Das Museum der Deutschen Spielzeugindustrie gibt es seit 25 Jahren - aber es gab viel ältere Vorläufer davon.
Sie hat dicke blonde Haare, dicke Backen mit Grübchen drin und praktisch keinen Hals. Trotzdem steht sie dieses Wochenende im Rampenlicht. Der Grund: Sie ist ein Kind der 80er Jahre. Puppen wie sie gab es damals in allen Spielzeugläden, damals, als das Museum der Deutschen Spielzeugindustrie in Neustadt gegründet wurde, vor genau 25 Jahren.
"Naja, genau genommen ist das Museum viel älter", gesteht sein Leiter, Udo Leidner-Haber. Es habe schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen Vorläufer gegeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann ein Trachtenpuppenmuseum geschaffen. Genau hieß es "Völker- und Trachtenschau" oder auf gut Neustadterisch: Vötra. Aber in seiner heutigen Form besteht das Museum der Deutschen Spielzeugindustrie mit Trachtenpuppensammlung eben seit März 1988.
Für den Leiter ein echter Grund zum Feiern, denn er ist seit dem ersten Tag der "Herr der Puppen".
"Als wir angefangen haben, hatten wir 5000 Exponate, heute sind es rund 30 000, das Museum ist also gut gefüllt, kann man sagen", so Udo Leidner-Haber. Mehr als 24 000 der Ausstellungsstücke sind bereits digital erfasst, die restlichen werden nach und nach folgen. Der Zuwachs entstand überwiegend durch ganze Sammlungen, die dem Museum überlassen wurden.
Mal waren es Klapperaffen und Osterhasen aus Creidlitz, dann Puppen und Eisenbahnen, die ein Ehepaar zusammengetragen hatte oder Spielzeug, Eisenbahnen und Kinderbücher. Ein besonderes Glück hatte Leidner-Haber mit der Sammlung aus der Auflösung eines privaten Museums in Hamburg. "Das waren Puppen der 70er und 80er Jahre - genau diese Zeit fehlte uns damals weitgehend." Erst vor kurzem kam die "Sammlung Lechelt" dazu.
"Unsere lieben Puppenkinder" hieß eine Sonderausstellung, die bis vor einigen Tagen aus Objekten dieser Sammlung zusammengestellt im Museum zu sehen war.
Exponate aus Gründertagen Dass sie jetzt abgebaut wurde hängt mit dem Jubiläum zusammen. "Wir wollten zur Feier des Jubiläums einfach eine Ausstellung haben, die zur Zeit der Gründung des heutigen Museums passt", erklärt der Museumsleiter. Wenn am Sonntag von 10 bis 17 Uhr die Besucher zur Jubiläumsfeier kommen, dann können sie zwischen Puppen aus den 80er Jahren Kaffee trinken und dabei die Ausstellung mit Playmobilstücken, Plüschtieren und Puppen aus den Gründerjahren des Museums betrachten - bei freiem Eintritt, versteht sich.
Es ist schließlich eine Geburtstagsfeier.
Weil ein Museum heute nicht mehr nur ein Ort ist, an dem man in aller Stille der Vergangenheit nachhängt, sondern dort auch Leben sein darf, baut das Team der Deutschen Spielzeugstraße für Sonntag einen Spielparcours für Kinder auf. Außerdem steht eine Menge interessanter und unterhaltsamer Spiele aus verschiedenen Jahrzehnten bereit, um ausprobiert zu werden.
Als Anfang der 90er das Internationale Puppenfestival in Neustadt ins Leben gerufen wurde, begann die Reihe der themenorientierten Sonderausstellungen, die jeweils zu diesem Anlass gezeigt wurden. Da hatten sich die Gemüter schon wieder beruhigt, die Udo Leidner-Haber gleich zu Beginn seiner Arbeit ein wenig erhitzt hatte.
"Als wir 1989 die erste Künstlerpuppenausstellung hatten, war sie äußerst umstritten." Es war der Wechsel von Ausstellungen mit Spielpuppen aus der industriellen Fertigung, wie sie die Vergangenheit Neustadts als Puppenstadt geprägt hatten, hin zu Künstlerpuppen aus individueller Fertigung.
Heute sind es gerade diese Einzelstücke aus Künstlerhand, die dem Puppenfestival seine besondere internationale Bedeutung geben. Die weltweite Puppenkünstlergemeinde blickt immer gespannt nach Neustadt, wenn dort der Max-Oscar-Arnold-Preis verliehen wird. In diesem Jahr wird das Festival übrigens vom 5. bis zum 12. Mai stattfinden.
Die Trachtenpuppen aus der "Vötra-Aera" gibt es natürlich immer noch im Museum. Was damals als Marketingidee geschaffen wurde, um auf die Puppenhersteller in der Region aufmerksam zu machen, ist heute ein einmaliges historisches Dokument.
Die Sammlung wuchs nämlich über Jahrzehnte, indem Puppenrohlinge in alle Welt verschickt wurden. Die Neustadter Sammler ließen diese Rohlinge dann vor Ort in die jeweilige Tracht einkleiden und nach Neustadt zurückschicken.
Oldie-Party Aber jetzt wird erst einmal gefeiert. Dazu gehört auch Musik und Tanz. Am Samstag, 6. April, steigt daher eine Oldie-Party im Museum. Motto: "Tanz bis in die Puppen". Die "Silhouettes" spielen zwischen Puppen und Bären Songs der 60er, 70er und 80er.
Wer dabei mit Party-Wissen glänzen möchte, sollte sich merken, woher der Ausdruck "bis in die Puppen" kommt. Das Röhrich "Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten" führt den Ausdruck auf die Statuen der antiken Mythologie zurück, die im Berliner "Thiergarten" des 18. Jahrhunderts standen.
Die Berliner nannten sie Puppen.
Wenn sie am Sonntag einen weiten Spaziergang machten, führte der "bis in die Puppen". Irgendwann wurde die Redensart nicht mehr nur räumlich, sondern auch zeitlich verwendet.
Karten für die Oldie-Party gibt es schon - ausschließlich im Museum.