Vor über einem Jahr beschloss der Stadtrat, die städtischen Ausgaben von einer Wirtschaftsberatungsfirma durchleuchten zu lassen. Nun wurde ein erstes Ergebnis vorgestellt - und viele Stadträte sind nicht zufrieden.
Wie viel darf das Landestheater kosten? Wie viel die Jugendarbeit? Fragen, die sich der Stadtrat nicht selber stellen wollte, sondern für die er ein Beratungsunternehmen beauftragt hat. Nun liegen erste Antworten vor, und die Mehrheit der Stadträte scheint damit nicht glücklich zu sein. Denn es seien Vergleichszahlen aus Städten herangezogen worden, die nicht vergleichbar seien, sagt zum Beispiel Gerhard Amend, der für die CSB-Fraktion im Finanzsenat sitzt.
Die Stadt hatte den Finanzdienstleister PriceWaterhouseCoopers (PWC) mit der Untersuchung beauftragt. Das Ergebnis beschreiben mehrere Mitglieder des Finanzsenats als wenig befriedigend. Denn letztlich hätten sich die Sparvorschläge auf die Bereiche Bildung, Soziales und Kultur beschränkt.
Zu wenig fürs Geld?
Dort aber heftig: Die städtischen Zuschussregeln für Sportvereine (in Summe 600 000 Euro) werden in dieser ersten Fassung des Gutachtens genauso auf den Prüfstand gestellt wie der Betriebskostenzuschuss fürs Landestheater (6,5 Millionen Euro). "Personal einsparen ist für solche Gutachter immer das einfachste", merkt Horst Geuter an, für Pro Coburg (WPC) Mitglied im Finanzsenat. "Für das Geld erwartet man ein bisschen mehr." In Auftrag gegeben wurde die Untersuchung im Oktober 2014 für 140 000 Euro.
"Gute Grundlage"
Fertige Lösungen präsentierten die PWC-Leute bei dem mehrstündigen Workshop am vergangenen Freitag offenbar nicht.
Das konnten sie auch gar nicht, sagt Friedrich Herdan, Stadtratsmitglied der CSU, IHK-Präsident und derjenige, der immer schon forderte, dass externe Berater die städtischen Ausgaben mal unter die Lupe nehmen. Die Berater sollten sogenannte Benchmarks liefern - Kennzahlen, was Leistungen üblicherweise kosten. Aber solche Bezugswerte seien selten unmittelbar vergleichbar, sondern immer nur annähernd. Das Gutachten sei "eine gute Grundlage, die aufzeigt, wo es Handlungsbedarf gibt, wo Kostenstrukturen aufgebrochen werden müssen, weil sie verkrustet sind."
Wo welche Struktur wie aufgebrochen wird, müsse freilich der Stadtrat entscheiden. "Ausgewogen" müsse man an die Sache herangehen, betont Herdan.
"Denn ohne dass es wehtut, wird es nicht gehen." Schon einmal habe der Stadtrat ein Gutachten machen lassen, und davon sei bestenfalls ein Bruchteil umgesetzt worden.
Aber dieses Gutachten habe wenigstens die tatsächliche Situation in Coburg beleuchtet, sagen die Kritiker des PWC-Papiers. Die Berater müssen jedenfalls nacharbeiten; die Leiter der städtischen Ämter sollen Stellung beziehen zu dem, was in dem Gutachten steht.
Um eigene Entscheidungen kommt der Coburger Stadtrat nicht herum. Das sehen alle Befragten so, und sie gehen davon aus, dass die Sparmaßnahmen erst mittelfristig greifen können. Bei den laufenden Ausgaben zu sparen ist das eine. Wolf-Rüdiger Benzel (Grüne) würde auch bei den Investitionen streichen: Sanierung des Landestheaters, Flugplatzbau, neue Stadthalle, Schulsanierungen, Bahnunterführungen - da ist aus Sicht der Grünen Verzichtbares dabei.
