Die Coburger Leichtathletik-Institution Ulrich Zetzmann feiert am Samstag ihren 75. Geburtstag. Bei infranken.de blickt er auf seine aktive Karriere zurück.
"Heut' habe ich noch gar keinen Sport gemacht, das muss ich später nachholen", sagt Ulrich Zetzmann in einem fast schon vorwurfsvollen Ton bei einem Besuch der Tageblatt-Redaktion am Mittwochmittag. Ein Vormittag ohne Sport - was für einen anderen 75-Jährigen nichts Besonderes sein dürfte, ist für die Coburger Leichtathletik-Institution eine absolute Ausnahme. Zweimal täglich betätigt sich Zetzmann sportlich: Jeden Tag Gymnastik, dreimal die Woche Fitness-Studio, Nordic Walking und regelmäßiges Radfahren - und das seit 2013 mit einem künstlichen Kniegelenk.
Nicht der erste gesundheitliche Rückschlag für den siebenfachen Senioren-Weltmeister im Gehen. 1989 erlitt Zetzmann seinen ersten Schlaganfall, acht Jahre später folgten zwei weitere. "Eigentlich habe ich alles gemacht, was einen Schlaganfall verhindern sollte. Viel Sport, gesunde Ernährung und kein Übergewicht", erzählt er. Mit dem Schicksal hat er allerdings nie gehadert und sich nach allen drei Schlaganfällen in Rekordtempo und ohne größere Folgen ins Leben zurückgekämpft. "Es war schon erstaunlich. Man sagt ja oft, den zweiten Schlaganfall überlebt man nicht", so Zetzmann. Gut erinnern kann er sich noch an eine Begebenheit im Schweinfurter Krankenhaus kurz nach seinem Hirnschlag Pfingsten 1997. "Der Chefarzt führte sechs Studenten herum und sagte, schauen Sie, wie fit der Mann nach einem Schlaganfall schon wieder ist, und das, weil er so viel Sport treibt. Nehmen Sie sich das als Vorbild."
Schlappe fünf Monate später bestritt der damals 55-Jährige wieder einen Wettkampf. Den Bayerncup in Breitenbrunn, die bayerische Mannschaftsmeisterschaft im Gehen, gewann er sogar. Angst vor einem erneuten Hirnschlag hatte er keine. "Wegen meiner Frau habe ich schon nachgedacht aufzuhören, aber ich habe mich einfach wohlgefühlt und stand ja auch unter ärztlicher Beobachtung", sagt er. Seinen sportlichen Schwerpunkt hat er nach seinen Schlaganfällen auf das Gehen gelegt, nachdem er früher vor allem auf den Mittelstrecken unterwegs war.
Als Turner und Handballer aktiv
Zetzmann kam erst mit 18 Jahren zur Leichtathletik. Seine sportlichen Anfänge machte er bei der Coburger Turnerschaft im Turnen. Mit zwölf Jahren begann er darüber hinaus mit dem Handballspielen. Über viele Jahre war er mit seinen Brüdern Roland und Jürgen in einer Mannschaft vereint. Zweimal Handball - und fünfmal Leichtathletik-Training: Neben seinem Beruf als Drucker blieb da nicht mehr viel Zeit für andere Aktivitäten. "Es war ein Glücksfall, dass ich jemanden wie meine Frau Renate (
Anm. d. Red.: 2015 verstorben) kennengelernt habe, sie hat alles zu Hause übernommen und war eine tolle Mama für die Kinder", sagt Zetzmann. Seine ganz große Leidenschaft zum Sport und speziell zur Leichtathletik teilen seine beiden Kinder Jochen (50 Jahre) und Suse (45) aber nicht. "Ich habe meine Kinder zwar immer zum Sport animiert, aber nie versucht, sie zu irgendwas zu überreden", so Zetzmann.
Berufliche Erfüllung gefunden
Mitte der 70er Jahre orientierte sich Zetzmann beruflich noch einmal um und begann mit 33 eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Die tägliche Arbeit mit behinderten Kindern im Coburger Diakonisch-Sozialen Zentrum sei für ihn die berufliche Erfüllung gewesen. Zur gleichen Zeit begann er neben seiner aktiven Läuferkarriere auch verheißungsvolle Talente aus dem Coburger Raum zu trainieren. Und das mit Erfolg: 2001 führte er den Coburger Uwe Weber in der U19 zum Deutschen Meistertitel im Gehen. Annika Daum verhalf er 2004 zur deutschen Vizemeisterschaft.
Vor zwei Monaten wurde Zetzmann für seine 50-jährige Arbeit als Pressewart des Leichtathletikkreis Oberfranken West geehrt. Jahr für Jahr schreibt der positiv Sportverrückte 130 bis 140 Berichte für das Coburger Tageblatt und andere Medien. "Da bin ich schon 25 bis 30 Stunden pro Woche beschäftigt", sagt Zetzmann. "Aber es begeistert mich immer noch, vor allem Kindern bei den Wettkämpfen zuzuschauen und darüber zu berichten, macht unheimlich Spaß."
Zu seiner aktiven Karriere war es vor allem die Kameradschaft, die ihn neben seinem Ehrgeiz immer wieder angetrieben hat. "Für mich war nicht nur der reine Sport wichtig, sondern auch dass man alte Freunde wieder trifft und sich einfach mal austauschen kann."