Ginge es nach Werner Minier, gäbe es für 2017 keinen weiteren Kalender mit den Geschichten abgerissener Häuser. Aber es kam anders.
Er hat es wieder getan. Werner Minier vom Verein Altstadtfreunde
Coburg wollte nach vier Ausgaben (2013 bis 2016) in diesem Jahr keinen weiteren Abrisskalender herausbringen. Doch schließlich gab er den vielen Anfragen nach und zeigt nun wieder zwölf Fotos von Häusern, die einst das Stadtbild prägten und heute nicht mehr oder in veränderter Form existieren. "Ich habe festgestellt, dass bei den Coburgern das Interesse an dem Kalender nach wie vor groß ist. Also mache ich weiter", sagt Werner Minier.
Sperrfrist für Fotos
Und Material gebe es noch ausreichend. Zum Beispiel Fotos von den Jugendstil-Villen, die einst im Bereich der Schlachthofkreuzung standen. Es existieren Aufnahmen der Gebäude von innen und außen. Sie liegen im Staatsarchiv und dürfen weder angesehen noch veröffentlicht werden. "Das staatliche Bauamt Bamberg hat die Hand drauf.
Mit der Begründung, dass die Wissenschaftlichkeit meiner Arbeit nicht nachgewiesen sei, lässt man mich nicht einmal einen Blick darauf werfen." Auch dem Leiter des Staatsarchivs, Johannes Haslauer, sei es nicht gelungen, die Verantwortlichen des Bauamts umzustimmen. "Die Sperrfrist endet für einige Fotos 2017, für andere aber auch erst 2027. Ich bleibe auf jeden Fall dran", verspricht Werner Minier.
Was er indes für den Kalender 2017 zusammengetragen hat, kann sich auch sehen lassen. Eine Rarität steht gleich am Anfang: Das Januarblatt zeigt eine in Leichtbauweise errichtete Festhalle, die 1886 aus Anlass des 7. Sängerbundfestes auf dem Anger stand. Das zweistöckige, reich verzierte Bauwerk bot 2000 Sängern und 3600 Zuhörern Platz. Was daraus wurde, ist nach den Erkenntnissen von Werner Minier nicht überliefert.
Aber es gibt einen Antrag des Oberturnlehrers Leuthäuser aus dem Jahr 1899, für Kreisturnfeste den Bau einer ständigen Festhalle zu überdenken. Heute steht an besagter Stelle die Angersporthalle, deren Tage auch gezählt sind. Interessant auch die Geschichte zweier Gebäude, denen das Mai- und das Juliblatt gewidmet sind.
Prominente Gäste
Da geht es zum einen um das ehemalige Hotel Leuthäuser in der Spitalgasse 19. Zunächst wurde es als Wohnhaus, später als Gasthaus und als Hotel genutzt. Prominente Gäste von Otto von Bismarck und Franz Liszt nächtigten dort. 1903 richtete die Firma Conitzer & Söhne in dem Gebäude das erste Coburger Kaufhaus ein. 1908 wurde es abgerissen und ein Jugendstilgebäude nach den Plänen des Stadtbaumeisters Max Böhme errichtet. Und so steht es noch heute.
Im Juli beschäftigt sich Werner Minier mit dem Schicksal des Landhauses in der Parkstraße 2 in Ketschendorf. Die Coburger Herrscherfamilie hatte es 1805 bauen lassen. 1868 kaufte es die Opernsängerin Rosine Stoltz, auch bekannt als Freifrau von Stoltzenau. Sie ließ in der Nachbarschaft ein schlossähnliches Gebäude hochziehen und das Landhaus kurzerhand abreißen. Immerhin steht das Ketschendorfer Schloss noch und hat auch eine Zukunft.
Außerdem hat sich Werner Minier diesmal noch der Geschichte folgender Gebäude angenommen: Wohnhaus Marschberg 7, Sturms Brauerei, Callenberger Straße 37, Geschäftshaus Ketschengasse 27, Inneres Judentor, Judengasse 14/16, Handwerkerhaus, Leopoldstraße 3, Georgenspital, Steinweg 4, Bürgerhaus, Mauer 10, Restauration Macha, Schlachthofstraße 6 und Vereinsbank, Theaterplatz 10/11.
Wie kommt man an den Kalender?
Die Altstadtfreunde werden ihren neuen Abrisskalender am Samstag an einem Informationsstand in der Spitalgasse (vor der Müller-Drogerie) vorstellen. Er ist zum Preis von 9,90 Euro auch in den Buchhandlungen und im Tourismusbüro erhältlich.