Seit Monaten wird in Coburg heftig diskutiert über die Ausweichspielstätte für das Landestheater in der Zeit der Generalsanierung.
Wenn die Generalsanierung des Coburger Musentempels wie geplant im Herbst 2018 beginnt, müssen sich Theater und der künftige neue Intendant ebenso wie das Publikum auf voraussichtlich vier Jahre in einer Ausweichspielstätte einstellen. Welche Erwartungen Roland Kluttig als Generalmusikdirektor hat, verrät er im Gespräch.
Welche Bedeutung hat das Thema Akustik aus Ihrer Sicht?
Roland Kluttig: Wenn man das Haus für das nutzt, wofür es gebaut wurde, ist die Akustik in den Bereichen Schauspiel und Musiktheater durchaus gut - aus der Perspektive des Publikums. Man kann auf den meisten Plätzen gut hören, wenn Theater geboten worden. Allerdings finde ich es merkwürdig, dass der Aspekt Hören gegenüber dem Aspekt Sehen generell unterschätzt wird. Man spricht über Plätze mit eingeschränkter Sicht, aber nie über Plätze mit akustischen Einschränkungen. Und diese Plätze gibt es in jedem Theater. Denn in Theatern muss man bei der Akustik natürlich immer Kompromisse eingehen im Vergleich zu reinen Konzertsälen. Die Bedeutung des Hörens wird vielen Besuchern gar nicht wirklich bewusst.
Wie ist die akustischen Situation im Landestheater vor der Sanierung?
Für das Orchester und die Sänger sind die Bedingungen weniger gut als für das Publikum. Die Sänger können auf der Bühne das Orchester nur sehr, sehr schlecht hören. Sie bekommen auch kein gutes Feedback für ihre Stimme. Nur in besonders günstigen Bühnenbildkonstellationen wie etwa im aktuellen "Rosenkavalier" lässt sich das für die Sänger verbessern. Coburg hat allerdings gegenüber opulenten großen Häusern gerade auch bei Werken wie dem "Rosenkavalier" den Vorteil, dass man den Text sehr gut verstehen kann. Wenn Sie bei einer "Rosenkavalier"-Vorstellung über den Schlossplatz gehen, sehen Sie Autokennzeichen von Berlin bis München. Ich bin sicher, dass das Landestheater ein Potenzial besitzt, dass hinsichtlich der überregionalen Ausstrahlung noch nicht annähernd ausgenutzt wird. Nach der Generalsanierung muss es doch möglich sein, mit dem ICE nach Coburg zu fahren, hier ein Wochenende zu verbringen und Aufführungen in diesem wunderschönen Theater anzusehen.
Welche Verbesserungen erwarten Sie ganz konkret von der Generalsanierung?
Die Situation im Orchestergraben muss verbessert werden. Es muss mehr Platz geschaffen werden. Das ist auch möglich.
Welche Erwartungen haben Sie aus musikalischer Sicht beim Thema Ausweichspielstätte?
Ziel muss es sein, dass das Publikum auch in die Ausweichspielstätte weiterhin so zahlreich kommt wie in das Stammhaus. Das aber wird nur gelingen, wenn das Erlebnis Theaterbesuch eine runde Sache ist.
Im Gespräch sind derzeit drei grundsätzlich unterschiedliche Varianten einer Ausweichspielstätte. Welche würden Sie bevorzugen?
Eine feste, zugleich aber mobile Stätte wie das Holztheater, das gegenwärtig die Genfer Oper nutzt, hätte für Coburg einige sehr interessante Aspekte. Für das Publikum wäre diese Lösung sicher die allerbeste der drei Optionen. Die Akustik ist sehr viel besser als in einem Theaterzelt. Wie problematisch die alte Dreifachturnhalle würde, wissen wir nicht.
Was spricht eventuell noch für ein mobiles Theater aus Holz?
Ein Aspekt scheint mir darüber hinaus sehr interessant. Im Moment haben wir in sehr vielen Städten in Deutschland die Situation, dass Theater und Opernhäuser saniert werden müssen. Das wird noch viele Jahre anhalten. Ich finde es großartig, wie engagiert und ernsthaft über das Thema Ausweichspielstätte in Coburg diskutiert wird. Wenn Coburg die erste Stadt wäre, die eine Lösung nach dem Modell von Genf nutzt, hätten wir eine große Ausstrahlung in die gesamte deutschsprachige Theaterwelt. Diese Ausstrahlung hätte auch einen großen positiven Effekt bei der Wiedereröffnung des sanierten Landestheaters. In der Zeit der Generalsanierung würde das sicher viele, viele Delegationen nach Coburg ins Theater locken. Wir Coburger wissen, dass wir mit dem Schlossplatz und dem Landestheater einen den schönsten Plätze und eines der schönsten Theater Europas besitzen. Dass in Coburg dieses traumhaft schöne Theater steht, wissen aber noch viel zu wenige Menschen. Eine mobile Lösung nach Genfer Vorbild hätte einen großen Werbeeffekt für Coburg und das Landestheater.
Welche Auswirkungen befürchten Sie bei einer akustisch ungünstigen Ausweichspielstätte?
Die Qualität des Orchesters würde zwangsläufig gewaltig leiden. Und das hätte sofort Auswirkungen auf die Besucher.
Das Gespräch
führte Jochen Berger.