Von der Gutenberg- in die Zuckerberg-Galaxis

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Unter der Überschrift "Von der Gutenberg- in die Zuckerberggalaxis" zeigten Petra Gerster und Christian Nürnberger (links) in der Morizkirche Fluch und Segen der "fünften Gewalt" auf.Martin rebhan
Unter der Überschrift "Von der Gutenberg- in die Zuckerberggalaxis" zeigten Petra Gerster und Christian Nürnberger (links) in der Morizkirche Fluch und Segen der "fünften Gewalt" auf.Martin rebhan
Unter der Überschrift "Von der Gutenberg- in die Zuckerberggalaxis" zeigten Petra Gerster und Christian Nürnberger (links) in der Morizkirche Fluch und Segen der "fünften Gewalt" auf. Dekan Andreas Kleefeld, zeigte sich beeindruckt von den fundamentierten Aussagen des Ehepaares.
Unter der Überschrift "Von der Gutenberg- in die Zuckerberggalaxis" zeigten Petra Gerster und Christian Nürnberger (links) in der Morizkirche Fluch und Segen der "fünften Gewalt" auf. Dekan Andreas Kleefeld, zeigte sich beeindruckt von den fundamentierten Aussagen des Ehepaares.
 

Martin Luther konnte dank Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks eine Revolution auslös. Am Reformationstag widmete sich in der sehr gut besuchten Morizkirche die Hauptmoderatorin der ZDF-Nachrichtensendung "Heute", Petra Gerster, mit ihrem Mann, Publizist Christian Nürnberger, einer neuen Revolution: der Digitalisierung.

Petra gerster und ihr Ehemann Christian Nürnberger zeigten am Reformationstag in der Coburger Morizkirche informativ und unterhaltsam h Fluch und Segen der Digitalisierung. Petra Gerster: "Statt dass wir den Wandel uns unterwerfen, besteht die Gefahr, dass wir ihm unterworfen werden."

Die Moderatorin führte vor Augen, dass die jüngeren Menschen mit beiden Beinen in einer neuen Epoche stehen, in der sie ihr gesamtes Leben verbringen werden. Christian Nürnberger ergänzte: "Wer aber in der Gestaltung der Zukunft ein Wörtchen mitreden will, sollte bestens informiert und aufgeklärt sein." Damit kam das Duo auf den Kern seiner Abhandlung.

Es ging um die Frage wie glaubwürdig die heutigen Medien seien. Zunächst hielt Petra Gerster fest, dass durch das Internet das Wissen demokratisiert worden sei: "Jeder Privatmann kann heute Dinge tun, die früher nur der Presse und großen Institutionen vorbehalten war." In diesem Zusammenhang sprach sie von der "fünften Gewalt", zu der sie die neuen sozialen Medien zählte.

Eine Gefahr sieht sie darin, dass diese "fünfte Gewalt" viele Gesichter hat und schwer zu fassen ist. Gerster weiter: "Es ist prinzipiell gut, wenn Monopole gebrochen werden, Macht geteilt werden muss, der Einzelne gestärkt wird." Für sie ist das Internet genauso ein Segen für die Demokratie wie es der Buchdruck vor 500 Jahren war.

Christian Nürnberger zeigte die andere Seite des Internets: Es werde immer mehr zum Fluch für die Demokratie. "Statt einer demokratischen Debatte erleben wir derzeit das lautstarke Geschrei von Rassisten, Sexisten, Nationalisten und Feinden der Demokratie, die ihren Hass in die Welt hinausbrüllen." Nürnberger weiter: "Das Schlimme ist, Facebook verdient daran."

Der Publizist wetterte weiter, dass durch die Verbreitung von Fakes, Lügen und Hass ein demokratiegefährdendes Gebräu entstehe, das durch die sozialen Medien schneller verbreitet werde als seriöse Information. Für ihn wird das Ganze durch Propagandaabteilungen etlicher Geheimdienste und extremistischer Parteien angeheizt, die "irreführende Botschaften ins Netz blasen".

