Per "Du" mit der gelben Pavie

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Alexander Ulmer zeigt eine mächtige Eiche bei Hohenstein.
Alexander Ulmer zeigt eine mächtige Eiche bei Hohenstein.

Bäume gucken wird mit Alexander Ulmer zur spannenden Tour um Hohenstein.

So eine gewaltige Eiche oder gar ein Mammutbaum sind eindrucksvolle Erscheinungen. Was aber Fachleute zu Freudensprüngen treibt, ist manchmal auf den ersten Blick gar nicht so spektakulär. Wer sich mit Alexander Ulmer, dem Geschäftsführer vom Landesbund für Vogelschutz in Coburg, zwischen die Stämme und unter die Kronen begibt, kommt leicht ins Staunen.

Vom Mammutbaum und der geheimnisvollen gelben Pavie ist die Rede in der Ankündigung eines Angebots der Volkshochschule. Mammutbaum ist klar, aber gelbe Pavie? Die botanische Spurensuche beginnt auf dem Parkplatz neben dem Gasthof "Alte Henne" unterhalb des Schlosses und des Parks Hohenstein. "Eine der echten Sensationen steht gleich hier drüben", sagt Ulmer und grinst. Zwischen den Büschen entlang der Straße steht ein knorriger aber doch recht unauffälliger Baum - auf den ersten Blick. Die gelbe Pavie? Sieht aus wie Weißdorn als Baum, denkt man gerade als Ulmer erklärt: "Das ist ein Weißdorn." Den muss man nur mal 150 Jahre in Ruhe lassen, dann wird aus dem Busch tatsächlich ein stattlicher Stamm.

Der Spaziergang führt von da an von "echt?" über "Wow!" bis nach "Wahnsinn!". Da ragt ein Baum wie ein Bleistift in den Himmel und erinnert an die Toskana - müsste also eine Pappel sein, ist aber eine Eiche, die wegen einer Genmutation so aussieht, wie sie aussieht und seither den Namen Pyramideneiche trägt. Wenig später umrundet man eine Ecke, um vor einem Riesen von Eiche zu stehen und gleich den Unterschied zwischen Stiel- und Traubeneiche erklärt zu bekommen. Kurz zuvor stand schon der zwischen Sommer- und Winterlinde auf dem Lehrplan.

Dabei wird Ulmers Vortrag nie zur Lehr- zur Unterrichtsstunde - jedenfalls nicht so, dass man es merkt. Und schon ist man an der gelben Pavie vorbei, die man doch als erster entdecken wollte. Eine Kastanie ist sie, die Pavie. Irgendjemand hat sie hier als Edelreis auf einen Stumpf gepfropft, wie man noch erkennen kann. Sie blüht gelb und ihre Früchte sehen anders aus als etwa bei der Rosskastanie. Auch die Blätter erinnern nur in der Grundstruktur an die bekannteren Verwandten. "Die gelbe Pavie ist bei uns eine ausgesprochene Seltenheit", freut sich Alexander Ulmer, dass er den Baum in Hohenstein am Wegesrand entdeckt hat.
So geht es weiter, Blick nach oben, Ohren auf, spannenden Geschichten lauschen und schon wieder an einer Sensation vorbei latschen, die listiger Weise gerade hüfthoch am Wegesrand steht. "Das ist das Herzgespann, eine alte Heilpflanze. Sie ist im Landkreis kaum noch zu finden", erklärt Ulmer.

Wenige Schritte und ein paar interessante Bäume weiter steht man vor dem nächsten unscheinbaren Extrem. "Die Eibe ist einer der ganz wenigen zweihäusigen Bäume in Deutschland", erfährt man. Es gibt also Eibenmänner und Eibenfrauen. "Sie ist allerdings in allen Teilen sehr giftig. Man nannte sie früher den Baum des 1000-jährigen Schlafes, weil man glaubte, wer unter einer Eibe einschläft, der wacht nie wieder auf", erzählt Ulmer. Aber 1000-jährig wird wohl eher die Eibe selbst, als der Schläfer unter ihr, denn Eiben gehören ähnlich wie Linden zu den Bäumen mit der höchsten Lebenserwartung. Nach so vielen tollen Baumgeschichten fällt es sogar dem Mammutbaum am Schloss nicht wirklich leicht, noch Eindruck zu schinden. Er schafft es doch, sogar wenn man erfährt, dass ausgerechnet Eukalyptusbäume noch höher werden können. Auf dem Rückweg zum Parkplatz gibt es dann noch eine kleine Sensation, bei der man schon genau hinsehen muss, um sie auf den zweiten Blick dann doch zu entdecken. Aber die soll mal denen vorbehalten bleiben, die wirklich mit Alexander Ulmer auf Baumtour rund um Hohenstein gehen.