Weißenbrunn wehrt sich gegen die 380 kV-Trasse

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Bürger aus Weißenbrunn und anderen Stadtteilen Rödentals demonstrieren gegen die 380 kV-Leitung. Fotos: Rainer Lutz
Bürger aus Weißenbrunn und anderen Stadtteilen Rödentals demonstrieren gegen die 380 kV-Leitung. Fotos: Rainer Lutz
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Über 80 Teilnehmer trafen sich zu einer Mahnwache gegen die geplante 380 kV-Leitung am Froschgrundsee. Sie wollen von jetzt an Montags immer an anderer Stelle gegen die Höchststromleitung demonstrieren.

Sie fühlen sich übergangen, ausgetrickst, ja hereingelegt. Die Bürger in Weißenbrunn vorm Wald sind sauer, weil sie das Gefühl haben, mit dem Bau der 380 Kilovolt-Starkstromleitung nahe ihrer Ortschaft vor bereits weitgehend vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Mit einer Mahnwache am Froschgrundsee machten sie ihrem Unmut am Montagabend Luft. Nun sollen weitere solcher "Montagsdemos" folgen.

"Es hieß immer, es sei alles noch in der Schwebe. Dann haben wir überraschend Post von Tennet bekommen, mit der uns mitgeteilt wurde, wo auf unseren Grundstücken Maste hinkommen sollen", schildert Ingrid Ehrlicher den Umgang mit dem Unternehmen, das die Leitung bauen soll. Ehrlicher ist Vorsitzende des Heimat- und Gartenbauvereins, der offiziell als Initiator der Mahnwache auftritt. Die Initiative gegen die Höchststromtrasse habe aber darüber hinaus weitere Unterstützer. Alle lehnen die Trasse grundsätzlich ab.
Denn vom Übergabepunkt an der thüringischen Grenze bei Roth auf der Höh' führt ihrer Meinung nach kein Weg an Weißenbrunn vorm Wald vorbei. Links der ICE-Brücke nicht, weil eine Reiherkolonie gestört wird, rechts nicht, weil die Leitung zu nah am Ort verläuft und nicht unter der Erde, weil der Aufwand nicht zu rechtfertigen sei.

"Die Notwendigkeit der Trasse ist nachzuweisen!", lautete daher eine der zentralen Forderungen der Mahner, die Ute Michel verlas. Sie wollen mehr Berücksichtigung des Gutachtens von Professor Lorenz Jarras, der im Auftrag der Gegner und betroffener Kommunen darlegte, dass die Trasse ganz vermieden werden kann.

Andere Trasse wäre billiger

Sollte kein Weg an einem Bau vorüber führen, dann sei die Osttrasse ernsthaft zu prüfen, die über die Bergdörfer und den Neustadter Raum führen würde. Sie war nach Ansicht der Initiative erstaunlich rasch kein Thema mehr, obwohl sie billiger und weniger schädlich für die Natur sei. Von Mauschelei ist die Rede, mindestens aber davon, dass sich die Politik unzureichend für die Prüfung dieser Linie eingesetzt habe. Der Politik ist die Trasse offenbar wichtig. Sie ist so sehr davon überzeugt, dass sie gebraucht wird, dass mit dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) eine Rechtsgrundlage geschaffen wurde, die es ermöglicht, dass diese und etliche weitere Stromtrassen beschleunigt und mit vordringlichem Bedarf gebaut werden können - mit entsprechend eingeschränkten Möglichkeiten, dagegen zu klagen.

"Tennet kassiert und wir zahlen die Zeche", heißt es auf einem der Plakate, die bei der Mahnwache zahlreich gezeigt wurden. Weil Strom aus Deutschland exportiert wird, das Leitungsnetz durch Gebühren von verschiedenen Nutzern Geld einbringt, Strom heute börsenmäßig gehandelt und europaweit verschoben wird, seien neue Leitungen lukrativ für die Betreiber, so die Vermutung der Gegner. Flexible dezentrale Kraftwerke und Ertüchtigung des bestehenden Netzes könnten die umstrittenen Trassen überflüssig machen, sind die Trassenskeptiker sicher. Dass die Leitungen gebraucht würden, um Öko-Strom von der Küste ins Land zu transportieren, bestreiten die Mahner.

Das Schreckgespenst von Stromausfällen, die ohne die geplante Netzerweiterung drohen, lassen die Gegner nicht gelten. Sie berufen sich auf die schon länger in der Region aktive Initiative "Achtung Hochspannung", deren Sprecherin Annette Martin sie zitieren, wenn sie behaupten, dass Deutschland mehrere Milliarden Kilowattstunden Stromüberschuss produziert. Das Argument, mit einer Bündelung von Strom und ICE-Trasse werde die Natur geschont, wollen die Weißenbrunner nicht mehr hören. Sie wollen Belastungen lieber vermieden oder auf viele Schultern verteilt sehen, statt auf ihren gebündelt. So heißt es dann auch auf einem Plakat: "380 kV, ICE, Stausee, Gebietsreform - wir wissen wie Politik funktioniert." Die nächste Mahnwache soll am Montag, 11. Februar, zwischen Fornbach und Schönstädt stattfinden.