Das Beratungsunternehmen von Thomas Egger möchte bis zum Frühjahr 2021 verschiedene Vorschläge machen. Ziel ist es, neue Kunden für den Wochenmarkt zu gewinnen.
Die ältere Frau, die am Mittwoch auf dem Wochenmarkt Obst und Gemüse einkauft, wirkt verunsichert. Als sie plötzlich eine Gruppe wichtig aussehender Menschen erblickt, nutzt sie diese Chance beim Schopfe: "Unser Markt muss fei scho bleiben!" Louay Yassin, Pressesprecher der Stadt, versucht zu beruhigen: "Das tut er doch auch! Und wir wollen ihn sogar noch schöner machen." Mit "wir" meint Yassin unter anderem Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) sowie Thomas Egger.
Der aus Linz stammende Egger ist ein Spezialist für Wochenmärkte. Auf der Referenzliste seines Beratungsunternehmens stehen 200 Städte, in denen er entweder bestehende Wochenmärkte optimiert oder gar neue Märkte "von 0 auf 100", wie er es nennt, komplett neu aufgebaut hat.
Das Fundament ist "super"
In Coburg muss nicht bei Null angefangen werden. Thomas Egger stuft den Wochenmarkt in seiner jetzigen Form sogar bei "etwa 90" ein. Doch der Experte weiß natürlich auch um die Zukunftsängste der Marktbeschicker. Am vergangen Samstag hatten diese einen Sarg zwischen ihren Ständen platziert - als "Mahnmal", dass der Wochenmarkt zu sterben drohe, falls sich nicht die Rahmenbedingungen verbessern.
Während sich die Marktbeschicker vor allem zusätzliche kostenlose Kurzzeit-Parkplätze in der Nähe wünschen, sieht Thomas Egger die Herausforderungen sehr viel umfassender. Unterstützt wird er darin von der Stadtspitze. So sagt Louay Yassin: "Der Wochenmarkt wird nicht alleine durch Parkplätze gestützt, sondern durch ein Gesamtkonzept." Egger geht noch einen Schritt weiter: "Das Marktwesen und die Nahversorgung müssen im Kontext der Stadtentwicklung gesehen werden." Für den Coburger Wochenmarkt sieht er diesbezüglich gleich aus mehreren Gründen eine gute Zukunft. So bezeichnet er das "Fundament" aus Lage und Ambiente als "super". Hinzu komme, dass in der direkten Innenstadt in den vergangenen Jahren einiges an Nahversorgung weggebrochen sei. Gleichzeitig müsse festgestellt werden, dass viele der Kunden immer älter werden. Aber wie können jüngere Menschen, die Supermärkte auf der grünen Wiese sowie vor allem auch Online-Shopping seit jeher gewohnt sind, angelockt werden?
"Zu jedem Trend gibt es einen Gegentrend", sagt Thomas Egger, "und der Gegentrend zur Digitalisierung ist eine ,neue Menschlichkeit‘." Und wo sei diese "neue Menschlichkeit" besser zu greifen als auf einem Wochenmarkt, der nicht nur für ein Einkaufserlebnis stehe, sondern eben auch ein Treffpunkt sei. Ohnehin sollten Innenstädte verstärkt auf den "Faktor Humanisierung" setzen - ohne dabei die Digitalisierung völlig auszublenden. "Natürlich muss der Wochenmarkt auch online beworben werden", so Egger. Ebenso könnte nachgedacht werden, ob Beschicker auch Waren nach Hause liefern, die zuvor im Internet bestellt wird.
Ja, Thomas Egger hat bereits einige erste Ideen, wie der Coburger Wochenmarkt attraktiver gestaltet werden könnte (siehe dazu auch Auflistung am Ende dieses Textes). Doch er will nicht zu sehr vorpreschen: "Ich bin nicht der Besserwisser von außen!" Stattdessen sehe er sich als "Coach" und "Prozessbegleiter". In diesen Prozess, an dessen Ende ein Bündel an Maßnahmen stehen wird, sollen möglichst viele Menschen einbezogen werden: Außer den Beschickern des Wochenmarkts und des Bauernmarkts etwa auch Einzelhändler, Gastronomen, Coburg Marketing oder die Wifög. Eine entsprechende Projektgruppe soll erstmals im September tagen. Auch ist eine Umfrage sowohl unter den Marktbeschickern als auch der Bevölkerung geplant. "Spätestens im kommenden Frühjahr wollen wir mit dem Wochenmarkt neu durchstarten", so Egger.
