Wasser-Streit erhitzt die Gemüter

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Diskutierten kontrovers: Reinhold Hüls von der Geschäftsführung Veolia und der Weitramsdorfer Bürgermeister Christian Gunsenheimer (rechts). Simone Bastian, Redakteurin beim Coburger Tageblatt mnoderierte das Streitgespräch. Fotos: Florian hecky
Diskutierten kontrovers: Reinhold Hüls von der Geschäftsführung Veolia und der Weitramsdorfer Bürgermeister Christian Gunsenheimer (rechts). Simone Bastian, Redakteurin beim Coburger Tageblatt mnoderierte das Streitgespräch. Fotos: Florian hecky
Monika Hohlmeier offenbarte ein gewisses Verständnis über die neue EU-Richtlinie.
Monika Hohlmeier offenbarte ein gewisses Verständnis über die neue EU-Richtlinie.
 
Heinz Köhler, der Vorsitzende der Fernwasserversorgung, weiß eigentlich nicht, wofür es die Richtnie braucht. Götz-Ullrich Luttenberger (SÜC-Geschäftsführer) befürchtet, dass die Kommunen nichts mehr in der Hand haben.
Heinz Köhler, der Vorsitzende der Fernwasserversorgung, weiß eigentlich nicht, wofür es die Richtnie braucht. Götz-Ullrich Luttenberger (SÜC-Geschäftsführer) befürchtet, dass die Kommunen nichts mehr in der Hand haben.
 
Das Forum
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Monika Hohlmeier
Monika Hohlmeier
 
Das Interesse in der Hochschule war groß.
Das Interesse in der Hochschule war groß.
 

Experten der Wasserwirtschaft und Politiker diskutierten über den "Kampf ums Trinkwasser" in der Coburger Hochschule. Ängste, Zweifel und Beschwichtigungen lassen Fragen offen.

"Trinkwasser weckt immer Emotionen", formulierte Nadine Deusing treffend, als sie am Freitagabend die Podiumsdiskussion "Der Kampf ums Trinkwasser" von Europe Direct und dem Coburger Tageblatt anmoderierte.
Vor gut 50 Zuschauern diskutierten Monika Hohlmeier (Mitglied des Europaparlaments, CSU), Götz-Ullrich Luttenberger (SÜC-Geschäftsführer), Reinhold Hüls (Geschäftsführung Veolia), Christian Gunsenheimer (Bürgermeister von Weitramsdorf, FW) und Heinz Köhler (Vorsitzender der Fernwasserversorgung Oberfranken und ehemaliges Mitglied des Europaparlaments, SPD) die Sorgen der Menschen und die Konsequenzen der Konzessionsrichtlinie. Hintergrund: Ein Richtlinienentwurf der EU-Kommission sieht vor, Konzessionsvergaben neu zu regeln und öffentliche, europaweite Ausschreibungen vorzuschreiben.
Dies weckt bei vielen die Befürchtung, auch die Trinkwasserversorgung könne dem Wettbewerb geöffnet und zunehmend privatisiert werden.

Steigende Preise und Einbußen bei der Wasserqualität sind die Hauptsorgen, die mittlerweile schon über 1,3 Millionen Menschen in Europa dazu bewegten, die Bürgerinitiative "Right2Water" zu unterstützen. Wasser dürfe nicht zur Handelsware verkommen, sondern müsse ein öffentliches Gut bleiben und die Bereitstellung somit in öffentlicher Hand, argumentieren die Richtliniengegner im Internet.

Die EU-Kommission erklärt hingegen die Notwendigkeit der Richtlinie: "Die Konzessionsvergabe betrifft öffentliche Gelder, die in einer beunruhigenden Reihe von Fällen ohne Transparenz oder Rechenschaftspflicht ausgegeben werden und somit die Risiken der Günstlingswirtschaft, des Betrugs und sogar der Korruption erhöhen".
Die Auffassungen sind kontrovers, es gibt viele offene Fragen, die Verwirrung ist groß, Gefühl und Gespür spielen eine nicht untergeordnete Rolle.


Entwarnung für Coburg

SÜC-Geschäftsführer Luttenberger gab zunächst Entwarnung für Coburg. Die Richtlinie werde hier vorerst nicht von Bedeutung sein, da man noch vor dem Inkrafttreten die bestehenden Verträge verlängern werde - und das auf 20 Jahre Laufzeit. Die Tragweite des EU-Vorhabens möchte er aber nicht unterschätzen: "Es könnte sehr wohl sein, dass es zu Ausschreibungsverfahren kommt und zwar nach bestimmten Spielregeln. Nicht mehr nach freiem Ermessen wie jetzt noch weitgehend". Er fürchte nicht den Wettbewerb an sich, sondern einen Wettbewerb, in dem die Kommunen nichts mehr in der Hand haben.

