Die Firma Brose wünscht sich einen vierspurigen Ausbau des Weichengereuths. Doch weil sich Michael Stoschek in seinen Bemühungen alleine gelassen fühlt, hat er jetzt seinen Austritt aus der CSU erklärt.
Michael Stoschek, Vorsitzender des Verwaltungsrats der Brose Fahrzeugteile SE, ist aus der CSU ausgetreten. Das bestätigte er am Mittwoch gegenüber dem Tageblatt: "Es ist ein Schritt, den eine Reihe von Ursachen ausgelöst haben und den ich lange überlegt habe. Ich habe erst heute veranlasst, dass ein Schreiben von mir, in dem der letzte Anlass dargestellt ist, zunächst an die Mitglieder der Coburger CSU weitergegeben wird." Ob und wie er sich öffentlich zu der Sache äußern werde, wolle er noch entscheiden, schrieb Stoschek.
Die Gründe für den Austritt: "Die fehlende Unterstützung der CSU-Vertreter aus dem Coburger Landkreis und das Desinteresse des bayerischen Ministerpräsidenten" in Sachen Ausbau der B4 im Weichengereuth. So geht es aus dem zweiseitigen Brief von Michael Stoschek hervor, der am späten Mittwochnachmittag per E-Mail an die Coburger CSU-Mitglieder versandt wurde. Stoschek bezieht sich darin auf ein Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder vom 19. Januar. Unterzeichnet hatten diesen Brief Stoschek, der Landtagsabgeordnete Martin Mittag, Landrat Sebastian Straubel, IHK-Präsident Friedrich Herdan und Coburgs Zweiter Bürgermeister Hans-Herbert Hartan (alle CSU) sowie Bernd Reisenweber, Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags und Bürgermeister in Ebersdorf. Sie hatten Söder "um ein geeignetes Signal (...) an die Spitze der Coburger Stadtverwaltung" gebeten, "um dort eine erneute Befassung und andere Bewertung anzustoßen". Kurz: Söder sollte dafür sorgen, dass Coburg dem vierstreifigen Ausbau der B4 zwischen Frankenbrücke und Südzufahrt zustimmt.
Denn diesen Ausbau hatte der Stadtrat am 28. Mai 2020 abgelehnt - obwohl der Stadtrat 2016 noch mit Mehrheit dafür gewesen war und auch der Landkreis sich dafür ausgesprochen hatte. Auch die IHK zu Coburg und namentlich Brose hatten sich für den Ausbau stark gemacht. In dem Brief ist auch die Rede davon, dass die Firma Brose "ganz aktuell weitere Investitionen von 130 Millionen Euro am Standort Coburg vom Ausbau der B4 abhängig" mache. Bislang hat sich der Stadtrat aber nicht wieder mit dem Thema befasst - aber die öffentliche Diskussion darüber wurde neu entfacht. Doch da, beklagt sich Stoschek, hätten sich die fünf Mitautoren des Briefs an Söder vornehm zurückgehalten, abgesehen von Hans-Herbert Hartan und Hans-Heinrich Eidt (FDP). "So standen die Firma Brose beziehungsweise ich selbst plötzlich mit unserem Eintreten für einen B4-Ausbau und dem Wunsch nach einer neuen Stadtratsentscheidung alleine und mussten Kritik und persönliche Angriffe ertragen", schreibt Stoschek.
Doch nicht nur die mangelnde Unterstützung der Politiker vor Ort wurmt ihn. Söder habe innerhalb von vier Wochen nicht auf das Schreiben aus Coburg reagiert, stellt Stoschek fest. Am Mittwoch hat die Staatskanzlei auf Anfrage mitgeteilt, dass es "in Kürze" ein "Antwortschreiben" geben werde - also einen Brief an die sechs Absender. Ob der Ministerpräsident aber, wie gewünscht, ein "Signal" an die Stadt geben wird, man möge sich doch mit dem Thema B4-Ausbau befassen, bleibt offen.
Das Thema dürfte ohnehin wieder auf die Tagesordnung des Stadtrats kommen. Die CSU/JC-Fraktion hat ihren Antrag diesbezüglich zwar wieder zurückgenommen. Sie unterstützte dafür einen Antrag der CSB, dass die Planung des Staatlichen Bauamts zum B4-Ausbau von einem neutralen Experten begutachtet werden solle. Entsprechende Schritte hatte OB Sauerteig schon in die Wege geleitet - denn Brose begründet den Wunsch nach einem Ausbau der B4 mit seinem eigenen Logistik-Konzept. Zu der An- und Abfahrtsroute für die Lkw gehört nicht nur die B4, sondern auch die Uferstraße, und für diese ist die Stadt zuständig. Der Ausbau der B4 ist jedoch Sache des Bundes, und die Federführung hierfür liegt beim Staatlichen Bauamt Bamberg. Doch das hat schon erklärt, dass es gegen den Willen der Stadt den Ausbau der B4 nicht vorantreiben wird.
