Versuchter Totschlag: Drei Jahre und drei Monate Gefängnis für 31-Jährigen

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Seine blinde Eifersucht kommt einen 31-jährigen Coburger teuer zu stehen: Der Tiefbauer muss für drei Jahre und drei Monate hinter Gitter.

Die Erste Große Strafkammer am Landgericht unter dem Vorsitz von Richter Christoph Gillot sah am zweiten Verhandlungstag den Tatbestand des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung als bewiesen an.

Die Tat ereignete sich an einem frühen Montagmorgen im November 2015. Der 31-jährige Beschuldigte war mit einer Clique von Freunden zum Feiern unterwegs, als er im Bereich des Parkhauses Mauer seine Ex-Freundin in Begleitung zweier Arbeitskollegen, einer Frau und einem Mann, sah. Aus Eifersucht und blinder Wut rannte er völlig unvermittelt auf den männlichen Kollegen, einen 28-jährigen Krankenpfleger, los und streckte diesen ohne Worte mit einem gezielten Faustschlag nieder. Der Krankenpfleger ging zu Boden und fiel auf den Hinterkopf und blieb liegen.
Danach trat der Beschuldigte mindestens zweimal in Richtung des Kopfes des vermeintlichen Nebenbuhlers, wobei ein Treffer an der Stirn oberhalb der Nase landete.


Es hätte lebensgefährlich werden können

"Sowohl der Schlag als auch der Tritt waren geeignet, um eine lebensgefährliche Situation herbeizuführen", begründete Richter Gillot das Strafmaß. Nur durch das Eingreifen der Ex-Freundin und ihrer Kollegin konnte sich der 28-Jährige vor dem "Wüterich" in die Toilette des Parkhauses flüchten und diese verriegeln.
Fotos aus Videoaufnahmen der Tatnacht zeigen, wie der 31-Jährige aufgebracht noch einmal in das Parkhaus zurückrennt. Dabei soll er laut Zeugenaussagen Kraftausdrücke und unter anderem "den macht ich freckt" gerufen haben. Einem Bluthund gleich, sagte Staatsanwältin Jana Huber, habe der Angeklagte die Blutspur verfolgt mit dem Ziel, den vermeintlichen Rivalen auszuschalten. "Man sieht eindeutig, dass Sie nicht die Sorge um den Geschädigten getrieben hat."

Im Zeugenstand, so Gillot, hätten die Kumpels des Angeklagten viel Nebel verbreitet. "Aber der Kammer ist es gelungen, Licht in die nebulösen Aussagen zu bringen." Auffällig war, dass alle Freunde des Angeklagten sich nur an Bruchstücke erinnern wollten. Diese Teilamnesie angeblich aufgrund von zu viel Alkohol werteten Staatsanwaltschaft und Gericht als nicht glaubhaft. "Die Videoaufnahmen zeigen, dass sie so blau nicht waren und etwas mitbekommen haben müssen", so Gillot.


Ein Zeuge bekam wegen einer Falschaussage erhebliche Probleme

Wozu eine Falschaussage führen kann, dies musste ein Kumpel des Beschuldigten hautnah erleben. Weil er offensichtlich nicht die Wahrheit gesagt hatte, war er folgerichtig am ersten Verhandlungstag verhaftet worden und musste eine Nacht in einer Zelle verbringen. Am Montag korrigierte er nun zögerlich seine erste Aussage und gab an, neben einem Faustschlag auch zwei bis drei Tritte gegen das obere Drittel des Körpers des Krankenpflegers mitbekommen zu haben. Nach der Nacht in der Zelle setzte offenbar die Erinnerung wieder ein. Er gab beim Ermittlungsrichter laut Gillot zu Protokoll, dass der 31-jährige Tiefbauer von alleine nicht mit dem Schlagen und Treten aufgehört hätte. Undosiert, unaufhörlich und mit voller Kraft, schlussfolgerte Gillot, habe der Angeklagte auf seinen vermeintlichen Nebenbuhler eingewirkt. "Wenn er ihn noch mal getroffen hätte, hätte er weiter einwirkt."

Staatsanwältin Jana Huber forderte wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Die Nebenklage, vertreten durch Rechtsanwalt Volker Albrecht, hielt vier Jahre für angemessen. Rechtsanwalt Albrecht von Imhoff sah kein Indiz für einen versuchten Totschlag und plädierte für eine Bewährungsstrafe. Die Kammer, sagte Gillot, habe einen moderaten Strafrahmen verhängt.
Eine ganze Reihen von Punkten wurden demnach erheblich zugunsten des Angeklagten gewertet: Der Beschuldigte ist nicht vorbestraft, er hat sich am Tag nach der Tat der Polizei gestellt, er zeigte sich einsichtig und reumütig und er hat ein erschütterndes Ereignis erleben müssen, als sein Vater erst die Mutter erschoss und sich dann selbst tötete. Hinzu kommt, dass sich der Beschuldigte auf die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 3800 Euro mit der Nebenklage geeinigt hat.
Das Urteil nahmen der Verteidiger und sein Mandant an.