicht mehr notwendigerweise ruhen mussten, sollten sie arbeiten. Im 20. Jahrhundert fielen weitere Feiertage weg, darunter viele Heiligenfeiertage. "Durch die Arbeit konnten sich die Leute auch ein gutes Leben und Wohlstand erarbeiten. In der Zeit ist auch die religiöse Bindung zurückgegangen."

Zusätzlich zu den christlichen Feiertagen kamen später Feiertage, wie der Tag der Arbeit am 1. Mai und der Tag der Deutschen Einheit dazu, die nichts mit dem Christentum zu tun haben. "Wenn solche Tage auf den nächsten Werktag gelegt werden, verliert das Ganze seinen Sinn. Der ursprüngliche Gedanke geht verloren. Ich erinnere mich am Tag der deutschen Einheit immer an meine Kindheit zurück", sagt Matthias Klar.

Vergleichsweise viele Urlaubstage

Ähnlich äußert sich ein Sprecher der IHK zu Coburg: "Grundsätzlich wurden Feiertage eingerichtet mit dem Ziel der Besinnung zu einem Bestimmten, meist religiösen oder historischen, Anlass. Die Freistellung von der Erwerbstätigkeit soll Arbeitnehmern dazu die Möglichkeit geben. Diese Besinnung ist natürlich auch an einem ohnehin arbeitsfreien Tag, beispielsweise Samstag und Sonntag, möglich." Angesichts aktueller Herausforderungen, wie die Digitalisierung, den Mobilitätswandel, die Corona-Pandemie und die zunehmenden Engpässe bei Fachkräften, Energie und Rohstoffen solle das Nachholen von Feiertagen dem Sprecher zufolge nicht an oberster Stelle der Prioritätenliste stehen.

Hohe Arbeitskosten

Weiter wies der Sprecher der IHK zu Coburg darauf hin, dass die Arbeitskosten in Deutschland im internationalen Vergleich sehr hoch seien und durch das Nachholen von Feiertagen noch einmal steigen würden. "Ebenfalls vergleichsweise hoch ist der Urlaubsanspruch deutscher Arbeitnehmer und bei der Zahl der Feiertage ist Bayern im europaweiten Vergleich auf dem zweiten Platz hinter der Slowakei mit 15 Feiertagen", sagt der Sprecher. Weil die Feiertage im Kalender rollieren, fallen in einem Jahr mehr Feiertage auf ein Wochenende als in einem anderen Jahr. Der Effekt gleiche sich also aus. "Zudem gibt es Beschäftigte, beispielsweise in Gastronomie und Hotellerie, die auch an Wochenenden arbeiten und dafür unter der Woche frei haben - ihnen würde das ,Nachholen von Feiertagen" gar nichts bringen."

Anni Schumann-Demetz, Vorsitzende der Ortsvereins von Verdi in Coburg, ist da anderer Meinung: "Ich fände es gut, wenn die Feiertage wie in anderen Ländern nachgeholt werden. Ich glaube nicht, dass das nicht zu finanzieren wäre, ohne dass ich konkret Bescheid weiß. Andere Länder händeln es auch so", sagt sie. Die Tage sind ihrer Meinung nach wichtig für den Ausgleich von der Arbeit.

So planen Sie Ihre Feiertage für 2022 optimal