Mordprozess Beiersdorf: Riesiges Puzzle zusammengefügt

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Das Medieninteresse an dem Mordfall Wolfgang R. war durchweg groß. Am Mittwoch fiel das Urteil am Landgericht Coburg. Foto: Ronald Rinklef
Das Medieninteresse an dem Mordfall Wolfgang R. war durchweg groß. Am Mittwoch fiel das Urteil am Landgericht Coburg. Foto: Ronald Rinklef

Für die 3. Kammer am Landgericht stellt sich der Fall klar da: Wolfgang R. musste sterben, weil sowohl die vier Angeklagten Geld brauchten.

Ob der Prozess um den brutalen Tod von Wolfgang R. mit dem Urteilsspruch am Mittwoch zu Ende ist, wird sich zeigen: Verteidigung und Nebenklage gehen in Revision. Für die Rechtsanwälte der vier Angeklagten fiel das Urteil zu hoch aus, für die Nebenklage kamen Helmut und Maria S. mit zwölf Jahren Freiheitsentzug zu gut weg. Elke Zipperer, die die Tochter des Opfers vertritt, sieht in Helmut S. den eigentlichen Mörder, der nach den beiden Hauptangeklagten noch am Tatort gewesen und Wolfgang R. den Todestritt versetzt haben soll.


Keine objektiven Beweise

Ulrike Barausch, die Vorsitzende Richterin am Landgericht machte jedoch in ihrer Urteilsbegründung deutlich, dass es keine objektiven Beweise für diese Version der Tat gebe. Selbst der Einsatz der Suchhunde, die eine Spur von Helmut S. verfolgt hatten, gebe keinen Aufschluss über das, was tatsächlich passiert sei.
Von "reiner Spekulation" habe auch der Sachverständige gesprochen. Die Anwesenheit könne für die Tatnacht nicht belegt werden. Auch DNA-Spuren von Wolfgang R. an einer Sandale von Helmut S. seien kein Beweis für eine potenzielle Spur. Barausch sagte zwar, dass es Helmut möglich gewesen wäre , sich nach der Tat noch im Haus aufzuhalten, aber es gebe keine objektiven Belege dafür.


Auftragsmord oder ohne Absicht?

Für die Vorsitzende Richterin habe sich nach 19 Verhandlungstagen und den Akteneinsichten aus dem vorausgegangenen Prozess das "riesige Puzzle" zusammen gefügt. Die zentrale Frage lautete: War es ein Auftragsmord, um an das Vermächtnis von Wolfgang R. zu kommen und das Bordell auf Dauer zu übernehmen, oder sollte Wolfgang R. lediglich eine Abreibung bekommen, damit Maria S. das Bordell vorrübergehend betreiben konnte, und er starb unabsichtlich?
Für die Kammer steht fest, dass Wolfgang R. sterben musste, weil Helmut und Maria S. vorübergehend das Bordell im Kanonenweg übernehmen wollten, um das Überlegen der Kneipe "Clou" zu sichern. Wolfgang R. hatte vertraglich geregelt, dass Maria S. die Geschäfte führen darf, wenn er gesundheitlich dazu mal nicht in der Lage ist. Außerdem hatten auch Peter G. und Paul K. finanzielle Probleme, die sie durch die Tageseinnahmen aus dem Bordell, die sie beim Überfall mitgehen lassen sollten, lindern konnten.
Aus Habgier und Geldnot, in ihrer Rockerehre gekränkt (Helmut S.: "Wenn Ihr keine Eier in der Hose habt, sag ich es eben den Hells Angles) nahmen Peter G. und Paul K. schließlich den Auftrag von Helmut S. an, Wolfgang R. eine Abreibung zu verpassen. Ihm sollten Arme und Beine gebrochen werden, damit er außer Gefecht gesetzt ist. Getarnt als Raubüberfall sollte die Tat von Helmut und Maria S. ablenken.
Alle vier Angeklagten seien sich einig gewesen. Und alle vier hätten den Tod von Wolfgang R. billigend in Kauf genommen. Denn man musste damit rechnen, dass ein 66-jähriger, gesundheitlich angeschlagener Mann, diesen Überfall mit Tritten und Faustschlägen gegen den Kopf, den Hals und die Brust nicht überlebt. Seine Wehrlosigkeit wurde bewusst ausgenutzt, so Barausch in ihrer Urteilsbegründung.


Gewinnsucht als Motiv

Das Tat beherrschende Motiv sei Gewinnsucht.
Maria S. wurde als Mittäterin eingestuft, da sie die Haustürschlüssel an Paul K. und Peter G. aushändigte und Wolfgang R. mit einem Anruf in der Tatnacht dazu bringen wollte, ein starkes Erkältungsmittel zu nehmen.
Helmut S. sei als Anstifter zu bestrafen, da er den Entschluss zur Tat bei Peter G. und Paul K. erst geweckt habe.
Alle vier Angeklagten seien voll schuldfähig. Sie wären weder von Alkohol noch Drogen in ihrem Handeln beeinträchtigt gewesen. Und auch, wenn mehrere Mordmerkmale (Habgier, Heimtücke) erfüllt wären, reiche das nicht aus, um von einer besonderen Schwere der Schuld zu sprechen. Deshalb lautete die Strafe für die Hauptangeklagten auf lebenslänglich. Das bedeutet, sie können auch schon früher aus der Haft entlassen werden.