Jochen Medau organisierte kurzfristig Hilfe für seinen gehbehinderten Schwager im Coburger Bahnhof. FDP-Stadtrat Eidt stellt nun Dienstaufsichtsbeschwerde.
Schließlich waren mehr Helfer als nötig am Coburger Bahnhof, um einen schwerbehinderten Fahrgast vom Bahnsteig die Treppe zur Bahnhofshalle hinunterzutragen. Neben den Mitarbeitern vom Bayerischen Roten Kreuz und vom Arbeiter-Samariter-Bund waren am Donnerstagnachmittag auch Sozialreferent und Bürgermeister Thomas Nowak (SPD) sowie die beiden FDP-Stadträte Hans-Heinrich Eidt und Ulrich Herbert gekommen, um Zeugen des Trauerspiels um den immer noch nicht barrierefreien Coburger Bahnhof zu sein.
Wie berichtet, sind die Aufzüge von den Bahnsteigen in die Unterführung zur Bahnhofshalle zwar seit etwa neun Monaten installiert, aber die technische Abnahme lässt auf sich warten. Deshalb sind sie außer Betrieb.
Die Treppen sind nicht zu schaffen
Am Donnerstag um 15.50 Uhr kamen Katharina und Peter Hütz mit dem ICE aus München in Coburg an. Hütz ist der Schwager des früheren Stadtrates Prof. Jochen Medau und wegen seiner massiven Gehbehinderung auf zwei Gehstöcke angewiesen. Die Treppen sind für den älteren Herrn nicht zu schaffen. Medau wollte am Mittwochvormittag über den Mobilitätsservice der Bahn telefonisch eine Aussteigehilfe organisieren. "Ich sei zu spät, mindestens 24 Stunden vorher müsse dies geschehen", erzählte Medau, was er dabei erfahren hatte.
Vorlauf sei schon nötig, bestätigte Michael Stelzner vom Fahrdienst des Roten Kreuzes, der nach einem Anruf von Jochen Medau kurzfristig mit zwei Helfern zum Bahnhof gekommen war. Aber in der Regel könne man kurzfristig reagieren. Das bestätigte auch der Coburger ASB. Die beiden Hilfsorganisationen vor Ort werden von der Deutschen Bahn in solchen Fällen beauftragt und die übernimmt dann die Kosten. Im aktuellen Fall belaufen die sich auf nicht ganz 100 Euro. "Wir bekommen ein Fax von der Bahn und bestätigen den Auftrag per E-Mail", erklärte Stelzner. Mobilitätseingeschränkten Bahnkunden ermöglichten die karitativen Organisationen somit das Aus-, Ein- und Umsteigen.
Verärgert sind Stadtführung und Kommunalpolitik über die Behäbigkeit der Bahn. Seit rund einem Dreivierteljahr stehen die eingebauten Fahrstühle still. In einem Antrag für die Sitzung des Stadtrates im September fordert FDP-Stadtrat Hans-Heinrich Eidt mit Hilfe des Denkmalschutzgesetzes, mit Dienstaufsichtsbeschwerden und durch eigene Planungen und Arbeiten kurzfristig die Mängel des Coburger Bahnhofs zu beseitigen. Eidt will erfahren haben, dass die technische Abnahme der Aufzüge daran scheitert, dass die Bahn den Vertrag mit dem bisher bundesweit beauftragten Unternehmen gekündigt habe und sich noch nicht für einen Ersatz entschließen könne.
Am Freitagnachmittag wurde bekannt, dass Eidt die September-Sitzung des Stadtrats nicht mehr abwarten will und nun selbst eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Deutsche Bahn auf den Weg gebracht hat. Die Beschwerde richtet Eidt an den Bahn-Vorsitzenden Bernd Koch und "gegen alle für die Ausgestaltung des Bahnhofs in Coburg zuständigen Personen". Obwohl der ICE-Betrieb laufe, sei der Bahnhof in katastrophalem Zustand, schreibt Eidt. Die Rügen den Coburger Politiker interessierten die zuständigen Mitarbeiter offenbar überhaupt nicht, so Eidt. "Gegen diese offenkundige Untätigkeit richtet sich meine Dienstaufsichtsbeschwerde".
FDP will Kosten vorstrecken
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Die Stadt solle einen qualifizierten Sachverständigen suchen, diesem den Auftrag zur technischen Abnahme erteilen und der Bahn die Rechnung schicken, fordert der FDP-Stadtrat. "Damit die Stadtkasse damit nicht belastet wird, würden die Freien Demokraten die Summe vorstrecken." Dazu hat Hans-Heinrich Eidt einen Brief an den Coburger Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) geschrieben: "Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, der heutige Vorfall am Bahnhof, über den die Zeitungen morgen berichten werden, gibt uns Veranlassung zu folgendem Angebot in Ausführung meines bereits vorliegenden Antrags: Der FDP-Kreisverband Coburg Stadt und ich als Stadtrat bieten der Stadt an, die Kosten eines TÜV- Prüfingenieurs vorzustrecken, die zur technischen Abnahme des seit Monaten stillliegenden Fahrstuhls an Gleis 3 im Bahnhof anfallen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Stadt Coburg umgehend einen Prüfingenieur ausfindig macht und bei der DB Station & Service die Zustimmung dazu einholt. Es erscheint schlicht unwahr, wenn seit Monaten von der DB behauptet wird, es sei kein Prüfingenieur zu finden bzw. zeitlich verfügbar. Auch die Behauptung, nur ein stets für die DB tätiger Ingenieur sei zu dieser Prüfung in der Lage erscheint schlicht unwahr. Warum können denn andere Prüfingenieure in Privatbauten die Fahrstühle abnehmen? ... Unser finanzielles Angebot soll die untätigen Personen in Bewegung setzen, wobei die DB nach Vollzug die von uns vorverauslagten Beträge aus diesem Umsatz sicher erstatten kann.