So kommen Ausschnitte aus Georg Friedrich Händels "Messias" und aus Johann Sebastian Bachs "Weinachts-Oratorium" auf die Bühne des Landestheaters.
Was hätte Johann Sebastian Bach dazu gesagt? Zu dem Unterfangen, sein "Weihnachts-Oratorium" als kunterbunten Arien-Querschnitt in einem Theater aufzuführen - ohne Chor und erzählenden Evangelisten, dafür aber in Kombination mit einem ebenfalls bunten Querschnitt aus Händels "Messias". Hätte Bach unwirsch den Kopf geschüttelt - oder sich vielleicht einfach hingesetzt und zugehört?
Denn das, was bei der adventlichen Soiree im Landestheater erklingt, verdient zwar durchaus das Etikett ungewöhnlich, ist aber gleichwohl interessant und hörenswert. Ungewöhnlich schon der äußere Anlass dieses adventlichen Programms.
Weil auf der Bühne des Landestheaters nach dem massiven Wasserschaden Ende Oktober erst im neuen Jahr wieder Opernaufführungen möglich sein werden, haben Mitglieder des Philharmonischen Orchesters und des Theaterchors dieses spezielle Konzert-Konzept entwickelt - ein Konzept, das auch der räumlichen Enge Tribut zollt. Denn der Platz auf der Vorderbühne vor dem Eisernen Vorhang ist knapp.
Musizierende Engel Immerhin lassen sich dann doch knapp zwei Dutzend Mitwirkende unterbringen unter dem Portalbogen, der Zuschauerraum und Bühnenhaus im historischen Musentempel verbindet. Auf den Gesimsen hoch droben sitzen links und rechts musizierende Engel als stumme Zuhörer.
Gemeinsam mit Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig, der eben erst zurückgekehrt ist von der erfolgreichen "Peter Pan"-Uraufführung an der Staatsoper Stuttgart und an diesem Konzertabend im ersten Rang des Landestheaters Platz genommen hat, erleben sie eine interessante und konzentrierte Interpretation der beiden populären Meisterwerke.
Für Lorenzo Da Rio am Dirigentenpult ist diese Soiree so etwas wie eine Rückkehr zu seinen kirchenmusikalischen Wurzeln. Schließlich hat der Coburger Chordirektor zunächst Orgel und Komposition studiert, bevor er schließlich vor gut einem Jahr seine Stelle am Landestheater antrat.
Stilsicher leitet er Orchester und Solisten durch die beiden populären Partituren. Seine Interpretation ist hörbar von den Erkenntnissen der sogenannten historischen Aufführungspraxis inspiriert, ohne freilich dogmatisch streng zu wirken.
"Herr, dein Mitleid" Stets achtet er auf ein transparentes, schlankes Klangbild, aber auch auf eine präzis differenzierte Artikulation. Die fünf Solisten überwiegend aus den Reihen des Theaterchors (Luise Hecht, Emily Lorini, Jan Korab und Martin Trepl sowie Julia Klein) überzeugen dabei durch gestalterische Sorgfalt und die Bereitschaft, immer wieder in einen lebendigen Dialog zu treten mit wechselnden instrumentalen Solostimmen des Orchesters.
Besonders intensiv gelingen das Duett "Herr, dein Mitleid" aus der dritten Kantate des "Weihnachts-Oratoriums" und die Sopran-Arie "Flößt, mein Heiland, flößt dein Name" mit feinsinniger Echowirkung.
Als literarischer Akzent erklingen dazwischen passend ausgewählte Textpassagen aus Thomas Manns Roman "Buddenbrooks", gelesen von Nick-Robin Dietrich. Ausdauernder Beifall für eine hörenswerte Händel-Bach-Soiree.