Edmund Moellers Werk ist in Neustadt etwas in den Hintergrund gerückt. 60 Jahre nach seinem Tod sollte sein Nachlass wieder präsentiert werden.
Vor 60 Jahren, am 19. Januar 1958, verstarb Professor Edmund Moeller, Neustadter Ehrenbürger, in seiner Wahlheimat Dresden. Wohl kaum ein Ehrenbürger Neustadts hat solch weltweite Bekanntheit erlangt wie dieser akademische Bildhauer aus der Bayerischen Puppenstadt. In dem 2005 anlässlich des 120. Geburtstages des Künstlers von den Dresdener Autoren Antje Kirsch (Diplom-Designerin und Mediengestalterin), Janina Kracht (Malerin und Grafikerin) und Dr. Stefan Dürre (Kunsthistoriker und Bildhauer) herausgegebenen Buch "Edmund Moeller - Auf der Suche nach einem vergessenen Dresdner Bildhauer" heißt es unter anderem:
"Edmund Moeller war ein bedeutender Dresdner Bildhauer der zwanziger und dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts. Und doch: über den Künstler ist heute nur wenig bekannt, sein Werk nahezu vergessen. Der einst hoch gelobte Träger des Rompreises, des Sonnenordens des Staates Peru (für die Schaffung des Nationaldenkmals in Trujillo), des Kunstpreises der Stadt Dresden und Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Neustadt b. Coburg war äußerst produktiv und hat besonders in seiner Wahlheimat Dresden viele Spuren hinterlassen. Hier befindet sich auch heute noch sein öffentlich zugängliches Atelierhaus mit Garten, das seit über vierzig Jahren Sitz der Genossenschaft Kunst + Bau eG ist."
Außergewöhnliche Begabung
Edmund Moeller verarbeitete alle Werkstoffe vom weichen Wachs und leicht bildbaren Ton über Holz und Metall bis zum Stein aller Härtegrade. Vor allem seine aus härtestem Stein geschlagenen Monumentalfiguren, wie beispielsweise beim peruanischen Freiheitsdenkmal, verschafften ihm Weltgeltung. Ebenso bedeutend waren aber auch die Büsten, welche er von Dichtern, Gelehrten, Musikern und Philosophen schuf. Hier zeigte sich seine außergewöhnliche Begabung im Erfassen und Enträtseln des menschlichen Antlitzes. Auch Sportfiguren, Klein- und Großplastiken, Reliefs und Tierdarstellungen gehörten ebenfalls zu seinen Schöpfungen. Daneben widmete sich Edmund Moeller noch der Graphik und Malerei. Auch auf diesen Gebieten der darstellenden Kunst fand er die entsprechende Anerkennung.
Seinen größten Coup landete der junge Bildhauer, als er aus einem internationalen Wettbewerb um das peruanische Freiheitsdenkmali Trujillo 1923 als Sieger hervorging. Über 200 renommierte Bildhauer aus aller Welt, darunter auch 80 aus Deutschland, beteiligten sich daran. Von circa 1924 bis 1927 arbeitete er in der Nähe eines thüringischen Steinbruchs, der ihm den Travertin-Marmor lieferte, an der Ausführung dieses Werkes. Der Transport der Figuren, die mit dünnen Stahlseilen zersägt wurden, umfasste 110 Eisenbahnwaggons, die über Bremerhaven verschifft wurden. Für dieses Monument, dessen Einweihung am 9. Dezember 1927 stattfand, wurde ihm 1928 der "Sonnenorden" verliehen. Der "Sonnenpreis" ("Orden El Sol del Perú") ist die höchste Auszeichnung, die von der peruanischen Regierung an In- und Ausländer für besondere Verdienste unter anderem im Bereich Kunst, Literatur, Politik und für sonstige Leistungen für Peru verliehen wird. Außerdem erhielt Moeller das Ehrenbürgerrecht der Stadt und die Ehrenprofessur der Universität Trujillo. Neben einem großzügigen Preisgeld übergab man Edmund Moeller zahlreiche Folgeaufträge in Peru.
Edmund Moeller wurde, als er 1929 nach Deutschland zurückkehrte, in seiner Heimatstadt ein grandioser Empfang bereitet. "In Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen auf dem Gebiete der bildenden Kunst und in dankbarer Würdigung seines großen Mitschaffens an der Weltgeltung deutscher Geisteswerke" wird ihm vom Neustadter Stadtrat am 19. November 1929 die Ehrenbürgerschaft verliehen. Ganz Neustadt war auf den Beinen, als der berühmte Sohn der Stadt am 22.November 1929 mit einem Heimatabend gefeiert wird. Zum Dank erhielt die Stadt von ihm eine Böttcherkeramik seines ehemaligen Lehrers Albert Puchner. Jahrzehntelang schmückte die Büste eine Wand im obersten Stockwerk der Volksschule Heubischer Straße. Es wäre sehr zu wünschen, wenn diese Büste wieder einen würdigen Platz in dieser Schule finden würde.
