Rödentals Bürgermeister Gerhard Preß wird am morgigen Donnerstag 65 und freut sich auf den Titel "Opabürgermeister".
Noch eineinhalb Jahre, dann fängt für Gerhard Preß das Leben an, glaubt man jedenfalls Udo Jürgens. Rödentals Bürgermeister wird 66 sein, wenn seine Dienstzeit bei der nächsten Kommunalwahl endet. "Dann kauf ich mir ein Motorrad und einen Lederdress...", sagte er seinem Enkel Julius, der Udo Jürgens nicht kennt. "Nein, Opa, das machst du nicht", stellte der Zweitklässler klar. "Du bleibst zu Hause und machst mit mir Hausaufgaben." Womit auch das Geheimnis gelüftet wäre, das sich um die Zukunft des kommunalpolitischen Schlachtrosses Preß rankt. Er wird doch noch OB, "Opabürgermeister". Doch dieser Tage wird erst einmal gefeiert. Am Donnerstag wird Preß 65 Jahre alt.
Abschluss als Jahrgangsbester An den Posten, den er bei seinem Ausscheiden länger inne hatte als sein Vorgänger Ferdinand Fischer, dachte Gerhard Preß nicht, als er nach der Schule eine Ausbildung am Landratsamt in Wunsiedel antrat. In Thiersheim geboren, hatte er noch nie von Rödental gehört. Das gab es nämlich noch gar nicht. Dass ihm ein Ausbilder riet, etwas anders zu machen, weil er für die Verwaltungstätigkeit nicht geeignet sei, erwies sich als Fehleinschätzung. Gerhard Preß legte seine Abschlussprüfung als Bester seines Jahrgangs ab, landete nach einem Praktikum am Landratsamt Ebermannstadt bei der Regierung von Oberfranken und hätte wohl auch dort Karriere machen können.
Seit 1984 im Amt Doch nach seiner Heirat 1969 wollte er näher am Wohnort seiner Frau Ilse arbeiten und bat um die Versetzung an ein Landratsamt, das nicht so weit von ihrem Wohnort Redwitz an der Rodach entfernt sein sollte. So kam er nach Coburg und - als "Zar" Ferdinand Fischer 1972 nach einem "guten Mann" als Kämmerer suchte - nach Oeslau, wo früher das Rathaus der Gemeinde stand. "Ferdinand Fischer hat mir viel Freiheit für meine Arbeit gelassen", erinnert Preß sich heute. Als sich Fischers Amtszeit dem Ende näherte, habe er Preß als Nachfolger ins Spiel gebracht. Doch dann ärgerte sich der Amtsinhaber über den potenziellen Nachfolger, der als Elternbeiratsvorsitzender den Verkauf der Mönchrödener Schule verhinderte.
98 Prozent bei der ersten Wiederwahl Bürgermeister von Rödental wurde Gerhard Preß trotzdem. Das war 1984. Seither musste er bei keiner Wiederwahl ins Stechen. Die erste Bestätigung im Amt erfolgte sogar mit 98 Prozent der Stimmen. Die Arbeit macht ihm Spaß. "Ich habe eine junge Verwaltung, auf die ich mich immer verlassen konnte", lobt er seine Mannschaft und fügt lachend hinzu: "Ich bin der älteste Knochen hier." Auch der Stadtrat zeichne sich durch wenig parteipolitisches Gezänk aus, sei stets auf die Sache konzentriert. "Es ist gut, dass es keine absolute Mehrheit gibt. Die vier Fraktionen müssen sich immer zusammenraufen".
Ein Sessel für Franz Josef Strauß Fast 30 Jahre Dienstzeit als Bürgermeister sind ein fast unerschöpflicher Quell an Geschichten und Anekdoten. Da ist die Renovierung der Domäne, die dank eines guten Drahts nach Bonn zum ersten Projekt eines bundesweiten Förderprogramms für Einzelmaßnahmen wurde. Es sind die großen Verkehrsprojekte, die rund um Rödental entstanden. Preß: "Um die Autobahn haben sehr gekämpft, die wollten sie erst da drüben bei Weitramsdorf bauen." Es gibt eine Stadtentwicklung, die unter Fischer auf den Weg gebracht und von Preß mit voran getrieben wurde.
Bundesratssitzung in Rödental Und dann ist da auch die Geschichte mit dem Froschgrundsee. Als der vor der Fertigstellung stand, reiste Gerhard Preß (wieder einmal) nach München. Zur Einweihung des Projekts, das ja die damals noch bestehende Grenze zur DDR überschritt, sollte Landesvater Franz Josef Strauß kommen. "Bin ich da noch Bundesratsvorsitzender?", habe Strauß einen Mitarbeiter gefragt, erzählt Preß. Als der bejahte, erklärte Strauß: "Dann machen wir da bei dir eine Bundesratssitzung". Gesagt, getan. Mehr politisches Gewicht versammelte sich wohl nie im Sitzungssaal des Rödentaler Rathauses. Ein Andenken daran hat Gerhard Preß noch heute in Gebrauch. "Franz Josef Strauß hatte Probleme mit dem Rücken. Deshalb wurde uns mitgeteilt, dass ihm ein besonders geeigneter Stuhl zur Verfügung gestellt werden muss", erzählt Preß. "Da sitze ich jetzt immer drauf."
"30 Jahre sind genug" Bei vielem, dass er für Rödental erreichte, fragten sich Amtskollegen und Bürger "wie macht er das bloß immer?". Die Erklärung ist einfach: "Das Netzwerk, das ich immer gepflegt habe, hat schon viel Wert für die Rödentaler". Kontakte baute er als Kämmerer auf und als Bürgermeister aus. In vielen wichtigen kommunalpolitischen Interessenvertretungen ist Gerhard Preß Mitglied oder sogar im Vorstand. So erfuhr er oft frühzeitig von neuen Förderprogrammen und Richtlinien, die es dafür zu erfüllen gilt - und war dann stets vorbereitet, wenn es etwas für Rödental zu holen gab.
"Ich setzte mich nicht aufs Altenteil Und jetzt? "Ich setze mich nicht aufs Altenteil. Ich arbeite schon noch", stellt er fest. Und es gibt keine Enttäuschung, dass die Gesetzesänderung für ihn zu spät kommt, die ihm erlaubt hätte, noch ein weiteres Mal zu kandidieren? "Nein", sagt Gerhard Preß "30 Jahre sind genug. Ich glaube, mit über 66 Jahren hat man den Ruhestand auch verdient." Immerhin wäre er nach einer weiteren Amtsperiode über 70. Da gibt es andere Möglichkeiten als weiter zu rackern: "Ich möchte noch viel mit meiner Frau sehen." Einen Vorgeschmack gönnt er sich zum Geburtstag. Er verreist mit der Familie und ist nicht zu erreichen. Und blickt vor der Zielgeraden schon einmal zurück: "Ich kann sagen, es hat Spaß gemacht".
Wer wird CSU-Kandidat für die Bürgermeisterwahl? Mit welchem Kandidaten die CSU in den Wahlkampf um die Nachfolge von Preß ziehen wird, steht noch nicht fest. "Wir werden damit voraussichtlich im November nach außen gehen", kündigt er an und hofft, dass die Amtsgeschäfte dann nach der Wahl an den Wunschkandidaten übergehen. Preß wird sich dann auf sein neues Amt konzentrieren: Als "Opabürgermeister".