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Mehr Züge - mehr Staus in Coburg?


Autor: Simone Bastian

Coburg, Dienstag, 05. November 2019

Mehr Züge ab Dezember 2023 dürften zumindest im Coburger Norden auch längere Schließzeiten an den Bahnübergängen bedeuten, sagt Gerd Weibelzahl vom VCD.
Bahnübergang Rodacher Straße: Wenn ab 2023 auch Regionalexpresszüge nach Erfurt hier fahren, könnte das die Schließzeiten verlängern, sagt der VCD. Foto: Rainer Lutz


Anhand der Schienenwege sei die innerdeutsche Grenze noch sichtbar, sagt Gerd Weibelzahl. Der Sprecher des Kreisverbands Coburg im Verkehrsclub Deutschland (VCD), zieht eine gemischte Bilanz in Sachen Verkehr und Wiedervereinigung. Während die Straßenverbindungen nach 1989 sehr schnell wiederhergestellt wurden, seien auf der Schiene lediglich die Lücken zwischen Neustadt und Sonneberg sowie (in Unterfranken) zwischen Mellrichstadt und Rentwertshausen wieder geschlossen worden.

Zum Ländergrenzen übergreifenden Busverkehr der vergangenen knapp 30 Jahre sagt Weibelzahl: "Verbesserungen werden mit Verschlechterungen kompensiert." So gebe es zwar inzwischen ein gemeinsames Stadtbusangebot von Neustadt und Sonneberg, dafür ende die frühere Linie nach Eisfeld nun in Rottenbach, also noch im Landkreis Coburg.

Grund genug für den VCD, hier Verbesserungen zu fordern - bis hin zu einem grenzüberschreitenden Verkehrsverbund "Main-Werra", dem die südthüringischen Landkreise Schmalkalden-Meiningen, Suhl, Hildburghausen und Sonneberg angehören sollten; auf bayerischer Seite sollten Stadt und Landkreis Coburg, Kronach und Lichtenfels dabei sein. Dass Stadt und Landkreis derzeit den Beitritt zum Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) prüfen, sei kein Hindernis, sagt Weibelzahl. Ein Beitritt Südthüringens zum VGN sei indes keine Lösung - der Verbund würde sonst zu groß.

Ziel eines Verkehrsverbunds Main-Werra: Ländergrenzen übergreifende Fahrten billiger machen und die Angebote besser aufeinander abstimmen. Weibelzahl denkt zum Beispiel an regelmäßige Buslinien zwischen Schalkau und Coburg, zwischen Veilsdorf (Thüringen) über Bad Rodach (Bayern) nach Bad Colberg (Thüringen), stündlich abwechselnd mit einer Linie Hildburgausen-Bad Rodach-Heldburg. Eine stündliche Linie sollte von Coburg über Weitramsdorf nach Heldburg führen. Abwechselnd mit der Buslinie nach Seßlach käme auf der Strecke bis Weitramsdorf ein Halbstundentakt zustande. Auch die Buslinie von Hildburghausen nach Heldburg und Einöd könnte bis Seßlach verlängert werden.

Während ein solches Busnetz derzeit nur als Forderungskatalog des VCD existiert, sind in Sachen Bahnverkehr schon einige Weichen gestellt. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat das Netz Franken-Südthüringen neu ausgeschrieben; dabei geht es um die elektrifizierten Strecken. Das Dieselnetz Oberfranken soll im Januar ausgeschrieben werden, nun unter dem Namen "Regionalverkehr Oberfranken". Die elektrifizierten Strecken befährt derzeit die DB Regio, mit Dieseltriebzügen ist in Oberfranken die Agilis unterwegs; beide Verträge laufen bis Dezember 2023.

Weibelzahl will erfahren haben, dass beim Regionalverkehr Oberfranken auch eine Express-Strecke Coburg-Bayreuth ausgeschrieben wird. Dieser Zug soll Weibelzahl zufolge in Coburg Anschluss an den Regionalexpress nach Erfurt haben, den Bahnunternehmen als "Eventualposition" im Franken-Thüringen-Netz anbieten können.

Der VCD-Sprecher weiß, dass der Regionalexpress, der auf der Neubaustrecke in 32 Minuten von Coburg nach Erfurt fahren soll, kritisch gesehen wird. Denn, so die Befürchtung: Wenn erst einmal ein Regionalexpress die Strecke Nürnberg-Erfurtüber Coburg bedient, koppelt die DB Fernverkehr Coburg vom ICE-Netz ab. Fünf Zugpaare pro Tag hat die BEG für die Strecke Nürnberg-Erfurt vorgesehen, und die sollen in den Zeiten fahren, in denen kein ICE in Coburg hält.

Sprinter ist der Konkurrent

Auch Weibelzahl will, dass die Zahl der ICE nach Coburg steigt: "Bei einem Halbstundentakt zwischen Nürnberg und Erfurt sind acht Halte in jeder Richtung in Coburg drin", sagt er. Konkurrenz für Coburg sei in diesem Fall der ICE-Sprinter. Das Taktmodell sähe laut Weibelzahl so aus: Stündlich fährt ein ICE mit Halt in Bamberg und Erlangen, alle zwei Stunden ein Sprinter, der zwischen Erfurt und Nürnberg nicht hält, und dazu versetzt alle zwei Stunden ein ICE, der Coburg anfährt, aber dafür nicht Bamberg und Erlangen.

Weibelzahls Problem: "Wir sehen kein Bemühen bei der DB AG, ein integriertes Konzept vorzulegen." Hinzu komme, dass allein mit den Zügen, die die BEG ab 2023 plant, die eingleisige Strecke von Coburg in Richtung Norden schon gut ausgelastet ist. Mehr noch: Weil die Züge wegen der Umsteigemöglichkeiten zur gleichen Zeit nach Coburg und wieder weg fahren, "kann es passieren, dass in Dörfles-Esbach zehn Minuten lang die Schranken geschlossen bleiben", sagt Weibelzahl. Zuerst käme der Regionalexpress von Erfurt, gefolgt vom Zug aus Sonneberg. Dann das gleiche rückwärts: Erst fährt der Zug nach Erfurt Richtung Norden, dann der nach Sonneberg. Weibelzahl will wissen, dass die Züge derart kurz nacheinander kommen, dass Reisende von Sonneberg nach Erfurt in Coburg-Nord umsteigen müssen.

"Wir bräuchten Zweigleisigkeit mindestens bis Dörfles-Esbach", fordert Weibelzahl deshalb. Denn weil in Coburg die Ausweichmöglichkeiten fehlen, müsse der Regionalexpress in Erfurt stets pünktlich abfahren und könne keinen verspäteten ICE abwarten - und das sei ein weiterer Grund, den Regionalexpress nach Erfurt kritisch zu sehen.