"Trump, der Brexit und der italienische Innenminister sind Produkte dieser Entwicklung und wären in der analogen Welt kaum möglich gewesen", meinte Christian Nürnberger. Petra Gerster ergänzte, dass Facebook es Politikern ermögliche, verschiedenen Wählergruppen nach dem Munde zu reden, ohne dass eine Gruppe erfährt, was einer anderen Gruppe gesagt wird. Als Beispiel nannte sie hier den heutigen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der sich im Wahlkampf sowohl bei Anhängern der AfD als auch bei Multi-Kulti-Befürwortern liebkind gemacht habe. Petra Gerster: "Die Facebook Käfighühner, werden das nicht mitbekommen, da Algorithmen verhindern, dass eine Kontaktsperre zwischen den Filterblasen verhängt wird."

Gerster und Nürnberger kamen zu dem Schluss, dass man sich auf dem Weg hin einer Desinformationsgesellschaft bewege. Petra Gerster riet daher eindringlich, sich an die klassischen Medien der "vierten Gewalt" wie Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Radio und Fernsehen zu halten. Sie schob sogleich die Begründung ihres Ratschlags nach: "In diesen Medien arbeiten gut ausgebildete Menschen nach professionellen Regeln, die wissen, manipulierte Fotos von echten Fotos zu unterscheiden, Fakes von Fakten zu trennen." Eindringlich warnte die Moderatorin: "Wenn der kritische, seriöse Qualitätsjournalismus stirbt, stirbt auch die Demokratie."

Die öffentlichen-rechtlichen Rundfunkanstalten bezeichnete Gerster als "eine letzte Bastion einer freien unabhängigen Presse". Sollten diese auch privatisiert werden, würde sich nach ihren Worten "die Verblödung der Massen" weiter beschleunigen.

Sie verdeutlichte, dass der Einfluss der Politiker aufs Fernsehen stark gesunken sei. Sie kam aber nicht umhin, auf Zeiten zu verweisen, als der Bayerische Rundfunk nach ihrer Auffassung ein "staatlicher Haussender der Staatspartei CSU" war. Zum Ende der mit viel Aufmerksamkeit verfolgten Aussagen legten die beiden Referenten zehn Aspekte dar, die man im Umgang mit den Nachrichtmedien kennen sollte.

So verwiesen sie unter anderem darauf, dass Medien kein Abbild der Wirklichkeit, sondern nur eine Veränderung dieses Zustandes lieferten. Nach ihren Darlegungen hat das Unerwartete, Aufsehenerregende, Katastrophale und das Abweichende eine höhere Chance der medialen Beachtung als das Erwartbare, das Normale, Alltägliche. Das liege aber nach ihren Worten nicht an der Sensationslust der Journalisten, sondern vielmehr an deren Kontrollfunktion in einer Demokratie. Petra Gerster: "Medien sind nicht dazu da, das Funktionierende zu bejubeln".

Sie räumte ein, dass Journalisten durch ihre Berichterstattung eine gewisse Macht hätten. An den Beispielen des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Karl-Theodor zu Guttenbergs, Bischof Tebartz van Elsts und von Uli Hoeneß machte sie klar, dass sich nichts geändert hätte, wenn nicht über ihre Machenschaften berichtet worden wäre: "Und das ist Macht."

Für Christian Nürnberger ist es wichtig, dass sich jeder aktiv um Informationen bemüht und die dafür nötigen Quellen kritisch auswählt. Für ihn steht fest, dass der Umgang mit neuen Medien erst erlernt werden muss.

Für die Moderatorin ist bei dem gesamten Thema auch die Kirche gefragt, und hier schloss sich der Kreis. Die Kirche sollte Wahrheit und Demokratie, für eine freie Presse und gegen Fake News, Hetze und Manipulation kämpfen.