Nach dem tödlichen Unfall in Coburg: Gaffer, Hetzer und eine starke Truppe

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Blumen und Kerzen erinnern in der Neustadter Straße an den Unfall, bei dem ein 20 Jahre alter Feuerwehrmann starb. Foto: Jochen Berger
Blumen und Kerzen erinnern in der Neustadter Straße an den Unfall, bei dem ein 20 Jahre alter Feuerwehrmann starb. Foto: Jochen Berger

Unser Redakteur Oliver Schmidt findet es ärgerlich, dass über Gaffer und Hetzer diskutiert werden muss. Die Aufarbeitung des Unfalls ist schwierig genug.

Es gibt Situationen im Leben, die einen einfach nur sprachlos machen. Sprachlos vor Entsetzen und vor Trauer. Am Montagabend gab es in Coburg eine solche Situation. Ein junger Feuerwehrmann, der sich ehrenamtlich engagiert und anderen Menschen hilft, stirbt bei einer Übungsfahrt. Die genaueren Umstände sind da zunächst einmal völlig zweitrangig. Es dominiert das Mitgefühl - und der Wunsch, dass alle Beteiligten irgendwann irgendwie mit diesem schrecklichen Ereignis fertig werden und dann wieder zurückfinden können in ein Leben, in dem aber nichts mehr so sein wird wie zuvor.

Dass es bei den Bergungsarbeiten, die körperlich, vor allem aber auch seelisch unglaublich an die Belastungsgrenzen von jedem Einzelnen gegangen sein müssen, auch noch einen Zwischenfall mit Gaffern gab, ist an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten. Sollte man zumindest meinen. Doch, wie gesagt, es gibt Situationen, die einen sprachlos machen. Denn die beiden Gaffer, die sämtliche Absperrungen ignorierten, um mit ihren Handys noch "bessere" Aufnahmen machen zu können, haben jetzt tatsächlich Rückendeckung bekommen.

Christoph Gaitzsch, ein 51 Jahre alter FDP-Politiker aus Chemnitz, hat sich auf seiner Facebook-Seite zum Unglück in Coburg geäußert. Die Worte, die er wählte, sind derart dreist und unverschämt, dass wir sie hier nicht wiederholen möchten. Nur so viel: Er nimmt die Gaffer in Schutz, weil sie doch niemanden gefährdet hätten - gleichzeitig ätzt er gegen die Coburger Feuerwehr. Konkret stellt er den Fahrer des verunglückten Fahrzeugs an den Pranger.

Zum Glück ist die Empörung über Christoph Gaitzsch auch im eigenen FDP-Kreisverband groß. Ein Parteiausschlussverfahren ist bereits in Gang gesetzt. Zumal es nicht das erste Mal ist, dass der Mann auf unerträgliche Weise gegen die Feuerwehr hetzt. Im Februar dieses Jahres hatte er die Feuerwehrmänner in seiner Heimatstadt übel beleidigt. Anlass war ein Großbrand, zu dem die Chemnitzer Feuerwehr mit Blaulicht und Martinshorn ausrückte - und Herr Gaitzsch wurde dadurch aus seinem Schlaf gerissen.

Das nun laufende Parteiausschlussverfahren wird vom Chemnitzer FDP-Bundestagskandidaten Frank Müller-Rosentritt damit begründet, "dass die Ansichten von Christoph Gaitzsch nicht mit den Werten und der Ideologie der Partei zu vereinbaren sind." Denn: "Die Feuerwehren sind das Rückgrat der Gesellschaft."

Richtig so. Wir alle können einfach nur dankbar sein, dass es - auch in der Stadt und im Landkreis Coburg - so viele Menschen gibt, die sich ehrenamtlich engagieren. Die Feuerwehrfrauen und -männer nehmen da noch mal eine ganz besondere Rolle ein, denn sie setzen oft ihre eigene Gesundheit aufs Spiel, riskieren manchmal sogar ihr eigenes Leben. Deshalb schmerzt der Unfall, der sich am Montagabend ereignet hat, auch so besonders.

Gleichzeitig ist es nervig und höchst ärgerlich zugleich, sich nebenbei auch noch mit Gaffern und Hetzern beschäftigen zu müssen. Viel wichtiger wäre es, sich ganz auf die Aufarbeitung des Unfalls konzentrieren zu können. Damit ist jetzt aber gar nicht mal in erster Linie die Klärung der Unfallursache gemeint. Viel wichtiger erscheint es, dass sich die Feuerwehr von diesem "schweren Schlag", als den es Stadtbrandrat Ingolf Stökl bezeichnet hat, erholen kann. Vor allem, dass sich die Ehrenamtlichen dadurch nicht entmutigen lassen in ihrem wichtigen Tun.
Als schönes und wertvolles Zeichen ist es in diesem Zusammenhang zu werten, dass Dritter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD) namens der Stadt Coburg sehr schnell die Hand gereicht und erklärt hat: "Wir lassen niemanden mit seiner Trauer allein und bieten Hilfe und Beistand, wo immer sie nötig sind, an." Das macht Hoffnung, dass in dieser schweren Stunde alle noch enger zusammenrücken. Und es macht Hoffnung, dass unsere Feuerwehr auch künftig eine starke Truppe ist, die sich selbst von Gaffern und Hetzern nicht abbringen lässt.

P.S.: Die Facebook-Seite des gewissen Herrn Gaitzsch ist vorübergehend vom Netz genommen worden.