Warum brauchen wir überhaupt eine solche Richtlinie? "Ich weiß es auch nicht. Eigentlich brauchen wir keine", sagte Heinz Köhler, Vorsitzender der Fernwasserversorgung, beinahe resigniert. Die Kommission habe doch gar keine Kompetenz dafür und man solle besser gemäß dem Subsidiaritätsprinzip auf der untersten zuständigen Ebene entscheiden, nämlich in der Kommune.


Den Teufel selbst ins Haus geholt

Die Europaabgeordnete Monika Hohlmeier hingegen offenbarte ein gewisses Verständnis für die Pläne der EU-Kommission und mahnte mehr Transparenz bei der Konzessionsvergabe an. Einer Privatisierung der Trinkwasserversorgung stehe sie aber entschieden entgegen. Bedauerlicherweise müsse man jedoch eingestehen, dass hierzulande schon viel privatisiert worden ist: "Wir haben den Teufel selbst ins Haus geholt", sagte sie.

Ärgerlich sei, dass die Oberlandesgerichte sogenannte "In-House"-Geschäfte, also Querfinanzierungen in Mehrspartenunternehmen - etwa Stadtwerken - untersagt hätten. Diese Unternehmen könnten - laut Hohlmeier - Aufträge daher nicht mehr einfach an eigene Tochterunternehmen vergeben, sondern seien zur Ausschreibung verpflichtet.


Querfinanzierungen finden statt

Reinhold Hüls, Mitglied der Geschäftsführung von Veolia, einem französischem Großkonzern, widersprach an dieser Stelle. Querfinanzierungen fänden sehr wohl statt. Auch Luttenberger von der SÜC ist aus der Praxis anderes gewohnt: Die Stadt Coburg lasse den Gewinn, der in den lukrativen Geschäftsfeldern Gas, Strom und Wasser erwirtschaftet wird im Unternehmen, dafür kümmern sich die Stadtwerke um den "Unterhalt der Verlustbetriebe", also der Bäder und des Verkehrsbetriebes. Durch diese Differenz aus Gewinnen und Verlusten sinke der Reingewinn, sodass letztlich weniger Steuern anfielen. Wenn gewinnbringende Sparten die verlustträchtigen kompensieren, sei das nichts anderes als eine Querfinanzierung.

Hohlmeier sieht genau darin das mit Recht kritisierte Modell und einen Mangel an Transparenz und rechtfertigt die Richtlinie. "Kommissar Bernier ist ja ein Franzose. Und die Franzosen haben seit jeher eine privatisierte Wasserversorgung, genauso wie England", erklärte Hohlmeier und unterstellte eine gewisse "Neigung, an unser Trinkwasser heranzukommen".

Reinhold Hüls widersprach erneut in zentralen Punkten. So hinke der Vergleich zwischen Frankreich und England. Die Briten haben ihre Wasserversorgung tatsächlich vollständig an Private übertragen, während in Frankreich die Kommunen ihre Konzessionen an private Unternehmen zeitlich befristet vergeben. An Übernahmen und Aufkäufen hätten Unternehmen wie Veolia gar kein Interesse.

Durch die Konzessionsrichtlinie würde den Kommunen keineswegs die Entscheidungsfreiheit genommen. Geregelt würde schließlich nur, wie verfahren werden muss, wenn eine Kommune private Unternehmer als Dienstleister mit an Bord nehmen möchte. "Unser Modell ist das Dienstleistungsmodell, nicht der Erwerb von Anlagevermögen", sagte Hüls. Man arbeite quasi wie ein "Hausmeister" und sei in der Regel kosteneffizienter. Große Konzerne verfügten über Vorteile beim Know-How und bekämen aufgrund ihrer größeren Marktmacht bessere Rabatte.

Genau dieser Wirtschaftlichkeitsgedanke schürt jedoch die Ängste in der Bevölkerung, schließlich streben private Unternehmen stets nach Profit. Und mit Wasser sei eigentlich gar nicht so viel Geld zu verdienen, gab Götz-Ullrich Luttenberger zu bedenken. Dennoch gebe es "keinen einzigen Beweis dafür, dass die Qualität durch Private sinkt", betonte Hüls. Gesetzliche Bestimmungen gelten für private Unternehmen genauso wie für die Kommunen. Dennoch kommt an dieser Stelle wieder diese Emotion, dieses Bauchgefühl hoch. Und so mochte Christian Gunsenheimer, Bürgermeister von Weitramsdorf, ein gewisses Misstrauen nicht abstreiten. "Wir als Kommunen müssen da schon peinlich genau hinschauen", sagte er. Es dürfe nichts zu Lasten gewisser Standards gehen. In Weitramsdorf habe man sich bewusst für die SÜC als Partner entschieden. Man wollte in der Region bleiben und außerdem seien Vertrauen und der direkte, persönliche Kontakt wichtig und vorteilhaft. Er könne sich nicht vorstellen, wie das mit einem der großen Konzerne wäre.