Hohe Spende an "meine Partei"
Coburgs CSU-Kreisvorsitzender René Boldt wollte Stoscheks Austritt aus der Partei am Mittwoch nicht kommentieren. Der Unternehmer hatte der CSU viele Jahre angehört, sprach sogar gelegentlich von "meiner Partei". 2008 unterstützte er massiv den Kommunalwahlkampf der CSU in Coburg. Damals spendete er 100000 Euro an die Partei, was diese sogar dem Bundestagspräsidenten anzeigen musste. Stoscheks Ziel: den damaligen Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD) aus dem Amt wählen zu lassen. Denn spätestens mit dem Streit über das "Neue Innenstadtkonzept" war das Verhältnis zwischen Stoschek und Kastner zerrüttet. Doch Kastner gewann die Wahl 2008. Mit Kastners Nachfolger Norbert Tessmer, ebenfalls SPD, kam Stoschek besser zurecht.
Doch Stoschek pflegte nicht nur auf der örtlichen Ebene Verbindungen in die Partei. Vor allem zum heutigen Ministerpräsidenten Markus Söder schien er einen direkten Draht zu haben. Söder, damals Finanzminister, hielt 2014 die Laudatio auf Stoschek, als dieser die Goldene Ehrennadel der IHK zu Coburg erhielt. Und: Stoschek hielt sich immer zugute, dass Finanzminister Söder zehn Millionen Euro für den Bau des Globe am Güterbahnhof zusagte.
Der Stoschek.Brief im Wortlaut: So werden Markus Söder und Sebastian Straubel abgewatscht
Der Brief, in dem sich der Unternehmer Michael Stoschek an seine Mitstreiter in Sachen Weichengereuth-Ausbau wendet und auch seinen Parteiaustritt erklärt, hat es in sich.
Sehr geehrte Herren, mit Schreiben vom 19. Januar 2021 haben wir ein gemeinsames Schreiben an den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Söder geschickt. Die Abstimmung über den Inhalt war relativ langwierig, denn jeder von uns wollte sich mit den Inhalten identifizieren. Das ist auch nachvollziehbar.
Nicht nachvollziehbar sind zwei bedauerliche Ereignisse.
1. Der Bayerische Ministerpräsident und CSU-Mitglied hat es auch diesmal nicht für nötig gehalten, uns in den vergangenen vier Wochen eine Antwort zu geben.
2. In der Zwischenzeit ist eine öffentliche Debatte über die Bedeutung des B4 Ausbaus entbrannt. Abgesehen von Hans-Herbert Hartan hat sich keiner von Ihnen in irgendeiner Weise öffentlich zu den Inhalten bekannt, die wir gemeinsam Herrn Dr. Söder vorgetragen haben. Dies enttäuscht mich insbesondere im Fall des Coburger Landrats Sebastian Straubel.
So standen die Firma Brose bzw. ich selbst plötzlich mit unserem Eintreten für einen B4-Ausbau und dem Wunsch nach einer neuen Stadtratsentscheidung alleine und mussten Kritik und persönliche Angriffe ertragen. Unterstützung kam allein von den Fraktionsführern Dr. Eidt und Hans-Herbert Hartan. Diese Passivität und mangelnde Bereitschaft, die eigene Meinung öffentlich zu vertreten und Rückgrat zu zeigen, ist ja nicht neu.
Als der Coburger Stadtrat am 28. Mai 2020 den unerwarteten und wie ich meine, unvertretbaren Beschluss gefasst hat, auf den Ausbau des Weichengereuths zu verzichten, haben sich ein dreiviertel Jahr weder Landrat Sebastian Straubel noch MdL Martin Mittag oder der Kreisvorsitzende Bernd Reisenweber öffentlich geäußert, obwohl die Entscheidung nicht im Interesse ihrer Gremien stand. Allein der IHK-Präsident Friedrich Herdan hat sich zu Wort gemeldet und an Staatsministerin Schreyer geschrieben und ich selbst habe mich an den Ministerpräsidenten gewandt. Leider hatten wir beide keinen Erfolg.
Ich nehme nun die fehlende Unterstützung der CSU-Vertreter aus dem Coburger Landkreis und das Desinteresse des Bayerischen Ministerpräsidenten zum Anlass, mit sofortiger Wirkung meinen Austritt aus der CSU zu erklären.
Mit freundlichen Grüßen, Michael Stoschek
Kindergarten
Das ist doch nur ein Missverständnis. Ganz sicher hat das Weichengereuth in Coburg in der bayerische Landespolitik gerade in diesen Zeiten oberste Priorität.
Tritt jetzt Herr Hartan auch aus und zeigt´s dem Söder?