Ausgaben für attraktive Stadt
Bettina Lesch-Lasaridis (SPD) sieht "Denkanstöße" in dem PWC-Papier, verweist aber auch darauf, dass Coburg es geschafft habe, als Wohnstandort attraktiv zu bleiben, immerhin eine Anforderung der Coburger Unternehmen. Die Einwohnerzahl sei stabil. Kurz: Die Ausgaben hätten auch einen Zweck erfüllt.
Deshalb ist für die meisten der Befragten eine Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes kein Tabu. Der liegt in Coburg derzeit bei 300 Prozent, das ist im Verhältnis zu anderen Städten sehr niedrig. Trotzdem gehöre Coburg zu den drei Spitzenreitern in Deutschland, was die Steuereinnahmen pro Kopf angeht, sagt Friedrich Herdan.
Und: Obwohl die Stadt von ihren Steuereinnahmen einen großen Teil abgeben muss (über Bezirks- und Gewerbesteuerumlage), habe sie trotzdem noch mehr zur Verfügung als viele andere Städte.
Höhere Gewerbesteuer?
Die Finanzplanung aus dem Jahr 2015 sieht für das Jahr 2016 einen Gewerbesteuerhebesatz von 320 Prozent vor. Das wäre immer noch niedrig, wie Gerhard Amend zu bedenken gibt: "Andere Städte sind teilweise weit über 400 Punkten."
Auch Bettina Lesch-Lasaridis, René Hähnlein (SBC) und Wolf-Rüdiger Benzel gehen davon aus, das an einer Erhöhung des Hebesatzes trotz aller Sparanstrengungen kein Weg vorbei führt. Benzel möchte freilich sichergestellt wissen, das für die "richtigen" Ausgaben die Steuern erhöht werden.
Lediglich Friedrich Herdan lehnt eine Erhöhung der Gewerbesteuer rigoros ab.
Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) will über Steuererhöhungen zum jetzigen Zeitpunkt ("kurz vor Weihnachten") überhaupt nicht reden. Aber Tessmer sei derjenige, der zusammen mit der Verwaltung konkrete Sparvorschläge machen müsste, sagt zum Beispiel Hans Michelbach (CSU). Der Bundestagsabgeordnete und Stadtrat war selbst jahrelang Bürgermeister. Sparbereit zeigt sich Jürgen Heeb, Stadtratsmitglied (WPC) und Vorsitzender des Sportverbands: Auch der Sport sei bereit, einen Sparbeitrag zu leisten, wenn es ausgewogen alle träfe. Alles müsse auf den Prüfstand, aber Sport, Kultur, Soziales, Bildung dürften in dieser Frage nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Mittelfristig sparen
Kurzfristig sei das alles nicht zu machen. Schließlich müssten alle einbezogen werden in diesen Prozess, sagt Heeb. Letztlich müssten Stadtrat und Verwaltung gemeinsam die Lösung finden. Oder, wie es OB Norbert Tessmer ausdrückt: "Wir haben ein Finanzproblem, und das müssen wir lösen."
...es müsse eingespart werden? Jetzt werden die unliebsamen Dinge einfach beiseite gelegt, weil unangenehm. Im Gegenzug soll die Gewerbesteuer erhöht werden, obwohl dies eher unnötig ist, weil diese doch scheinbar überdurchschnittlich viel in die Kassen spült - und das trotz eines niedrigen Hebesatzes.
Aber es ist eben auch in Coburg einfacher, Anderen in die Tasche zu langen, anstatt einfach einmal zu sparen und auch heilige Kühe, Fantastereien und alte Zöpfe zu überdenken. Von daher hätte man sich eben auch das ausgegebene Geld für das Gutachten sparen können. Oder den Gutachter vorher instruieren, dass er nicht nach bestem Wissen und Gewissen, sondern wohlwollend zugunsten des Auftraggebers gut zu achten hat. Herdan hat recht damit, dass er sich gegen eine Gebührenerhöhung sträubt. Diese kann nur das letzte Hebelchen sein, wenn alle Sparmaßnahme (auch die von PWC angedachten!) ausgereizt sind.