Er kaufte sich ein Auto
Der Erfolg in Südamerika schien sich aber für Edmund Moeller in Dresden eher negativ auszuwirken. Um 1925 hatte er das Grundstück an der Gostritzer Straße gekauft und ein sehr großzügiges Atelierhaus darauf bauen lassen. Außerdem hatte er ein Auto erworben. Damit hatte er sich offenbar bei vielen Künstlerkollegen, die Hunger litten, da sie ihre Kunst nicht verkaufen konnten, unbeliebt gemacht. Seine längere Abwesenheit von Dresden und die allgemeine Notsituation durch die Weltwirtschaftskrise verschlechterten seine Auftragslage erheblich. Auch seine Heimatstadt Neustadt b. Coburg konnte ihm angesichts leerer öffentlicher Kassen keine lukrativen Aufträge erteilen. Der Entwurf für ein Gefallenendenkmal wurde nicht umgesetzt, da die Stadt einen preiswerteren Entwurf favorisierte.
Dann wurde es finanziell eng
Nach Kriegsende spitzte sich die Lebenslage für Edmund Moeller und seine Frau Julia mehr und mehr zu. Die Aufträge blieben fast völlig aus und beide lebten von einer Sozialrente, die Julia erhielt. Andererseits wuchs ein Schuldenberg an, den beide bald nicht mehr bewältigen konnten. Vom Dresdener Finanzamt wurde die Grundsteuer für das Grundstück eingefordert. Das Moellersche Anwesen wurde unter Zwangsverwaltung gestellt. Ohne Einkünfte aus seiner Arbeit konnte Edmund Moeller bald auch andere Forderungen nicht mehr begleichen. 1957 verkaufte Edmund Moeller einen Großteil des Gartengrundstücks, um wenigstens einen Teil der Schulden an das Finanzamt zu tilgen.
Am 19. Januar 1958 starb Edmund Moeller. Er wurde auf dem Dresdner Friedhof Leubnitz-Neuostra beigesetzt. In der Todesanzeige in der Dresdner "Union" bittet seine Frau, von Beileidsbesuchen abzusehen. Ein knappes Jahr später starb auch sie. Sohn Baldur Moeller war nach seinem Kriegsdienst in der Wehrmacht in Erlangen geblieben. Über die deutsch-deutsche Grenze hinweg gestaltete es sich schwierig, den Nachlass seines Vaters zu verwalten. Kleinere Plastiken und Bilder verkaufte er an Dresdner Kunsthandlungen. 1963 überließ er der Stadt Dresden einen Großteil der Plastiken und Bilder, die im Atelierhaus verblieben waren, als Dauerleihgabe, 1989 schließlich als Schenkung. Darunter befanden sich große Objekte, die sich bis heute auf dem Grundstück befinden.
Neustadt kaufte den Nachlass
Etwa 200 Stücke konnte Baldur Moeller auf eigenen Wunsch 1963 offiziell nach Erlangen bringen. Die Stadt Neustadt b. Coburg kaufte 1982 diesen Nachlass und richtete mit der Kaufsumme 1983 die "Professor-Edmund-Moeller-Stiftung" ein, deren vornehmliche Aufgabe es ist, die bildende Kunst in Neustadt zu fördern. 1963 wurde auch der nach dem Entwurf von Edmund Moeller von dem Coburger Bildhauer Wittmann gefertigte "Harlekinbrunnen" (Brunnenfigur "Harlekin mit spielenden Kindern") auf dem Hindenburgplatz in Neustadt eingeweiht. Die Harlekingruppe war sein großer Traum; denn er wollte eine Plastik schaffen, die zum Wahrzeichen Neustadts werden sollte, aber damit auch den Neustadter Bürgern sowie dem Handwerk der Puppenherstellung ein Denkmal setzen.
Weitere Kunstwerke, die sich in Neustadt befinden, sind das 1908 geschaffene Hochrelief "Kreuztragung Christi" in der Stadtkirche St. Georg; die Grabmäler seines Vaters, seiner Mutter und seiner Schwester Rosa im Friedhof an der Eisfelder Straße. Außerdem sind zahlreiche Büsten, Figuren und Skulpturen, Zeichnungen und Gemälde im städtischen Kunstarchiv in der "Kultur.werk.stadt" im ehemaligen Patzschkeareal in der Bahnhofstraße 22 aufbewahrt.
Anlässlich seines 125. Geburtstages im Jahre 2010 wurde dem akademischen Bildhauer und Ehrenbürger am Eingang zur Bretschneider-Anlage in der Coburger Straße, unweit von seinem Geburtshaus Coburger Straße 20, eine Granitstele gesetzt, auf dessen abgeschrägter Oberfläche eine Gedenktafel angebracht ist. Außerdem ist im Baugebiet "Süd" eine kleine Wohnstraße nach ihm benannt. Auf einem kleinen Messingschildchen am Wegweiser sind die Lebensdaten Edmund Moellers vermerkt.
Der 60. Todestag von Professor Edmund Moeller wäre sicherlich ein gute Gelegenheit, im Laufe dieses Jahres seinen Nachlass im Rahmen einer Gedächtnisausstellung der Neustadter Öffentlichkeit nach 2005 wieder einmal zu präsentieren. Die "Kultur.werk.stadt" bietet sich dafür geradezu an!
Von Dieter Seyfarth
Quellen:
• Geschichte der Stadt Neustadt im 20. Jahrhundert (1. Band) von Helmut Scheuerich (1990)
• Buch "Die Ehrenbürger von Coburg und seiner Umgebung (1992)
• Buch "Edmund Moeller - Auf der Suche nach einem vergessenen Dresdner Bildhauer (2005)
• Diverse Zeitungsartikel (u. a. von Horst Knoch, Neustadt)