Heftige Diskussion im Internet
Bereits am Donnerstag (6. August) wird Dominik Sauerteig die Vorsitzende der Coburger Marktkaufleute, Claudia Hartan, zu einem Gespräch empfangen. Das Gespräch geht auf eine Initiative von Sauerteig zurück, nachdem es am vergangenen Wochenende im Internet (Facebook) sehr heftige Diskussionen rund um den Wochenmarkt gab.
Haben Sie eigentlich mal darüber nachgedacht, daß es auch ganz andere Gründe dafür geben könnte, warum der Wochenmarkt in Coburg in Gefahr ist ? Gehen Sie doch einmal hin und beobachten Sie, wie die Kunden sich förmlich "wohlfühlen", wenn sie jedesmal diesen obskuren Mundschutz auf - und absetzen dürfen. Glauben Sie denn wirklich, die Leute geben in nennenswerten Umfang ihr Geld aus, wenn ihnen solche skurrilen Maßnahmen abverlangt werden ? Nein, das tun sie im Regelfall natürlich nicht - ein weiteres Beispiel für diese "durchdachte" Politik ist die immer öder werdende Innenstadt, in der Geschäfte reihenweise schließen und bei denen, die noch da sind, sich oftmals das Verkaufspersonal die Beine in den Bauch steht - und sie tun recht daran, denn anders lernt die Politik offenbar absolut gar nichts als wenn man ihr das schöne Geld entzieht.
Der Marktplatz muss auch an Markttagen frei von Fahrzeugen bleiben und Verstöße strikt geahndet werden. Inzwischen ist es nämlich
soweit, dass sich Fußgänger häufig belästigt oder sogar gefährdet fühlen, weil hier reger Kfz-verkehr herrscht und offensichtlich keinerlei Überwachung mehr stattfindet. Oder soll auch dieser schöne Markt irgendwelchen Leuten mit rein kommerziellen Hintergedanken zum Opfer fallen?
Lieber cobserver, Ihre Realitätsverweigerung wir diesen "schönen Markt" noch viel früher kaputtmachen als die Ignoranz der Stadtregierung, welche hiermit an eine Einsicht von Ferdinand Piëch erinnert sei:
"Wenn man ein Unternehmen zerstören will, muss man nur versuchen, es mit externen Beratern in Ordnung zu bringen." Und der Mann sprach aus bitterer Erfahrung.
Wenn jetzt die Stadt anstatt als Coburger mit Herzblut für den Markt einzutreten und selbst über Lösungen NACHZUDENKEN, Millionen an Marketingsprech-Angeber (hunderte Kommunen ...) verschleudern will, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß es in ein paar Jahren keinen Coburger Wochenmarkt mehr geben wird.
Die "Leute mit kommerziellen Hintergedanken" brauchen die Einnahmen vom Markt zum (Über)Leben. Nur weil die Coburger Stadtregierung noch nicht begriffen hat, daß die pöhsen Autos trotz der adipösen Fußgängerzone immer noch nicht wieder verschwunden sind, wird die Innenstadt immer öder; fragen Sie in den verbliebenen Geschäften, wann diese nennenswerten Umsatz machen: "Bis 10.00 Uhr, danach könnten wir zumachen."
Konzepte, welche auch 2020 Autoverkehr und INTAKTE Innenstadt koexistieren lassen (zu aller Nutzen), findet man z. B. in Tirschenreuth, Neumarkt und Ingolstadt.
Lieber Dylan, Thomas, Sie werden selten eine Stadt mit so zentrumsnahen Parkmöglichkeiten wie in Coburg finden. Schon deswegen erübrigt sich jeder weitere Kommentar zu Ihrer Sichtweise. Aber jeder lebt halt in seiner eigenen Realitätsverweigerung.