So soll der Coburger Wochenmarkt attraktiver werden
Autor: Oliver Schmidt
Coburg, Mittwoch, 05. August 2020
Das Beratungsunternehmen von Thomas Egger möchte bis zum Frühjahr 2021 verschiedene Vorschläge machen. Ziel ist es, neue Kunden für den Wochenmarkt zu gewinnen.
Die ältere Frau, die am Mittwoch auf dem Wochenmarkt Obst und Gemüse einkauft, wirkt verunsichert. Als sie plötzlich eine Gruppe wichtig aussehender Menschen erblickt, nutzt sie diese Chance beim Schopfe: "Unser Markt muss fei scho bleiben!" Louay Yassin, Pressesprecher der Stadt, versucht zu beruhigen: "Das tut er doch auch! Und wir wollen ihn sogar noch schöner machen." Mit "wir" meint Yassin unter anderem Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) sowie Thomas Egger.
Der aus Linz stammende Egger ist ein Spezialist für Wochenmärkte. Auf der Referenzliste seines Beratungsunternehmens stehen 200 Städte, in denen er entweder bestehende Wochenmärkte optimiert oder gar neue Märkte "von 0 auf 100", wie er es nennt, komplett neu aufgebaut hat.
Das Fundament ist "super"
In Coburg muss nicht bei Null angefangen werden. Thomas Egger stuft den Wochenmarkt in seiner jetzigen Form sogar bei "etwa 90" ein. Doch der Experte weiß natürlich auch um die Zukunftsängste der Marktbeschicker. Am vergangen Samstag hatten diese einen Sarg zwischen ihren Ständen platziert - als "Mahnmal", dass der Wochenmarkt zu sterben drohe, falls sich nicht die Rahmenbedingungen verbessern.
Während sich die Marktbeschicker vor allem zusätzliche kostenlose Kurzzeit-Parkplätze in der Nähe wünschen, sieht Thomas Egger die Herausforderungen sehr viel umfassender. Unterstützt wird er darin von der Stadtspitze. So sagt Louay Yassin: "Der Wochenmarkt wird nicht alleine durch Parkplätze gestützt, sondern durch ein Gesamtkonzept." Egger geht noch einen Schritt weiter: "Das Marktwesen und die Nahversorgung müssen im Kontext der Stadtentwicklung gesehen werden." Für den Coburger Wochenmarkt sieht er diesbezüglich gleich aus mehreren Gründen eine gute Zukunft. So bezeichnet er das "Fundament" aus Lage und Ambiente als "super". Hinzu komme, dass in der direkten Innenstadt in den vergangenen Jahren einiges an Nahversorgung weggebrochen sei. Gleichzeitig müsse festgestellt werden, dass viele der Kunden immer älter werden. Aber wie können jüngere Menschen, die Supermärkte auf der grünen Wiese sowie vor allem auch Online-Shopping seit jeher gewohnt sind, angelockt werden?
"Zu jedem Trend gibt es einen Gegentrend", sagt Thomas Egger, "und der Gegentrend zur Digitalisierung ist eine ,neue Menschlichkeit‘." Und wo sei diese "neue Menschlichkeit" besser zu greifen als auf einem Wochenmarkt, der nicht nur für ein Einkaufserlebnis stehe, sondern eben auch ein Treffpunkt sei. Ohnehin sollten Innenstädte verstärkt auf den "Faktor Humanisierung" setzen - ohne dabei die Digitalisierung völlig auszublenden. "Natürlich muss der Wochenmarkt auch online beworben werden", so Egger. Ebenso könnte nachgedacht werden, ob Beschicker auch Waren nach Hause liefern, die zuvor im Internet bestellt wird.
Ja, Thomas Egger hat bereits einige erste Ideen, wie der Coburger Wochenmarkt attraktiver gestaltet werden könnte (siehe dazu auch Auflistung am Ende dieses Textes). Doch er will nicht zu sehr vorpreschen: "Ich bin nicht der Besserwisser von außen!" Stattdessen sehe er sich als "Coach" und "Prozessbegleiter". In diesen Prozess, an dessen Ende ein Bündel an Maßnahmen stehen wird, sollen möglichst viele Menschen einbezogen werden: Außer den Beschickern des Wochenmarkts und des Bauernmarkts etwa auch Einzelhändler, Gastronomen, Coburg Marketing oder die Wifög. Eine entsprechende Projektgruppe soll erstmals im September tagen. Auch ist eine Umfrage sowohl unter den Marktbeschickern als auch der Bevölkerung geplant. "Spätestens im kommenden Frühjahr wollen wir mit dem Wochenmarkt neu durchstarten", so Egger.
Heftige Diskussion im Internet
Bereits am Donnerstag (6. August) wird Dominik Sauerteig die Vorsitzende der Coburger Marktkaufleute, Claudia Hartan, zu einem Gespräch empfangen. Das Gespräch geht auf eine Initiative von Sauerteig zurück, nachdem es am vergangenen Wochenende im Internet (Facebook) sehr heftige Diskussionen rund um den Wochenmarkt gab.