Petition einer Coburgerin zum Sportunterricht ist Thema im Landtag
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Mittwoch, 09. Juli 2014
Die Petition einer Coburgerin zum gymnasialen Sportunterricht wird am Donnerstag im Landtag öffentlich beraten. MdL Berthold Rüth (CSU) und Günther Felbinger (Freie Wähler) haben sich vorab mit dem Thema beschäftigt. Ihre Meinungen dazu gehen weit auseinander.
Eine Coburgerin hat im März eine Petition beim Kultusministerium eingereicht, in der sie sich über den gymnasialen Lehrplan im Fach Sport beschwert. Infranken.de berichtete darüber und löste eine breite Diskussion unter Sportlehrern, Eltern und Schülern aus. Jetzt wird das Thema im Ausschuss für Bildung und Kultus des bayerischen Landtags öffentlich beraten.
Der Tagesordnungspunkt steht am Donnerstag um 8.45 Uhr auf der Tagesordnung im Maximilianeum. Die Coburgerin wurde eingeladen, daran teilzunehmen. Ob sie allerdings ihr Anliegen kurz mündlich erläutern wird, entscheidet allein der Ausschuss.
"Es freut mich, dass mein Anliegen tatsächlich im Landtag behandelt wird - schön in einer Demokratie zu leben! Wünschen würde ich mir, dass nie wieder ein Kind Schulsport mit einem Gefühl des Versagens oder Angst verbindet, sondern diese Unterrichtszeit dazu genutzt wird, Freude an Bewegung zu vermitteln", lautet ihre erste Reaktion.
Bewegung sei intelligenzfördernder als alles andere, kommt aber im normalen Alltag der Kinder und Jugendlichen von heute viel zu kurz. Das bisschen Zeit, das dem Sport an der Schule gewidmet werde, sollte nicht abschrecken, sondern Spaß machen und die Kondition verbessern. "Man sollte dort Dinge machen, die man jederzeit zu Hause wiederholen kann - und wer hat schon einen Stufenbarren daheim?", formuliert sie provokant.
Die Mutter, die anonym bleiben möchte, schrieb in ihrer Petition: "Der Lehrplan Sportunterricht an den Gymnasien ist überholt. Schulsport sollte Ausgleich und Gesundheitsförderung sein. Anstelle von akrobatischen, teilweise gefährlichen Übungen sollte mehr Wert auf Ausdauer, Fitness, Freude an Bewegung gelegt werden."
Landtagsabgeordneter Berthold Rüth (CSU), der als Sportfachmann zum Berichterstatter ernannt wurde, wird das Thema vortragen. Im Gespräch mit dem Tageblatt betonte er gestern, dass er das Anliegen völlig "ok" finde. Seine Auffassung sei jedoch eindeutig: "Alles, was die Dame fordert, ist schon jetzt möglich. Das alles gibt der Lehrplan her."
Sensibilität gefordert
Den Schulen sei es überlassen, Schwerpunkte im Unterricht zu setzen oder gar Kooperationen mit Sportvereinen einzugehen. Jede Lehrkraft habe die Freiheit, ihren Unterricht individuell zu gestalten. Natürlich sei die Sensibilität der Lehrkräfte gefordert, wenn es darum gehe, dass Kinder weniger beweglich, zu dick oder nur eingeschränkt sportlich sind.
Eine ganz andere Meinung vertritt da sein Kollege Günther Felbinger von den Freien Wählern. Auch er hat sich im Vorfeld mit dem Thema auseinandergesetzt. "Das ist eine ganz wunderbare Petition, die genau meinen Geschmack trifft", sagt Felbinger, der selbst 16 Jahre lang als Sportlehrer unterrichtet hat. Grundsätzlich müsse der Sportunterricht den gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden. Es werde immer schwieriger, den Schülern die sehr komplexen Abläufe des Geräteturnens abzuverlangen. Viele seien körperlich gar nicht mehr in der Lage dazu - wie auch die Lehrer teilweise! Die Kinder sollten durch den Sportunterricht motiviert werden, lebenslang Spaß und Freude am Sport zu empfinden. Felbinger ist gespannt, wie die Beratung endet. Er könne sich schon vorstellen, dass sein Kollege von der CSU den aktuellen Sportunterricht als optimal erachtet, sagte er gegenüber infranken.de.
Die Coburgerin hatte darauf hingewiesen, dass immer mehr Jugendliche viele Stunden mit den neuen Medien verbringen und damit die Verletzungsgefahr im Sportunterricht steige. Sie ging weiterhin auf die übergewichtigen Kinder ein, die immer mehr werden. Sie müssten trotzdem zu Bewegung animiert werden und sollten keine Frusterlebnisse aus dem Sport mitnehmen.
Für Pubertierende sei es nicht zuträglich, akrobatische Verrenkungen machen zu müssen, während die ganze Klasse zuschaut.
"Warum hat jeder zweite Erwachsene traumatische Erinnerungen an den Schulsport? Warum wird da nichts geändert? Statt ein- bis zweimal die Woche unsinnige Übungen zu machen, sollte die tägliche Bewegung gefördert werden", heißt es in der Petition.
Der bayerische Landtag hatte binnen weniger Tage auf die Petition reagiert. Mittlerweile liegt eine Stellungnahme der bayerischen Staatsregierung vor. Ob die Coburger Mutter mit ihrer Beschwerde in München erfolgreich ist, wird sich morgen nach der Beratung zeigen. Sollten die Ausschussmitglieder für die Petition votieren, ergeht eine dringende Empfehlung an die Staatsregierung zur Umsetzung.